19.10.2012 Aufrufe

Ausg. 24+25 - apr

Ausg. 24+25 - apr

Ausg. 24+25 - apr

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Mit viel Optimismus sind in den Neuen Bundesländern für drei<br />

neue Standorte Großprojekte für eine Zellstofferzeugung aus heimischen<br />

Wäldern geplant worden. Wer Details noch nicht kannte,<br />

konnte sich auf dem 4. PTS Symposium „Papierfaserstofftechnik<br />

‘97“ vom 8.-11.April 1997 in Dresden darüber informieren.Die vorgesehenen<br />

Standorte sind Stendal, Wittenberge und Zeitz. Das<br />

Projekt Rosenthal mit Umstellung vom Sulfit- auf das Sulfatverfahren<br />

und die gleichzeitige Leistungssteigerung wurde ebenfalls<br />

vorgestellt.<br />

Es sind hauptsächlich drei Aspekte, die Anlaß zu den drei neuen<br />

Projekten gaben – und nur auf diese sollen sich die folgenden Ausführungen<br />

beziehen: die zunehmenden Mengen des Rohholzaufkommens<br />

vornehmlich in den Wäldern der Neuen Bundesländer<br />

und der gleichzeitige Rückgang seiner Nutzung durch inländische<br />

Verarbeiter, der ausschließlich durch Importe gedeckte Bedarf der<br />

deutschen Papierindustrie an Sulfatzellstoffen in der Größenordnung<br />

von 3,6 Mt/a, sowie der dringende Bedarf an neuen Produktionsstätten<br />

in den Neuen Bundesländern.<br />

Über den zuletzt genannten Punkt gibt es keine Diskussion: die<br />

Neuen Bundesländer brauchen Investitionen für neue Industriestandorte<br />

und neue Arbeitsplätze.<br />

Überzeugende Argumente kommen auch von den Forstverwaltungen.Selbst<br />

wenn die Waldinventuren noch gewisse Mängel aufweisen,<br />

ist eines sicher: das potentielle Rohholzaufkommen ist bedeutend<br />

größer, als der derzeitige Bedarf. Die Gründe dafür brauchen<br />

nicht weiter erläutert zu werden. Es sind etwa 4 Mfm Nadelholz/a<br />

für eine industrielle Nutzung verfügbar. Das ist eine Menge<br />

zur Herstellung von etwa 800 000 t gebleichtem Nadelholzzellstoff.<br />

Die wirtschaftliche Situation in den deutschen Forstbetrieben<br />

wird allgemein schwieriger, um es sehr vorsichtig auszudrücken.<br />

Die starke Zersplitterung in Kleinbetriebe (von 447 000 Forstbetrieben<br />

bewirtschaften 435 000 Waldflächen unter 50 ha!) sind eine<br />

teure Hypothek für die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Forst-<br />

EDITORIAL<br />

Zellstoff-Illusionen?<br />

Von Jürgen Weidenmüller*<br />

betriebe gegenüber den waldreichen Konkurrenzländern. Die Kostenstruktur<br />

ist hoch, Umsatz und Erlöse aus dem Holzverkauf<br />

sind unbefriedigend. Es gibt Hinweise, daß die für eine nachhaltige<br />

Nutzung der Bestände so wichtigen Durchforstungsarbeiten<br />

aus Kostengründen häufig nicht mehr durchgeführt oder zumindest<br />

zurückgestellt werden. Das sind Alarmzeichen für die Qualität<br />

unserer Wälder! Jüngster Einflußfaktor auf diese Negativentwicklung<br />

ist der zunehmende Einsatz von Altpapier in der<br />

deutschen Papierindustrie.<br />

Die Entwicklung zu einer Misere der deutschen Forstwirtschaft<br />

bekommt noch dadurch einen bedauerlichen Aspekt, da unser<br />

Land zu den größten Energieverbrauchern je Einwohner zählt und<br />

damit einer der größten CO2-Produzenten je Einwohner und als<br />

Folge der großen Einwohnerzahl ein Großerzeuger an diesem<br />

Treibhausgas überhaupt ist. Bekanntlich kann dieses Problem<br />

nur auf zwei Wegen bekämpft werden: durch Verringerung des<br />

Ausstoßes und durch größtmögliche Biomasse-Erzeugung zur<br />

Bindung in organischen Stoffen wie Holz oder Einjahrespflanzen.<br />

Für diese Schließung des Kohlenstoffkreislaufes durch nachhaltige<br />

Forst- (und Land-)wirtschaft mit Zellstoff- und Papiererzeugung<br />

sowie Energieerzeugung nach Nutzung der Faserstoffe bietet<br />

sich die Kreislaufwirtschaft geradezu in idealer Weise an. Zellstofferzeugung<br />

und Herstellung holzfreier Papiere mit deren<br />

energetischer Nutzung nach Gebrauch können durchaus zu einer<br />

technologischen Leitlinie für die Zukunft werden.<br />

Die Nutzungsmöglichkeiten unserer Wälder konzentrieren sich<br />

nun in nicht unerheblichem Maß auf die Zellstoff- und Papiererzeugung.<br />

Dies gibt leider keinen Anlaß zu Illusionen und überschwenglichem<br />

Optimismus, vielmehr ist eine sehr kritische Betrachtung<br />

der näheren Umstände angebracht.<br />

Die Kernfrage ist die Nachfrage nach Zellstoff im Inland und ggf.<br />

auf dem internationalen Markt. Stellt sich heraus, daß eine Mindestgröße<br />

einer Zellstoffabrik für deren wirtschaftliche Überlebenschancen<br />

auf dem globalen Zellstoffmarkt über dem inländi-<br />

Dr. Jürgen Weidenmüller ist Geschäftsführer der Fa. Pulp Paper Print Consult, Gernsbach. (Fortsetzung auf Seite 584)<br />

581 24–25/97

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!