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Reisen mit der Zeitmaschine - marina.ch - das nautische Magazin ...

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Seaside _Indonesien<br />

<strong>Reisen</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeitmas<strong>ch</strong>ine</strong><br />

In Indonesien, zwis<strong>ch</strong>en Halmahera in den Nordmolukken und dem Nordwesten von<br />

Papua, liegt ein wenig bekanntes Revier voller Inseln, von denen wenige bewohnt,<br />

viele ges<strong>ch</strong>ützt und – fast – alle tropis<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>ön verzaubern.<br />

Daniel B. Peterlunger<br />

Wie aus einem Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsbu<strong>ch</strong> befreit, s<strong>ch</strong>webt die<br />

«Katharina» auf dem Wasser: Ein Zweimaster aus<br />

Holz, stolze 33 weisse Meter S<strong>ch</strong>iff. Braune Segel,<br />

ein riesiger Bugspriet, <strong>der</strong> zum Himmel zeigt, und<br />

über <strong>der</strong> Reling vierzehn la<strong>ch</strong>ende Köpfe – die indonesi<br />

s<strong>ch</strong>e Crew.<br />

In Ternate, Hauptort <strong>der</strong> Nordmolukken, gehen wir<br />

an Bord, um uns wie einst <strong>der</strong> britis<strong>ch</strong>e Natur fors<strong>ch</strong>er<br />

und Entdecker Alfred Russel Wallace dem Äquator<br />

entlang zu hangeln. Er war vor mehr als hun<strong>der</strong>t<br />

Jahren unterwegs gewesen, hatte gefors<strong>ch</strong>t und eine<br />

Evolutionstheorie <strong>der</strong> natürli<strong>ch</strong>en Selektion entwickelt.<br />

Als Charles Darwin, <strong>mit</strong> dem Wallace korrespondierte,<br />

1858 davon erfuhr, publizierte er seine<br />

eigene Theorie <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong> Arten, die er s<strong>ch</strong>on<br />

vor längerer Zeit formuliert, aber in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>ublade<br />

gehütet hatte. Darwin wurde weltberühmt. Na<strong>ch</strong><br />

Wallace hingegen ist eine unsi<strong>ch</strong>tbare Linie benannt,<br />

<strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013<br />

73


Seaside _Indonesien<br />

die den indonesis<strong>ch</strong>en Ar<strong>ch</strong>ipel markant teilt und<br />

<strong>mit</strong>ten im Meer zwis<strong>ch</strong>en Bali und Lombok verläuft.<br />

Westli<strong>ch</strong> <strong>der</strong> Wallace­Linie findet si<strong>ch</strong> orientalis<strong>ch</strong>e<br />

Flora und Fauna, östli<strong>ch</strong> davon austral­asiatis<strong>ch</strong>e.<br />

Hier in Ternate befinden wir uns bereits tief im östli<strong>ch</strong>en<br />

Gebiet. Touristen verirren si<strong>ch</strong> keine hierhin,<br />

ni<strong>ch</strong>t weil es kulturell o<strong>der</strong> lands<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> unattraktiv<br />

wäre – im Gegenteil. Son<strong>der</strong>n weil si<strong>ch</strong> diese<br />

Region, wie so viele Gebiete innerhalb des riesigen<br />

indonesis<strong>ch</strong>en Ar<strong>ch</strong>ipels, nur <strong>mit</strong> dem «eigenen»<br />

S<strong>ch</strong>iff erkunden lassen.<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>tsträ<strong>ch</strong>tige Bu<strong>ch</strong>ten<br />

Lange vor uns waren, nebst Wallace, weitere Auslän<strong>der</strong><br />

da gewesen: Gewürzhändler aus China. Später<br />

verlief hier eine Konfliktlinie <strong>der</strong> Seegrossmä<strong>ch</strong>te Portugal<br />

und Spanien, die im 16. Jahrhun<strong>der</strong>t um Pfründe<br />

und Vorherrs<strong>ch</strong>aft kämpften. Und Spuren hinterliessen:<br />

In Ternate steht <strong>das</strong> Fort <strong>der</strong> Portugiesen<br />

und gegenüber, auf <strong>der</strong> Insel Tidore in Si<strong>ch</strong>t­ und<br />

