Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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den Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels solle mit Hilfe des<br />
Least Developed Countries Fund sowie des Special<br />
Climate Change Fund im Rahmen <strong>der</strong> Klimarahmenkonvention<br />
erfolgen. Dagegen ist ein<strong>zu</strong>wenden,<br />
dass es sich hier wohl kaum um eine eigentliche<br />
Kompensation im Sinne einer Entschädigung für klimabedingte<br />
Schäden handelt. Es ist darüber hinaus<br />
vorstellbar, dass die United Nations Compensation<br />
Commission in diesem Bereich tätig wird; so hat sie<br />
beispielsweise kürzlich Kompensationszahlungen für<br />
Umweltschäden aus dem Golfkrieg 1990–1991 <strong>zu</strong>gesprochen<br />
(Sands, 2003). Allerdings erscheint auch<br />
dieses Instrument für spezifische Kompensationen<br />
für durch den klimabedingten <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
verursachte Schäden <strong>zu</strong> unspezifisch. Man könnte<br />
sich allenfalls vorstellen, die Verwaltung des hier postulierten<br />
eigenständigen Kompensationsregimes<br />
einem bestehenden Gremium an<strong>zu</strong>vertrauen.<br />
3.5<br />
Forschungsempfehlungen<br />
Hurrikanbildung und -stärke<br />
Der Zusammenhang von Hurrikanaktivität und globaler<br />
Erwärmung muss besser erforscht werden,<br />
sowohl durch weitere Datenanalysen <strong>zu</strong>r vergangenen<br />
Entwicklung als auch durch Modellierung <strong>der</strong><br />
künftigen Entwicklung des Hurrikanklimas, einschließlich<br />
<strong>der</strong> möglichen Gefährdung bisher nicht<br />
betroffener Gebiete (Südamerika, Südeuropa).<br />
Ausmaß und Geschwindigkeit des<br />
<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />
<strong>Die</strong> größte Unsicherheit über den künftigen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
liegt im Verhalten <strong>der</strong> Kontinentaleismassen<br />
in Grönland und <strong>der</strong> Antarktis. <strong>Die</strong>se Unsicherheit<br />
<strong>zu</strong> reduzieren benötigt Anstrengungen <strong>zu</strong>m<br />
besseren Verständnis <strong>der</strong> Eisdynamik und einen Entwicklungsschub<br />
bei den Kontinentaleismodellen.<br />
Da<strong>zu</strong> gehört auch die Erforschung <strong>der</strong> Stabilität <strong>der</strong><br />
Eisschelfe und <strong>der</strong>en Wechselwirkung mit dem Kontinentaleis.<br />
Weitere Unsicherheiten liegen in <strong>der</strong><br />
Ozeandynamik, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Intensität <strong>der</strong><br />
Durchmischung <strong>der</strong> Ozeane, die einen starken Einfluss<br />
auf den <strong>Meere</strong>sspiegel hat und <strong>der</strong>en Beschreibung<br />
in globalen Klimamodellen verbessert werden<br />
sollte.<br />
Globales Schadenspotenzial des<br />
<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />
Im allgemeinen Kontext <strong>der</strong> Frage nach einem<br />
„gefährlichen Klimawandel“ ist die Teilfrage nach<br />
einem „gefährlichen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg“ möglichst<br />
quantitativ <strong>zu</strong> beantworten. Da<strong>zu</strong> müssen die<br />
gesundheitlichen, sozioökonomischen und ökologi-<br />
Forschungsempfehlungen 3.5<br />
schen Folgen für verschiedene Szenarien (x m<br />
Anstieg in y Jahren) global aufsummiert werden. <strong>Die</strong><br />
heutigen Abschät<strong>zu</strong>ngen sind in dieser Hinsicht nicht<br />
belastbar und durch eine neue Generation von<br />
Impaktanalysen <strong>zu</strong> ersetzen. <strong>Die</strong> provisorische absolute<br />
Leitplanke des <strong>WBGU</strong> (maximal 1 m <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg)<br />
könnte auf diese Weise präzisiert<br />
werden.<br />
Verwundbarkeit von Küstenmegastädten in<br />
Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />
Klimawandel und Urbanisierung sind dominierende<br />
Trends des Globalen Wandels. Das Zusammenwirken<br />
bei<strong>der</strong> Entwicklungen in den großen Küstenstädten<br />
in Entwicklungslän<strong>der</strong>n kann <strong>zu</strong> einer<br />
nahe<strong>zu</strong> unbeherrschbaren Lage führen, insbeson<strong>der</strong>e<br />
wenn das Arsenal <strong>der</strong> Antwortstrategien wegen<br />
sozialer, ökonomischer und institutioneller Defizite<br />
beschränkt ist. Für die beson<strong>der</strong>s kritischen Megastädte<br />
(z. B. Lagos, Mumbai, Havanna) sollten interdisziplinäre<br />
Studien <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Problemhöhe<br />
durchgeführt werden.<br />
Regionale Portfolio-Strategien des<br />
Küstenmanagements<br />
Durch die dramatischen geophysikalischen Auswirkungen<br />
des Klimawandels auf die Küstenzonen<br />
(selbst im Falle energischer Maßnahmen <strong>zu</strong>r Reduktion<br />
<strong>der</strong> globalen Treibhausgasemissionen) müssen<br />
die traditionellen Konzepte des Küstenmanagements<br />
revidiert werden. Insbeson<strong>der</strong>e gilt es <strong>zu</strong><br />
bewerten, in welchem Verhältnis die Strategieelemente<br />
Schutzgewährung, qualifizierter Rück<strong>zu</strong>g<br />
und Akkommodation stehen sollten. Für diese<br />
Bewertung sind u. a. Kosten-Nutzen-Analysen <strong>zu</strong><br />
entwickeln, die den neuartigen Schadenspotenzialen<br />
Rechnung tragen. Gegenwärtig gibt es solche Untersuchungen<br />
nur für vereinzelte Küstenabschnitte, z. B.<br />
in Großbritannien. Eine integrierte Neuabschät<strong>zu</strong>ng<br />
robuster und effektiver Portfolio-Strategien für die<br />
deutschen Küsten erscheint dringend geboten.<br />
„<strong>Meere</strong>sflüchtlinge“: Rechtliche und<br />
institutionelle Aspekte<br />
Mit <strong>der</strong> Bedrohung von Küstenregionen und potenziellen<br />
Vernichtung ganzer Staatsterritorien durch<br />
den klimabedingten <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg entsteht<br />
ein neuartiges Migrationsproblem, dessen rechtliche<br />
Dimensionen ausgelotet werden müssen.<br />
Forschungsbedarf besteht insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Ausgestaltung<br />
völkerrechtlicher Regelungen bezüglich<br />
<strong>der</strong> Aufnahme von „<strong>Meere</strong>sflüchtlingen“, Kompensationsleistungen<br />
und verursachergerechter Lastenverteilung.Von<br />
großer Bedeutung für die Lösung <strong>der</strong><br />
rechtlichen Probleme sind in diesem Zusammenhang<br />
auch Fortschritte bei <strong>der</strong> wissenschaftlichen Zuweis-<br />
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