Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Einlagerung von CO 2 in geologischen Formationen<br />
unter dem Meer <strong>zu</strong>lässig, wenn das sequestrierte CO 2<br />
aus Prozessen stammt, die sich im Zuge <strong>der</strong> Verarbeitung<br />
von mineralischen Schätzen des <strong>Meere</strong>sbodens<br />
ergeben (Kap. 5.2.3). <strong>Die</strong>s ist etwa beim Sleipner-Projekt<br />
(Kasten 5.3-1) <strong>der</strong> Fall.<br />
Es ist hingegen nicht eindeutig geklärt, ob das<br />
London-Übereinkommen von 1972 bzw. künftig das<br />
London-Protokoll von 1996 die Speicherung von<br />
CO 2 , das an Land abgeschieden wurde, unter dem<br />
Meer – also etwa in salinen Aquiferen – <strong>zu</strong>lässt (IEA,<br />
2005). Nach Art. III Ziff. 3 des Übereinkommens<br />
bezeichnen die Ausdrücke „Meer“ bzw. „See“ „alle<br />
<strong>Meere</strong>sgewässer“. Es ist umstritten, ob damit auch<br />
<strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sboden und <strong>der</strong> -untergrund von <strong>der</strong> Geltung<br />
des Übereinkommens erfasst sind. Deutschland<br />
hatte sich in einer Umfrage <strong>der</strong> IMO für eine solche<br />
Auslegung ausgesprochen, weil die Geschichte und<br />
<strong>der</strong> Zweck des Übereinkommens es nahe legten, dass<br />
<strong>der</strong> Begriff „alle <strong>Meere</strong>sgewässer“ auch den <strong>Meere</strong>sboden<br />
sowie den -untergrund umfasse. Das Protokoll<br />
von 1996 definiert in Art. 1 Ziff. 7 den Ausdruck<br />
„Meer“ bzw. „See“ etwas genauer, nämlich als „alle<br />
<strong>Meere</strong>sgewässer mit Ausnahme <strong>der</strong> inneren Gewässer<br />
von Staaten sowie <strong>der</strong>en <strong>Meere</strong>sboden und seinen<br />
Untergrund; <strong>der</strong> Ausdruck umfasst jedoch keine<br />
unterhalb des <strong>Meere</strong>sbodens gelegenen Depots, die<br />
nur vom Land aus <strong>zu</strong>gänglich sind“. Allerdings wird<br />
auch hier kontrovers diskutiert, bis in welche Tiefe<br />
<strong>der</strong> damit gemeinte <strong>Meere</strong>suntergrund reicht.<br />
Deutschland plädierte in <strong>der</strong> oben erwähnten IMO-<br />
Umfrage auch an dieser Stelle für eine möglichst<br />
umfassende Auslegung.<br />
Bei <strong>der</strong> Auslegung <strong>der</strong> Vertragstexte ist jedoch <strong>zu</strong><br />
berücksichtigen, dass die CO 2 -Sequestrierung einschließlich<br />
<strong>der</strong> Speicherung im und unter dem Meer<br />
we<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Aushandlung des London-Abkommens<br />
von 1972 noch des Protokolls von 1996 auf <strong>der</strong><br />
Agenda stand. Insofern kann aus den rechtlichen<br />
Formulierungen nicht auf den Willen <strong>der</strong> beteiligten<br />
Staaten hinsichtlich des Umgangs mit CO 2 geschlossen<br />
werden. <strong>Die</strong> Vertragsstaaten des London-Übereinkommens<br />
beschäftigen sich mittlerweile intensiv<br />
mit dem Thema (IMO, 2004), so auch auf dem 27.<br />
Konsultativtreffen <strong>der</strong> Vertragsstaaten im Oktober<br />
2005. Angesichts <strong>der</strong> zahlreichen Wissenslücken und<br />
<strong>der</strong> offenen Frage, ob die Einlagerung von CO 2 im<br />
<strong>Meere</strong>sboden im London-Übereinkommen und/<br />
o<strong>der</strong> im London-Protokoll behandelt werden soll,<br />
einigte man sich darauf, das Thema beim 28. Treffen<br />
nochmals eingehen<strong>der</strong> <strong>zu</strong> diskutieren. Will man die<br />