Kanonens<strong>ch</strong>ussweite, jenes <strong>der</strong> Spanier – nur eine<br />

Seemeile Wasser trennt sie. Später kamen die Hollän<strong>der</strong><br />

als Kolonisatoren und Erfin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Monokultur,<br />

jener unsägli<strong>ch</strong>en Methode landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Anbaus, die sie in Indonesien erstmals anwendeten.<br />

Die Molukken waren ihre wertvollste Gewürzs<strong>ch</strong>atulle.<br />

No<strong>ch</strong> heute sind sie die Gewürzinseln. In Ternate<br />

werden, wie seit Jahrhun<strong>der</strong>ten, tonnenweise Muskatnüsse,<br />

Gewürznelken, Sago, Kopra und Kakao<br />

umges<strong>ch</strong>lagen. In den alten Handelskontoren sind<br />

halboffene S<strong>ch</strong>ubladen voller Geld si<strong>ch</strong>tbar, <strong>das</strong> Ges<strong>ch</strong>äft<br />

läuft gut.<br />

Mit dem Geru<strong>ch</strong> fris<strong>ch</strong>er Muskatnüsse in <strong>der</strong> Nase<br />

s<strong>ch</strong>ippern wir nordwärts, folgen <strong>der</strong> aktiven Vulkankette<br />

<strong>der</strong> langen Hauptinsel Halmahera steuerbords<br />

und ankern in <strong>der</strong> Bu<strong>ch</strong>t bei Jailolo. An<strong>der</strong>s als im<br />

mehrheitli<strong>ch</strong> muslimis<strong>ch</strong>en Indonesien, haben hier<br />

Christen die Mehrheit. Was sie vor ni<strong>ch</strong>t allzu langer<br />

Zeit und aus komplexen Gründen zu Angriffen auf<br />

Muslime nutzten: Neben putzig­farbigen Häus<strong>ch</strong>en<br />

<strong>mit</strong> blumenrei<strong>ch</strong>en Vorgärten stehen hier und dort<br />

abgefackelte Häuser. Am Strand, vor einem einfa<strong>ch</strong>en,<br />

zitronengelben Gebäude, zeigen drei flatternde<br />

Fahnen: Der 89­jährige Sultan von Jailolo, <strong>der</strong> hier<br />

wohnt, ist zu Hause. Wir wollen ihn besu<strong>ch</strong>en. Do<strong>ch</strong><br />

er ist ni<strong>ch</strong>t da. Er sei <strong>mit</strong> seinen drei Frauen na<strong>ch</strong><br />

Ternate gereist, erklären seine Helfer, die uns freundli<strong>ch</strong><br />

empfangen, uns vor dem prä<strong>ch</strong>tigen, aber leeren<br />

Sultansstuhl Tee servieren und die rustikale Sänfte<br />

zeigen, <strong>mit</strong> <strong>der</strong> sie den Sultan jeweils am Freitag in<br />

die Mos<strong>ch</strong>ee tragen.<br />

«Sail Morotai 2012»<br />

Wir pflügen dur<strong>ch</strong> die tintenblaue See. Fliegende<br />

Fis<strong>ch</strong>e flü<strong>ch</strong>ten fä<strong>ch</strong>erförmig. Delfine s<strong>ch</strong>wimmen<br />

