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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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5 CO 2 -Speicherung im Meer und im <strong>Meere</strong>sboden<br />

stätten. <strong>Die</strong> Gesamtkosten <strong>der</strong> Sequestrierung bei<br />

Speicherung im Meer bzw. unter dem <strong>Meere</strong>sboden<br />

liegen somit schät<strong>zu</strong>ngsweise zwischen 20 und 100<br />

US-$ pro t CO 2 .<br />

<strong>Die</strong> Stromerzeugungskosten pro MWh würden<br />

sich nach <strong>der</strong>zeitigem Wissensstand durch die Sequestrierung<br />

des freigesetzten CO 2 um 12–34 US-$ für<br />

neue Kraftwerke und um 33–44 US-$ für nachgerüstete<br />

Braunkohlekraftwerke erhöhen (IPCC, 2005).<br />

Durch Addition auf die Stromerzeugungskosten von<br />

<strong>der</strong>zeit ungefähr 25–55 US-$ pro MWh, die im<br />

Wesentlichen von den jeweiligen Brennstoffpreisen<br />

abhängen, ergäben sich insgesamt Stromerzeugungskosten<br />

von 45–80 US-$ pro MWh, vergleichbar mit<br />

vielen Wind- und Kleinwasserkraftanlagen (Kasten<br />

5.3-2). <strong>Die</strong> Stromerzeugung in fossilen Kraftwerken<br />

würde sich durch die Sequestrierung um 30–60% für<br />

neue Kraftwerke und bis <strong>zu</strong>m Dreifachen bei Nachrüstung<br />

bestehen<strong>der</strong> Kraftwerke verteuern. Optimistische<br />

Prognosen gehen zwar davon aus, dass sich die<br />

Sequestrierungskosten bis <strong>zu</strong>m Jahr 2030 spürbar<br />

senken lassen. <strong>Die</strong> Elektrizitätsgewinnung aus<br />

erneuerbaren Energien dürfte mit ungefähr 10–20<br />

US-$ pro MWh (IEA, 2004) und langfristig voraussichtlich<br />

ansteigenden Preisen für fossile Brennstoffe<br />

aber noch an wirtschaftlicher Attraktivität gewinnen.<br />

5.1.2<br />

Risiken und Nachhaltigkeit<br />

Schwerer als die Unsicherheiten über die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> Kosten wiegt jedoch die Ungewissheit hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> ökologischen Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Sequestrierung.<br />

Dabei müssen grundsätzlich drei Arten<br />

von Risiken in Betracht gezogen werden.<br />

1. <strong>Die</strong> Gefahr von Unfällen: Ähnlich wie bei Erdgaspipelines<br />

kann es auch bei CO 2 -Pipelines <strong>zu</strong>m<br />

unbeabsichtigten Austritt (Leckagen) von CO 2<br />

kommen. Treten dabei CO 2 -Konzentrationen von<br />

mehr als 7–10% in <strong>der</strong> Außenluft auf, bestehen<br />

Gefahren für Gesundheit und Leben. Erfahrungen<br />

mit bestehenden Pipelinesystemen zeigen<br />

allerdings, dass größere Schäden an Pipelines sehr<br />

selten sind. Zudem kann das Risiko durch ein verbessertes<br />

Design <strong>der</strong> Pipelines und Monitoring<br />

weiter gesenkt werden. Plötzliches Entweichen<br />

größerer CO 2-Mengen ist auch während <strong>der</strong> CO 2-<br />

Injektion in die Endlagerstätte denkbar. Zudem<br />

kann ähnlich wie bei EOR o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erdgaslagerung<br />

das eingelagerte CO 2 abrupt – etwa durch<br />

mangelhafte Abdichtung <strong>der</strong> Lagerstätte – austreten<br />

(IPCC, 2005). Solche Großunfälle bei <strong>der</strong><br />

Lagerung von CO 2 gelten als wenig wahrscheinlich.<br />

Wenn sie aber auftreten, sind ihre unmittelbaren<br />

Folgen auf See deutlich geringer als in<br />

bewohnten Gegenden an Land, wo mit gravierenden,<br />

im Extremfall tödlichen Folgen für den Menschen<br />

gerechnet werden muss.<br />

2. Mögliche Folgen für die <strong>Meere</strong>sökologie: <strong>Die</strong>s ist<br />

insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> nach Überzeugung des<br />

