Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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5.2<br />
CO 2-Speicherung im Meer<br />
Für die Kohlenstoffspeicherung im Ozean werden<br />
grundsätzlich zwei Optionen diskutiert: <strong>Die</strong> physikalisch-chemische<br />
Lösung im Meerwasser und die im<br />
weitesten Sinn biologisch-technische Speicherung in<br />
<strong>Meere</strong>sökosystemen, vor allem durch Eisendüngung.<br />
Im Folgenden werden lediglich physikalisch-chemische<br />
Techniken näher erörtert. Nicht vertieft wird die<br />
Idee, in <strong>Meere</strong>sgebieten, in denen <strong>der</strong> Mikronährstoff<br />
Eisen für die Primärproduktion <strong>der</strong> limitierende<br />
Faktor ist (vor allem im Südlichem Ozean),<br />
durch die permanente Zugabe von Eisen Algenblüten<br />
aus<strong>zu</strong>lösen und somit das Senkenpotenzial des<br />
Ozeans <strong>zu</strong> erhöhen. Zum einen ist die erwartete Größenordnung<br />
<strong>der</strong> Mengeneffekte wohl eher gering<br />
(wie auch ein Vergleich mit paläoklimatologischen<br />
Daten vermuten lässt), und es gibt Zweifel an <strong>der</strong><br />
ausreichenden Langfristigkeit <strong>der</strong> Speicherung<br />
(Kap. 5.1.2). Zum an<strong>der</strong>en sind die Risiken einer<br />
großskaligen Eisendüngung im Hinblick auf die mittelbaren<br />
Folgen für die <strong>Meere</strong>sökosysteme schwer<br />
ab<strong>zu</strong>schätzen. Der <strong>WBGU</strong> hat an an<strong>der</strong>er Stelle<br />
bereits die Gründe für seine Ablehnung <strong>der</strong> Eisendüngung<br />
von Ozeanen dargelegt (<strong>WBGU</strong>, 2003a).<br />
5.2.1<br />
Speicherung und Verweildauer von CO 2<br />
Eine diskutierte Form <strong>der</strong> CO 2 -Speicherung stellt die<br />
direkte Einleitung in das Meerwasser dar. Der CO 2 -<br />
Gehalt <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>soberfläche steht in einem sich<br />
relativ schnell einstellenden Gleichgewicht mit <strong>der</strong><br />
Atmosphäre, so dass ein künstlich überhöhter CO 2 -<br />
Gehalt des Oberflächenwassers innerhalb kürzester<br />
Zeit in die Atmosphäre ausgasen würde. Daher kann<br />
allenfalls die Einleitung in die Tiefsee einen langen<br />
Aufenthalt des Kohlenstoffs im Meer gewährleisten.<br />
Das dort eingeleitete CO 2 kann für einige Jahrhun<strong>der</strong>te<br />
von <strong>der</strong> Atmosphäre isoliert bleiben (IPCC,<br />
2005), auf längeren Zeitskalen stellt sich aber ein<br />
Gleichgewicht zwischen <strong>der</strong> atmosphärischen CO 2 -<br />
Konzentration und <strong>der</strong>jenigen im Meer ein. Dann<br />
werden je nach atmosphärischer CO 2 -Konzentration<br />
zwischen 65% und 80% des anthropogenen CO 2 im<br />
Meer gespeichert sein, unabhängig davon, ob das<br />
CO 2 in die Atmosphäre emittiert o<strong>der</strong> in den Ozean<br />
eingeleitet wurde (Caldeira et al., 2005). <strong>Die</strong> Einbringung<br />
von CO 2 in das Meerwasser könnte daher<br />
zwar einen Höchstwert in <strong>der</strong> atmosphärischen CO 2 -<br />
Konzentration abschwächen; sie hat aber keinen Einfluss<br />
auf das längerfristige Stabilisationsniveau des<br />
CO 2 -Speicherung im Meer 5.2<br />
atmosphärischen CO 2 . Sie stellt daher – unabhängig<br />
von den Folgen für die <strong>Meere</strong>sökologie (Kap. 5.2.2) –<br />