<strong>mit</strong>. Der Norden von Halmahera ist dünn besiedelt:<br />

Bei kleinen Dörfern ankern wir, besu<strong>ch</strong>en sie und<br />

kaufen Fis<strong>ch</strong>ern fris<strong>ch</strong>e Fis<strong>ch</strong>e ab. Bei <strong>der</strong> Insel Doi<br />

ist plötzli<strong>ch</strong> Musik in <strong>der</strong> Luft: Eine Fähre s<strong>ch</strong>aukelt<br />

vorbei. Sie stellt die einzige Verbindung zu Ternate<br />

im Süden her. Bei medizinis<strong>ch</strong>en Notfällen steht sogar<br />

ein Ambulanz­Boot zur Verfügung. Der Dorf<strong>ch</strong>ef<br />

plant gerade eine Bea<strong>ch</strong>party <strong>mit</strong> seiner 21­köpfigen<br />

Grossfamilie, wir sind eingeladen. Do<strong>ch</strong> zuerst<br />

gehen wir unter einem kühlen Wasserfall baden. Die<br />

Dorfjugend weist den Weg. Einige Jugendli<strong>ch</strong>e besitzen<br />

Mobiltelefone, obwohl es hier kein Netz gibt.<br />

Wozu also ein Handy? Um gespei<strong>ch</strong>erte Musik zu<br />

hören und Fotos zu knipsen, erklären sie und bitten<br />

höfli<strong>ch</strong>, uns fotografieren zu dürfen. Die Teenager<br />

kennen Weisse bislang nur vom Fernsehen, einzig<br />

ältere Mens<strong>ch</strong>en auf <strong>der</strong> Insel trafen Missionare aus<br />

dem Westen. Mister Wallaces Besu<strong>ch</strong> liegt mehr als<br />

ein Jahrhun<strong>der</strong>t zurück.<br />

Am östli<strong>ch</strong>en Horizont tau<strong>ch</strong>t eine fla<strong>ch</strong>e Insel auf:<br />

Morotai, nördli<strong>ch</strong>stes Eiland <strong>der</strong> Molukken. Sie müsse<br />

bekannter werden, fand ein findiger Kopf, und plante,<br />

sie <strong>mit</strong> dem Slogan «Sail Morotai 2012» und australis<strong>ch</strong>en<br />

Seglern im Visier auf die segeltouristis<strong>ch</strong>e Seekarte<br />

zu rücken. Do<strong>ch</strong> wie oft in Indonesien verhin<strong>der</strong>ten<br />

Kompetenzgerangel und <strong>das</strong> resultierende<br />

Bewilligungs<strong>ch</strong>aos den Erfolg. Die abgelegene Insel<br />

besitzt zwar jetzt ein Medienhaus (ges<strong>ch</strong>lossen) und<br />

ein Tourismusbüro (offen), in dem sage und s<strong>ch</strong>reibe<br />

76 Angestellte arbeiten: Sie registrierten in den letzten<br />

zwölf Monaten 25 Besu<strong>ch</strong>er. Rührend kümmert<br />

man si<strong>ch</strong> um uns, zeigt uns verrostete US­Panzer im<br />

Ds<strong>ch</strong>ungel – vom Kampf <strong>der</strong> Alliierten gegen Japan<br />

im 2. Weltkrieg – do<strong>ch</strong> die hilfsbereiten «Touristiker»<br />

s<strong>ch</strong>eitern zu Dritt, als sie versu<strong>ch</strong>en, den Ort, in dem<br />

wir uns befinden, auf <strong>der</strong> Landkarte zu zeigen. Wir<br />

verlassen diesen Hort <strong>der</strong> Kompetenz <strong>mit</strong> den freundli<strong>ch</strong>en<br />

Mens<strong>ch</strong>en und dem farbigen Markt und setzen<br />

über zur vorgelagerten Insel Kokoyo: Kokospalmen<br />

über grünen Pflanzen, rundherum pu<strong>der</strong>s<strong>ch</strong>neeweisser<br />

Strand, <strong>der</strong> in eine Sinfonie aus Blautönen<br />

übergeht – traumhaft. «Wenn i<strong>ch</strong> <strong>das</strong> klare Wasser<br />

sehe, wird au<strong>ch</strong> mein Geist klar und ruhig», sagt unser<br />

Kapitän Yasnen. Ni<strong>ch</strong>t ganz zu Unre<strong>ch</strong>t nennt si<strong>ch</strong><br />