Sequestrierung von CO 2 , das aus <strong>der</strong> Abscheidung an<br />
Land stammt, in den <strong>Meere</strong>sboden erlauben, müsste<br />
Anlage I des London-Protokolls unter Umständen<br />
angepasst werden, was auch im Interesse einer Klarstellung<br />
sinnvoll wäre. Bei heutigem Wissensstand<br />
CO 2 -Speicherung in geologischen Formationen im <strong>Meere</strong>sboden 5.3<br />
wäre somit Art. 31 Abs. 1 <strong>der</strong> Wiener Konvention<br />
über das Recht <strong>der</strong> Verträge <strong>zu</strong> berücksichtigen,<br />
wonach ein Vertrag nach Treu und Glauben in Übereinstimmung<br />
mit <strong>der</strong> gewöhnlichen, seinen Bestimmungen<br />
in ihrem Zusammenhang <strong>zu</strong>kommenden<br />
Bedeutung und im Lichte seines Ziels und Zwecks<br />
aus<strong>zu</strong>legen ist.<br />
5.3.3.2<br />
Klimarahmenkonvention und Kioto-Protokoll<br />
<strong>Die</strong> Erstellung <strong>der</strong> nationalen Emissionsinventare<br />
gemäß Klimarahmenkonvention und Kioto-Protokoll<br />
fußt auf den IPCC-Richtlinien. <strong>Die</strong>se gehen bisher<br />
nicht ausdrücklich auf die Sequestrierung ein.<br />
Der Bericht des IPCC <strong>zu</strong> Sequestrierung (IPCC,<br />
2005) sieht allerdings durchaus die Möglichkeit, die<br />
gültige Rahmenordnung sowie ihre Prinzipien und<br />
Ansätze auf Sequestrierungsaktivitäten an<strong>zu</strong>wenden.<br />
Das Vorgehen Norwegens lässt Schlüsse darüber<br />
<strong>zu</strong>, wie die Übertragung allgemeiner Regelungen<br />
praktisch aussehen könnte: Norwegen berichtet über<br />
die CO 2 -Mengen, die bei Sleipner (Kasten 5.3-1)<br />
sequestriert werden und schlägt Emissionen, die<br />
während des Injektionsvorgangs entweichen, seinen<br />
nationalen Emissionen konsequenterweise hin<strong>zu</strong><br />
(IPCC, 2005). Das sequestrierte CO 2 wird dem Emissionsinventar<br />
nicht <strong>zu</strong>gerechnet; es gilt als praktisch<br />
nicht emittiert. 2006 steht die Überarbeitung <strong>der</strong><br />
Richtlinien an, und es ist <strong>zu</strong> erwarten, dass die bisherige<br />
Diskussion über eine Standardisierung für die<br />
Erfassung sequestrierten CO 2 hier einfließen wird<br />
und in absehbarer Zeit Regelungen getroffen werden.<br />
Außer <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> konkreten Erfassung<br />
des sequestrierten CO 2 in den nationalen Berichten<br />
muss auch geklärt werden, ob und wie Projekte <strong>der</strong><br />
Sequestrierung in die flexiblen Mechanismen –<br />
Emissionshandel, Clean Development Mechanism<br />
(CDM) und Joint Implementation (JI) – integriert<br />
werden sollen (Bode und Jung, 2005; IPCC, 2005).<br />
<strong>Die</strong> Berücksichtigung des sequestrierten CO 2 im<br />
Rahmen <strong>der</strong> flexiblen Mechanismen wirft verschiedene<br />
Fragen auf (Bode und Jung, 2005), die hier aber<br />
nicht näher beschrieben werden sollen. Beson<strong>der</strong>s<br />
kompliziert wird es z. B. beim CDM, wenn ein<br />
Annex-B-Staat an Land abgeschiedenes CO 2 aus<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n „importiert“ und in bereits<br />
genutzten Speichern unter dem Meer lagert. Hier<br />
wird das Zusätzlichkeitskriterium des CDM streng<br />
genommen nicht erfüllt, so dass im Grunde keine<br />
CDM-Gutschriften erteilt werden können. Außerdem<br />
kommt es nicht zwingend <strong>zu</strong>m Technologietransfer<br />
in Entwicklungslän<strong>der</strong>, was ja ein ausdrückliches<br />
Ziel des CDM ist. Ähnlich komplexe Fragen<br />
87