keine nachhaltige Lösung des Problems dar, da auf<br />
diese Weise <strong>zu</strong>künftige Generationen durch irreversible<br />
Folgen belastet würden.<br />
Eine an<strong>der</strong>e, technische Möglichkeit wäre die<br />
Lagerung von CO 2 als Flüssigkeit o<strong>der</strong> Hydrat auf<br />
dem <strong>Meere</strong>sboden, was aufgrund <strong>der</strong> dann höheren<br />
Dichte von CO 2 nur in Wassertiefen ab 3.000 m möglich<br />
ist. Ohne eine physikalische Barriere würde sich<br />
jedoch das CO 2 auch aus solchen Reservoiren langsam<br />
in <strong>der</strong> darüber liegenden Wassersäule lösen.<br />
Auch diese Technologie führt also allenfalls <strong>zu</strong> einer<br />
zeitlichen Verschiebung <strong>der</strong> Folgen des Klimawandels,<br />
nicht aber <strong>zu</strong> ihrer Min<strong>der</strong>ung. Keine <strong>der</strong> diskutierten<br />
technischen Möglichkeiten <strong>der</strong> Sequestrierung<br />
im Meerwasser wurde bisher in Feldstudien von<br />
nennenswertem Umfang erprobt. Für keines <strong>der</strong> bisher<br />
vorgeschlagenen Forschungsprojekte wurde die<br />
Genehmigung erteilt, auch nur wenige Tonnen Kohlendioxid<br />
in die Tiefsee ein<strong>zu</strong>leiten.<br />
5.2.2<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> CO 2-Speicherung auf<br />
Tiefseeorganismen<br />
Wie an <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>soberfläche än<strong>der</strong>t auch die<br />
direkte Einleitung von CO 2 in die Tiefsee die chemischen<br />
und physikalischen Eigenschaften des Meerwassers.<br />
<strong>Die</strong>s betrifft <strong>zu</strong>nächst die unmittelbare<br />
Umgebung des Ortes <strong>der</strong> Einleitung, beispielsweise<br />
den Endpunkt <strong>der</strong> Pipeline, durch die das flüssige<br />
CO 2 in die Tiefsee strömt. Hier kann es, wie Simulationen<br />
zeigen, lokal <strong>zu</strong> sehr starken Än<strong>der</strong>ungen des<br />
pH-Werts um bis <strong>zu</strong> mehrere Einheiten kommen.<br />
Durch technische Ausgestaltungen, die <strong>zu</strong> einer<br />
schnelleren Verdünnung führen (etwa eine von<br />
einem Schiff geschleppte Pipeline), kann die maximale<br />
lokale pH-Än<strong>der</strong>ung abgesenkt werden. In <strong>der</strong><br />
etwas weiteren Umgebung (mehrere km) ist die<br />
Geschwindigkeit <strong>der</strong> Verdünnung im Wesentlichen<br />
durch die Ozeanströmungen bestimmt, so dass die<br />
chemischen und physikalischen Auswirkungen mit<br />
Ozean-Zirkulationsmodellen abgeschätzt werden<br />
können. Bei einer Einleitung von 0,1 Gt C pro Jahr<br />
(das sind weniger als 2% <strong>der</strong> industriellen Emissionen<br />
und etwa 5% des heutigen, anthropogen verursachten<br />
CO 2 -Eintrags über die <strong>Meere</strong>soberfläche)<br />
könnte sich beispielsweise über einen Zeitraum von<br />
100 Jahren in bis <strong>zu</strong> 0,01% des <strong>Meere</strong>svolumens <strong>der</strong><br />
pH-Wert um 0,3 Einheiten absenken (Caldeira et al.,<br />
2005). <strong>Die</strong> CO 2 -Speicherung in <strong>der</strong> Tiefsee könnte<br />
daher auch ernste Auswirkungen auf das Tiefseeökosystem<br />
haben. <strong>Die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Tiefseeorganismen<br />
verläuft sehr langsam, ihre Stoffwechselraten<br />
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