Morotai «Die Perle am Rande des Pazifiks». Au<strong>ch</strong><br />

Wallace war da gewesen, s<strong>ch</strong>rieb Revolutionäres zu<br />

Sozialfragen, zu Vegetarismus, und er s<strong>ch</strong>miedete erstaunli<strong>ch</strong>e<br />

Reisepläne: In die S<strong>ch</strong>weiz wollte er. Wir<br />

fahren weiter, denn ein Fis<strong>ch</strong>er bedeckt seine in <strong>der</strong><br />

Sonne trocknenden Fis<strong>ch</strong>e. Kommt Regen? Bald<br />

fris<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> Wind auf, warmer Regen wäs<strong>ch</strong>t Katharina,<br />

befreit sie vom Salz. Erfris<strong>ch</strong>t ankern wir vor<br />

Lolobota.<br />

Später mars<strong>ch</strong>ieren wir in den bergigen Ds<strong>ch</strong>ungel,<br />

auf <strong>der</strong> Su<strong>ch</strong>e na<strong>ch</strong> jenen Vögeln, die Wallace bes<strong>ch</strong>rieben<br />

hatte. 36 Grad Celsius, knapp 100 Prozent<br />

Luftfeu<strong>ch</strong>tigkeit – es ist eine intensive A<strong>ch</strong>t­ Stunden­<br />

Tour, die Hälfte davon dur<strong>ch</strong> den stellenweise hüfthohen,<br />

erfris<strong>ch</strong>enden Fluss Ari. Selten war uns Flusswasser<br />

so willkommen!<br />

74 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013 75<br />

TERNATE<br />

DOI<br />

MOROTAI<br />

LOLOBOTA<br />

HALMAHERA<br />

« »<br />

BULI BAY<br />

HALMAHERA SEA<br />

_Der Rei<strong>ch</strong>tum <strong>der</strong> Nordmolukken:<br />

Muskatnüsse, Gewürznelken, Frü<strong>ch</strong>te<br />

und Fis<strong>ch</strong>e.<br />

Teenager kennen Weisse nur vom<br />

Fernsehen, einzig ältere Mens<strong>ch</strong>en trafen<br />

Missionare aus dem Westen.<br />

WAYAG<br />

WAYGEO<br />

GAM<br />

PACIFIC OCEAN<br />

SORONG<br />

PAPUA


Seaside _Indonesien<br />

_Je weiter östli<strong>ch</strong>, desto deutli<strong>ch</strong>er<br />

ist in den Gesi<strong>ch</strong>tszügen <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong>en<br />

<strong>der</strong> austral­asiats<strong>ch</strong>e Einfluss si<strong>ch</strong>tbar.<br />

Weiter, Kurs Süd. Der Landfall in <strong>der</strong> Buli Bay wird<br />

abgeblasen, zu stark ist die Brandung, ents<strong>ch</strong>eidet<br />

Kapitän Yasnen. 60­jährig ist er, stammt aus dem<br />

Riau­Ar<strong>ch</strong>ipel zwis<strong>ch</strong>en Singapur und Sumatra und<br />

fuhr zuvor dreissig Jahre lang Fähren und Fra<strong>ch</strong>ter:<br />

«I<strong>ch</strong> liebe die Katharina, denn <strong>mit</strong> unseren 6 bis 8<br />

Knoten sind wir s<strong>ch</strong>neller als die an<strong>der</strong>en Pinisi, die<br />

Fra<strong>ch</strong>t beför<strong>der</strong>n.» Pinisi, <strong>das</strong> indonesis<strong>ch</strong>e Wort<br />

stammt von <strong>der</strong> Pinasse ab, einer alten Bezei<strong>ch</strong>nung<br />

des Beibootes eines Kriegss<strong>ch</strong>iffes. Der Ausdruck<br />

wurde ab dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t au<strong>ch</strong> für die grossen<br />

