Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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duktion durch kalkbildende Arten wie z. B. Coccolithophoriden<br />
o<strong>der</strong> durch nicht kalkbildende Arten<br />
wie z. B. Kieselalgen erfolgt.<br />
<strong>Die</strong> Kalkbildung mariner Organismen ist immer<br />
mit einer CO 2 -Produktion verbunden:<br />
Ca 2+ –<br />
+ 2 HCO3 ➛ CaCO3 + CO2 + H2O <strong>Die</strong>se „Karbonat-Gegenpumpe“ wird mit <strong>zu</strong>nehmen<strong>der</strong><br />
CO 2 -Atmosphärenkonzentration als Folge<br />
<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Karbonatpufferkapazität immer<br />
stärker. Bei Annahme einer konstanten Kalkbildung<br />
würde dadurch die künftige Senkenwirkung des<br />
<strong>Meere</strong>s abgeschwächt. Wenn sich aber die biogene<br />
Kalkbildung als Folge <strong>der</strong> pH-Absenkung vermin<strong>der</strong>t,<br />
kann dieser Effekt überkompensiert werden, so<br />
dass sich die Senkenwirkung sogar verstärkt. <strong>Die</strong>s<br />
hätte allerdings nur eine geringe Wirkung auf die<br />
CO 2-Aufnahme des Ozeans (Zon<strong>der</strong>van et al., 2001).<br />
Eine Reihe an<strong>der</strong>er Effekte komplizieren das Bild<br />
weiter (Riebesell, 2004): Vermin<strong>der</strong>te Kalkbildung<br />
könnte auch die Dichte und somit die Absinkrate <strong>der</strong><br />
Partikel in die tieferen Wasserschichten reduzieren,<br />
wodurch <strong>der</strong> Kohlenstoffexport durch die biologische<br />
Pumpe verlangsamt würde. Dem steht eine<br />
mögliche Beschleunigung <strong>der</strong> Absinkraten durch<br />
vermehrte Bildung extrazellulärer Polysaccharide<br />
gegenüber (Engel et al., 2004). <strong>Die</strong> gegenwärtigen<br />
Planktonblüten <strong>der</strong> Coccolithophoriden bedecken<br />
große <strong>Meere</strong>sflächen über hun<strong>der</strong>ttausende km 2 und<br />
hellen wegen ihres Kalkgehalts die Farbe des Meerwassers<br />
auf. Ihr Ausfall könnte daher die globale<br />
Albedo um bis <strong>zu</strong> 0,13% reduzieren, was die Er<strong>der</strong>wärmung<br />
leicht beschleunigen müsste (Tyrell et al.,<br />
1999). <strong>Die</strong> Größenordnungen einiger dieser Faktoren<br />
sind unklar, <strong>der</strong> Gesamteffekt aller dieser Fakto-<br />
Abbildung 4.4-1<br />
Variabilität des mittleren<br />
pH-Werts <strong>der</strong> Ozeane in <strong>der</strong><br />
Vergangenheit und<br />
Gegenwart sowie Projektion<br />
für die <strong>Zukunft</strong> für eine<br />
atmosphärische CO 2 -Konzentration<br />
von ca. 750 ppm.<br />
<strong>Die</strong> rote Linie illustriert die<br />
vom <strong>WBGU</strong> vorgeschlagene<br />
Ver<strong>sauer</strong>ungsleitplanke.<br />
Quelle: nach IMBER, 2005<br />
pH<br />
8,5<br />
8,4<br />
8,3<br />
8,2<br />
8,1<br />
8,0<br />
7,9<br />
7,8<br />
Eiszeitlich<br />
bei 190 ppm CO 2<br />
Vorindustriell<br />
Leitplanke: Ver<strong>sauer</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong> 4.4<br />
ren auf die Wechselwirkungen zwischen atmosphärischer<br />
CO 2 -Konzentration und biologischer mariner<br />
Produktion ist <strong>der</strong>zeit nicht <strong>zu</strong> ermitteln und rechtfertigt<br />
verstärkte Forschungsanstrengungen<br />
(IMBER, 2005; Raven et al., 2005).<br />
4.4<br />
Leitplanke: Ver<strong>sauer</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong><br />
4.4.1<br />
Leitplankenvorschlag<br />
Um unerwünschte bzw. riskante Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />
marinen Nahrungsnetze durch Aragonituntersättigung<br />
<strong>zu</strong> verhin<strong>der</strong>n (Kap. 4.3), sollte <strong>der</strong> pH-Wert<br />
<strong>der</strong> obersten <strong>Meere</strong>sschicht (Deckschicht) in keinem<br />
größeren Ozeangebiet (d. h. auch nicht im globalen<br />
Mittel) um mehr als 0,2 Einheiten gegenüber dem<br />
vorindustriellen Wert von im Mittel 8,18 absinken.<br />
Eine pH-Absenkung um 0,2 Einheiten entspräche<br />
einer Zunahme <strong>der</strong> H + -Ionenkonzentration um ca.<br />
60% gegenüber dem vorindustriellen Wert. <strong>Die</strong> bisherige<br />
pH-Reduktion von 0,11 Einheiten seit <strong>der</strong><br />
Industrialisierung entspricht einem Anstieg <strong>der</strong><br />
H + -Ionenkonzentration um etwa 30%. Der gegenwärtige<br />
mittlere pH-Wert <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>soberflächen<br />
beträgt 8,07 (Raven et al., 2005). Abbildung 4.4-1<br />
illustriert die <strong>WBGU</strong>-Ver<strong>sauer</strong>ungsleitplanke.<br />
Es ist allerdings notwendig, die räumliche und<br />
zeitliche Mittelung, auf die sich die Leitplanke<br />
bezieht, weiter <strong>zu</strong> spezifizieren, da <strong>der</strong> pH-Wert<br />
einer starken natürlichen Variabilität unterliegt.<br />
Nach Haugan und Drange (1996) unterscheiden sich<br />
die pH-Werte <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>soberfläche weltweit um bis<br />
Schwankung durch<br />
Eiszeitzyklen<br />
Anthropogener<br />
Effekt<br />
<strong>WBGU</strong> Leitplanke<br />
Heute<br />
Gegenwärtige<br />
räumliche und<br />
zeitliche<br />
Variabilität<br />
Zukünftig, bei<br />
ca. 750 ppm CO 2<br />
7,7<br />
20.000 1750 1800 1850 1900 1950 2000 2050 2100<br />
vor heute<br />
Jahr<br />
75