<strong>WBGU</strong> nicht vertretbaren CO 2-Verklappung im<br />

Meerwasser <strong>der</strong> Fall und wird im Kapitel 5.2 diskutiert.<br />

3. Andauerndes, schleichendes Entweichen des gelagerten<br />

CO 2 : <strong>Die</strong>ses Risiko ist für den langfristig<br />

orientierten Klimaschutz von großer Bedeutung.<br />

Der IPCC-Bericht (IPCC, 2005) nennt zwar keine<br />

konkreten Zahlen für akzeptable Leckageraten.<br />

Eine einfache Überschlagsrechnung ergibt jedoch<br />

eine Richtschnur. <strong>Die</strong> kumulativen Emissionen in<br />

den verschiedenen SRES-Szenarien für 1990–<br />

2100 variieren zwischen 1.000 Gt C (B1-Szenario)<br />

und 2.200 Gt C (A1FI-Szenario) (IPCC, 2000).<br />

Um die Klimaschutzleitplanke von 2°C ein<strong>zu</strong>halten,<br />

dürfen kumulativ nur noch 500 Gt C in die<br />

Atmosphäre gelangen (Meinshausen, 2006).<br />

Gegenüber einem mittleren Emissionsszenario,<br />

bei dem 1.500 Gt C bis <strong>zu</strong>m Jahr 2100 emittiert<br />

werden würden, muss also die Emission von rund<br />

1.000 Gt C vermieden werden. Würde diese<br />

Menge sequestriert werden, würde bei einer<br />

Leckagerate von 0,1% pro Jahr (d. h. einer Rückhaltezeit<br />

von 1.000 Jahren) bereits jährlich 1 Gt C<br />

unkontrolliert entweichen. Bei Einhaltung <strong>der</strong><br />

2°C-Leitplanke liegen jedoch die langfristig (etwa<br />

ab dem Jahr 2200) akzeptablen Gesamtemissionen<br />

sogar für den Fall einer mittleren Klimasensitivität<br />

von 3°C bei maximal 1 Gt C pro Jahr (Caldeira<br />

et al., 2003). Selbst bei dem oben angenommenen<br />

mittleren Emissionsszenario, das nicht den<br />

ungünstigsten Fall darstellt, würde langfristig<br />

allein die Leckage aus den CO 2 -Lagerstätten<br />

bereits 100% <strong>der</strong> erlaubten CO 2 -Emissionen verursachen.<br />

Noch problematischer wird es, wenn<br />

weniger optimistische Annahmen getroffen werden:<br />

Tatsächlich könnte sich die Klimasensitivität<br />

als höher erweisen, an<strong>der</strong>e Treibhausgase (z. B.<br />

Methan, Kap. 6) könnten verstärkt <strong>zu</strong>r Erwärmung<br />

beitragen, o<strong>der</strong> die vorgeschlagene 2°C-<br />

Leitplanke könnte sich langfristig als <strong>zu</strong> <strong>hoch</strong><br />

erweisen, etwa weil dadurch das Abschmelzen des<br />

Grönlandeises ausgelöst wird (Kap. 3). Alles in<br />

allem erscheint daher maximal ein Zehntel <strong>der</strong><br />

oben genannten Leckagerate akzeptabel, also<br />

0,01% pro Jahr. Das entspricht einer Rückhaltezeit<br />

von 10.000 Jahren. Sequestrierung stellt also<br />

nur dann eine akzeptable Klimaschutztechnologie<br />

dar, wenn sichergestellt werden kann, dass das<br />

CO 2 über mindestens 10.000 Jahre in seinem<br />

Lager verbleibt.

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