S<strong>ch</strong>iffe <strong>der</strong> holländis<strong>ch</strong>en Kolo nialherren verwendet.<br />

Für Indonesier eine treffende Bezei<strong>ch</strong>nung im<br />

ursprüngli<strong>ch</strong>en Wortsinn, die den kriegeris<strong>ch</strong>en<br />

Charakter <strong>der</strong> damals ni<strong>ch</strong>t willkommenen Besatzer<br />

enthüllte. Unsere Pinisi Katharina ist ein bequemes<br />

S<strong>ch</strong>iff <strong>mit</strong> klimatisierten Kabinen, einem hervorragenden<br />

Ko<strong>ch</strong> und kompetenter Crew. An<strong>der</strong>s als bei<br />

heutigen Fra<strong>ch</strong>tseglern, die den Besanmast zu Gunsten<br />

eines riesigen Steuerhauses opfern, um zusätzli<strong>ch</strong>en<br />

Fra<strong>ch</strong>traum zu gewinnen, besitzt unser S<strong>ch</strong>iff<br />

zwei Masten – die Katharina ist eine S<strong>ch</strong>önheit, die<br />

den Mens<strong>ch</strong>en in den Dörfern ein Lä<strong>ch</strong>eln aufs Gesi<strong>ch</strong>t<br />

zaubert, wenn wir vor Anker liegen. Mit diesem<br />

authentis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>iff ist man überall willkommen.<br />

Au<strong>ch</strong> auf kleinen Inseln, auf denen man si<strong>ch</strong> in<br />

<strong>der</strong> Steinzeit glaubt: In niedrigen, geflo<strong>ch</strong>tenen Hütten<br />

<strong>mit</strong> Teppi<strong>ch</strong>en aus liebevoll hin gestreutem,<br />

s<strong>ch</strong>neeweissem Sand leben Mens<strong>ch</strong>en, die auf ihren<br />

Feuerstellen Seegurken und Fis<strong>ch</strong>e trocknen. Ein paar<br />

Wo<strong>ch</strong>en, man<strong>ch</strong>mal Monate, leben sie jeweils auf<br />

einer Insel bevor sie <strong>mit</strong> kleinen Booten zur nä<strong>ch</strong>sten<br />

übersetzen. Au<strong>ch</strong> wir fahren weiter: Wind und<br />

Regen auf die Nase, die 2­Meter­Wellen bremsen<br />

uns, wollen verhin<strong>der</strong>n, <strong>das</strong>s wir unser Ziel bei Tagesli<strong>ch</strong>t<br />

errei<strong>ch</strong>en. Und was für ein Ziel: Langsam<br />

tau<strong>ch</strong>en s<strong>ch</strong>emenhaft kegelförmige Inselketten auf,<br />

eine völlig an<strong>der</strong>e Welt!<br />

Das türkisfarbige Paradies<br />

Raja Ampat, <strong>das</strong> aus rund 3000 Eilanden besteht,<br />

ist ein riesiges maritimes S<strong>ch</strong>utzgebiet. Eine feine<br />

Sa<strong>ch</strong>e, denn auf abgelegenen Inseln wird immer wie<strong>der</strong><br />

illegal Holz ges<strong>ch</strong>lagen und dumme Fis<strong>ch</strong>er<br />

fis<strong>ch</strong>en <strong>mit</strong> Dyna<strong>mit</strong> – beim S<strong>ch</strong>nor<strong>ch</strong>eln finden wir<br />

man<strong>ch</strong>mal zerborstene Riffe.<br />

Hier, an <strong>der</strong> Mooring <strong>der</strong> Insel Wayag, sind die Riffe<br />

so, wie sie immer aussehen, wenn <strong>der</strong> Mens<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong><br />

angemessen verhält: umwerfend! Die Formen, die<br />

Farbpalette, von <strong>der</strong> ein Maler nur träumen kann,<br />

und die vielen Fis<strong>ch</strong>e! Das Meer ist flüssiger, glasklarer<br />

Smaragd, dur<strong>ch</strong> den wir s<strong>ch</strong>nor<strong>ch</strong>elnd und<br />

staunend s<strong>ch</strong>wimmen. Weisse Strände, Papageien,<br />

dann ein steiler Aufstieg zu einem 70 Meter hohen<br />

Kegelberg. Darunter breitet si<strong>ch</strong> eine harmonis<strong>ch</strong>e<br />

