13.08.2013 Aufrufe

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

72<br />

4 Ver<strong>sauer</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong><br />

werden allerdings durch eine Vielzahl an<strong>der</strong>er Faktoren<br />

(Temperatur, Licht- und Nährstoffversorgung,<br />

unterschiedliches Fraßrisiko durch Zooplankton,<br />

Anpassungsprozesse usw.) kompliziert. Beim <strong>der</strong>zeitigen<br />

Wissensstand können keine eindeutigen<br />

Schlüsse für die Wirkungen <strong>der</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung auf<br />

Wachstum und Zusammenset<strong>zu</strong>ng des Phytoplanktons<br />

gezogen werden.<br />

4.3.2<br />

Auswirkungen auf kalkbildende Organismen<br />

<strong>Die</strong> Kalkbildung ist neben <strong>der</strong> Photosynthese wohl<br />

<strong>der</strong> wichtigste von <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> CO 2 -Konzentration<br />

betroffene physiologische Prozess. Er hat<br />

weitreichende Konsequenzen für die ökologische<br />

Funktion <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sökosysteme und kann <strong>zu</strong>dem<br />

Rückwirkungen auf die Atmosphärenkonzentration<br />

von CO 2 und somit auf das Klimasystem haben (Kap.<br />

4.3.5).<br />

Viele <strong>Meere</strong>sorganismen verwenden für ihre Skelett-<br />

o<strong>der</strong> Schalenstrukturen Kalk (Kalziumkarbonat),<br />

<strong>der</strong> aus dem Meerwasser extrahiert werden<br />

muss. <strong>Die</strong>s ist nur bei einer Übersättigung des Meerwassers<br />

mit Kalziumkarbonat möglich, weswegen die<br />

<strong>zu</strong>nehmende CO 2 -Konzentration und <strong>der</strong> absinkende<br />

pH-Wert die Kalkbildung erschweren (Raven<br />

et al., 2005). Damit geht eine Schwächung <strong>der</strong> Skelettstrukturen<br />

o<strong>der</strong> – bei Unterschreiten <strong>der</strong> Sättigungskonzentration<br />

für Kalziumkarbonat – sogar<br />

ihre Auflösung einher. Kalk tritt als Baumaterial für<br />

Organismen in verschiedenen kristallinen Formen<br />

auf: Aragonit und Kalzit sind die beiden wichtigsten<br />

(Tab. 4.3-1). Organismen, die Aragonit für ihre Schalen<br />

o<strong>der</strong> Skelette verwenden, werden als Erste unter<br />

<strong>der</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung leiden, da Aragonit sich wegen<br />

Organismen Photosynthese Kristallform des<br />

Kalks<br />

Coccolithophoriden ja Kalzit Plankton<br />

Makroalgen* ja Aragonit o<strong>der</strong><br />

Kalzit<br />

Kammerlinge nein<br />

einige<br />

Korallen<br />

Warmwasser<br />

Kaltwasser<br />

ja (in Symbiose)<br />

nein<br />

Kalzit<br />

Kalzit<br />

Aragonit<br />

Aragonit<br />

einer unterschiedlichen Kristallstruktur unter den<br />

verän<strong>der</strong>ten Bedingungen leichter auflöst.<br />

<strong>Die</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung hat Einfluss auf alle marinen<br />

kalkbildenden Arten, wie z. B. bestimmte Planktongruppen,<br />

Muscheln, Schnecken und Korallen. Stachelhäuter<br />

(z. B. Seesterne und Seegurken) sind<br />

beson<strong>der</strong>s gefährdet, da ihre Kalzitstrukturen viel<br />

Magnesium enthalten und daher unter erhöhtem<br />

CO 2 sogar noch leichter löslich sind als Aragonit<br />

(Shirayama und Thornton, 2005). Korallen sind zwar<br />

die auffälligsten und bekanntesten kalkbildenden<br />

marinen Organismen und leiden als Aragonitproduzenten<br />

beson<strong>der</strong>s unter <strong>der</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung (Kap. 2.4),<br />

aber sie tragen nur <strong>zu</strong> 10% <strong>zu</strong>r globalen marinen<br />

Kalkproduktion von jährlich 0,64–2 Gt C bei (Zon<strong>der</strong>van<br />

et al., 2001). <strong>Die</strong> Simulationen von Guinotte<br />

et al. (2003) weisen darauf hin, dass bei einer atmosphärischen<br />

CO 2 -Konzentration von knapp 520 ppm,<br />

die bereits etwa Mitte des Jahrhun<strong>der</strong>ts erreicht sein<br />

könnte, nahe<strong>zu</strong> alle heutigen Riffstandorte von<br />

Warmwasserkorallen wegen <strong>zu</strong> geringer Aragonitsättigung<br />

kaum noch für Korallenwachstum geeignet<br />

wären (Abb. 4.3-1).<br />

<strong>Die</strong> globale marine Kalkbildung wird <strong>zu</strong> etwa drei<br />

Vierteln von Planktonorganismen verursacht, vor<br />

allem von Coccolithophoriden, Kammerlingen (Foraminiferen)<br />

und Flügelschnecken (Pteropoden).<br />

Davon sind die Coccolithophoriden von beson<strong>der</strong>er<br />

Bedeutung, da diese einzelligen Primärproduzenten,<br />

die großflächige Planktonblüten mit nur wenigen<br />

Arten erzeugen können, einen großen Beitrag <strong>zu</strong>m<br />

Export von Kalziumkarbonat in die Tiefsee leisten<br />

und daher eine wesentliche Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf<br />

spielen (Riebesell et al., 2000; Zon<strong>der</strong>van<br />

et al., 2001; Kap. 4.3.5). Bei Experimenten<br />

sowohl mit Monokulturen als auch mit natürlichen<br />

Planktongesellschaften zeigte sich, dass sich die<br />

Kalkbildung <strong>der</strong> Coccolithophoriden bei erhöhten<br />

Lebensgemeinschaft<br />

Benthos<br />

Benthos<br />

Plankton<br />

Benthos<br />

Benthos<br />

Flügelschnecken nein Aragonit Plankton<br />

An<strong>der</strong>e Mollusken* nein Aragonit o<strong>der</strong><br />

Kalzit<br />

Benthos o<strong>der</strong><br />

Plankton<br />

Stachelhäuter nein Mg-Kalzit Benthos<br />

Krebstiere* nein Kalzit Benthos o<strong>der</strong><br />

Plankton<br />

Tabelle 4.3-1<br />

Gruppen kalkbilden<strong>der</strong><br />

<strong>Meere</strong>sorganismen. Kalk<br />

(Kalziumkarbonat) kommt<br />

in verschiedenen Kristallformen<br />

vor. Aragonit löst<br />

sich bei geringen<br />

Karbonationenkonzentrationen<br />

schneller als<br />

Kalzit, aber langsamer als<br />

magnesiumhaltiges Kalzit<br />

(Mg-Kalzit).<br />

*: nicht alle Arten <strong>der</strong><br />

Gruppe sind Kalkbildner.<br />

Quelle: nach Raven et al.,<br />

2005

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!