Kette unberührter Bu<strong>ch</strong>ten und weiterer anmutiger<br />

Kegelberge aus, umgeben von intakten Riffen, über<br />

denen <strong>das</strong> Wasser beraus<strong>ch</strong>end in Blaugrüntürkis<br />

s<strong>ch</strong>immert. Die Welt ist s<strong>ch</strong>ön.<br />

Eine weitere Tagesetappe entfernt gewinnt eine<br />

beson<strong>der</strong>e Zu<strong>ch</strong>tfarm Preziosen aus dem Meer:<br />

Perlen. Die Zu<strong>ch</strong>t ist ein heikles Unterfangen, <strong>das</strong> viel<br />

_Holz und Wasser, zwei Elemente,<br />

die fast jeden Lebensaspekt <strong>der</strong> Insulaner<br />

prägen – von <strong>der</strong> Landwirts<strong>ch</strong>aft bis zum<br />

Bootsbau.<br />

76 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013 77


Seaside _Indonesien<br />

_Kapitän Yasnen und seine Crew<br />

steuern von Hand – immer!<br />

78 <strong>marina</strong>.<strong>ch</strong>_März_2013<br />

Knowhow und gutes Wasser voraussetzt. Die Meeresqualität<br />

wird hier ständig überwa<strong>ch</strong>t. Remi Anfosso,<br />

ein vom australis<strong>ch</strong>en Unternehmen angestellter<br />

Meeresbiologe aus Neukaledonien, sagt: «Sie hat<br />

si<strong>ch</strong> in den letzten vier Jahren ni<strong>ch</strong>t verän<strong>der</strong>t.» Ein<br />

Li<strong>ch</strong>tblick. 157 Mens<strong>ch</strong>en arbeiten hier, einige stammen<br />

aus Dörfern auf Na<strong>ch</strong>barinseln, die wir besu<strong>ch</strong>en.<br />

Hier sehen die Mens<strong>ch</strong>en deutli<strong>ch</strong> an<strong>der</strong>s aus,<br />

<strong>der</strong> austral­asiatis<strong>ch</strong>e Einfluss ist unverkennbar. Die<br />

Landmassen Australiens, Papuas und au<strong>ch</strong> Neuseelands<br />

waren vor sehr langer Zeit verbunden.<br />

In einem <strong>der</strong> Dörfer soll au<strong>ch</strong> ein sagenhafter Vogel<br />

regelmässig gesi<strong>ch</strong>tet werden. Wir segeln hin. Und<br />

tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>: Wie bestellt landet er auf einem hohen<br />

Baum im hügeligen Wald <strong>der</strong> Insel Waigeo. Goldgelbe<br />

S<strong>ch</strong>ultern, braun und rot leu<strong>ch</strong>tenden S<strong>ch</strong>wanzfe<strong>der</strong>n<br />

– er ist es, <strong>der</strong> Paradiesvogel.<br />

Unten im Dorf kräht ein Hahn, <strong>der</strong> uns wie<strong>der</strong> <strong>mit</strong><br />

unserer Pinisi Katharina in Verbindung bringt. Denn<br />

auf vielen fra<strong>ch</strong>tführenden Pinisi ist ein Hahn an Bord,<br />

obwohl <strong>der</strong> bekanntli<strong>ch</strong> keine Eier legt. Weshalb? Mit<br />

einem Lä<strong>ch</strong>eln, in dem viellei<strong>ch</strong>t die Weisheit Asiens<br />

liegt, erklärt ein Pinisi­Kapitän: «Wegen <strong>der</strong> Haie».<br />

Strömungen und Riffe ma<strong>ch</strong>en weite Teile Indonesiens<br />

zu einem anspru<strong>ch</strong>svollen Gewässer. Pinisi<br />

könnten sehr wohl irgendwo auflaufen, die Crew<br />

müsste ins Wasser, um einen Anker auszubringen, um<br />

<strong>das</strong> S<strong>ch</strong>iff flottzukriegen – do<strong>ch</strong> da s<strong>ch</strong>wimmen mögli<strong>ch</strong>erweise<br />

Haie! Also wird glei<strong>ch</strong>zeitig an Deck <strong>der</strong><br />

Hahn gekneift bis er kräht. Seeleute wissen: Haie, die<br />

einen Hahn hören, wähnen si<strong>ch</strong> zu nahe am Ufer und<br />

s<strong>ch</strong>wimmen weg. Der seit Jahrhun<strong>der</strong>ten bewährte<br />

Trick passt zu den Pinisi, <strong>der</strong>en Form wie ein E<strong>ch</strong>o<br />

<strong>der</strong> Zeit ans Europa des 17. Jahrhun<strong>der</strong>ts erinnert:<br />

barock. Damals segelten holländis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>iffe auf <strong>der</strong><br />

Gewürzroute na<strong>ch</strong> Indonesien und wurden von den<br />

Konjo, einem kleinen Volk von Bootsbauern auf<br />

Sulawesi, dem früheren Celebes, <strong>mit</strong> Interesse beoba<strong>ch</strong>tet<br />

– die S<strong>ch</strong>iffe gefielen ihnen. Alte Logbü<strong>ch</strong>er<br />

zeigen, <strong>das</strong>s eine si<strong>ch</strong>ere Passage zu den Molukken<br />

auf 5° 42“ Süd, also knapp unter dem Äquator, zwis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>der</strong> südsulawesis<strong>ch</strong>en Landzunge und <strong>der</strong> Insel<br />

Selayar dur<strong>ch</strong>führt. Und genau dort leben die Konjos<br />

und bauen die Pinisi, denen die S<strong>ch</strong>iffe des Barock<br />

Modell standen, no<strong>ch</strong> heute: Aus Holz, von Hand und<br />

ohne Plan – ein Beleg grosser Bootsbaukunst. Barocke<br />

S<strong>ch</strong>nörkel lässt man weg, elegante Linien sind<br />

<strong>das</strong> Ergebnis. Zirka 2000 Pinisi führen die Flagge Indonesiens:<br />

Es ist die grösste segelnde Fra<strong>ch</strong>ts<strong>ch</strong>iff­<br />

Flotte <strong>der</strong> Welt. In <strong>der</strong> Stadt Sorong auf Papua, wo<br />

wir abends einlaufen, liegen mehrere vor Anker. Endstation.<br />

Hier dampft <strong>der</strong> Äquator, dann brennt er:<br />

Fantastis<strong>ch</strong>e Wolkengebilde s<strong>ch</strong>weben über dem<br />

Horizont und verformen si<strong>ch</strong> zu Dra<strong>ch</strong>en und Seepferden,<br />

die im atemberaubenden Li<strong>ch</strong>t <strong>der</strong> untergehenden<br />

Sonne zum Leben erwa<strong>ch</strong>en – ein himmlis<strong>ch</strong>es<br />

Spektakel. Wie fast jeden Abend. Wie seit<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ten.<br />

Die <strong>Reisen</strong> <strong>der</strong> Katharina<br />

Reisezeit: West­ und Ostmonsun bestimmen die Fahrroute <strong>der</strong><br />

Katharina. Von April bis Oktober ist sie zwis<strong>ch</strong>en Bali, Komodo und<br />

Flores unterwegs, dana<strong>ch</strong> im fernen Ostindonesien. Ab Februar wird<br />

<strong>das</strong> S<strong>ch</strong>iff jeweils im Trockendock überholt. Angenehme Temperaturen<br />

herrs<strong>ch</strong>en während <strong>der</strong> europäis<strong>ch</strong>en Sommermonate.<br />

Für Routen­, Zeitplan und beson<strong>der</strong>e <strong>Reisen</strong> (siehe unten):<br />

www.seatrekbali.com<br />

Das S<strong>ch</strong>iff: Die 1998 gebaute «Katharina» <strong>der</strong> Firma Seatrek besitzt<br />

6 Doppelkabinen und eine Dreier­Kabine, alle <strong>mit</strong> Dus<strong>ch</strong>e/WC/AC.<br />

Ein <strong>mit</strong> lokalen Sitten, Gebräu<strong>ch</strong>en und <strong>der</strong> Spra<strong>ch</strong>e vertrauter Betreuer<br />

an Bord organisiert sämtli<strong>ch</strong>e fakultativen Ausflüge. Segeln<br />

steht ni<strong>ch</strong>t im Vor<strong>der</strong>grund, son<strong>der</strong>n die Seereise zu attraktiven<br />

Zielen.<br />

Anbieter: Exklusiv in <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>weiz bei Globoship, Bern,<br />

Tel. 031 313 00 04 , www.globoship.<strong>ch</strong><br />

Die Preise (ab 2885 Franken ohne Anreise) sind je na<strong>ch</strong> Streckenlänge<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>, do<strong>ch</strong> immer inklusive Vollpension <strong>mit</strong> Dinnerwein,<br />

Softdrinks, Snacks tagsüber, Landausflüge <strong>mit</strong> Fahrzeugen,<br />

wo nötig, und S<strong>ch</strong>nor<strong>ch</strong>elausrüstung.<br />

Beson<strong>der</strong>e <strong>Reisen</strong>: «Auf <strong>der</strong> maritimen Seidenstrasse» kreuzt die<br />

Katharina vom 23. April bis 4. Mai 2013, begleitet von Autor Simon<br />

Worrall, von Singapur na<strong>ch</strong> Cirebon auf Java und folgt dabei <strong>der</strong><br />

während einem Millennium lebendigen Handelsroute zwis<strong>ch</strong>en China<br />

und dem Westen.<br />

«Im Land des Paradiesvogels», vom 4. bis 15. Dezember 2013, findet<br />

unter <strong>der</strong> Leitung des kundigen Vogelenthusiasten Kees Groeneboer<br />

eine Katharina­Seereise ab Sorong ins Biak­Ar<strong>ch</strong>ipel im Norden<br />

Papuas statt. Nebst Landausflügen, Baden und S<strong>ch</strong>nor<strong>ch</strong>eln<br />

liegt <strong>der</strong> S<strong>ch</strong>werpunkt auf <strong>der</strong> Vogelbeoba<strong>ch</strong>tung.<br />

Auf allen <strong>Reisen</strong> ist die Bordspra<strong>ch</strong>e Englis<strong>ch</strong>.<br />

Anreise: Flug na<strong>ch</strong> Denpasar, Bali, dann Inlandflug zum Ausgangspunkt<br />

<strong>der</strong> Katharina­Fahrten. Im Flughafen auf Bali erhalten S<strong>ch</strong>weizer<br />

ein sogenanntes «Visa on arrival». Es ist 30 Tage gültig und kostet<br />

25 US$.<br />

_Die Reise wurde von Seatrek,<br />

Bali, und Globoship, Bern, unterstützt.<br />

<strong>marina</strong>.<strong>ch</strong><br />

Ralligweg 10<br />

3012 Bern<br />

Tel. 031 301 00 31<br />

<strong>marina</strong>@<strong>marina</strong>-online.<strong>ch</strong><br />

www.<strong>marina</strong>-online.<strong>ch</strong><br />

Tel. Abodienst: 031 300 62 56

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