13.08.2013 Aufrufe

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

64<br />

3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />

Analyse und Exploration effektiver und fairer Lastenverteilungssysteme<br />

angeht.<br />

Als weitere Schwierigkeit kommt hin<strong>zu</strong>, dass<br />

„Umweltflüchtlinge“ keiner gängigen Kategorie des<br />

internationalen Flüchtlings- und Migrationsrechts<br />

entsprechen (GCIM, 2005). Flüchtling ist gemäß <strong>der</strong><br />

Genfer Flüchtlingskonvention nur, wer aus politischen,<br />

ethnischen, religiösen o<strong>der</strong> vergleichbaren<br />

Gründen verfolgt wird. Es lassen sich also keine spezifischen<br />

völkerrechtlichen Pflichten in Be<strong>zu</strong>g auf<br />

den Umgang mit „<strong>Meere</strong>sflüchtlingen“ ableiten.<br />

<strong>Die</strong>se Lücke im internationalen Flüchtlingsrecht<br />

muss nach Ansicht des <strong>WBGU</strong> geschlossen werden.<br />

Denkbar sind dabei bilaterale Abkommen etwa mit<br />

Nachbarstaaten o<strong>der</strong> ein multilaterales Abkommen.<br />

Bei letzterem stellt sich die Frage, ob entwe<strong>der</strong> die<br />

bestehenden Konventionen, insbeson<strong>der</strong>e die UN-<br />

Flüchtlingskonvention, entsprechend ergänzt werden<br />

können, ohne dabei die Defintion des Flüchtlingsbegriffs<br />

selbst neu <strong>zu</strong>r Verhandlung <strong>zu</strong> stellen,<br />

o<strong>der</strong> ob <strong>der</strong> Abschluss eines spezifischen Abkommens<br />

sinnvoller wäre. Gemäß dem Non-Refoulement-Prinzip<br />

dürfen verfolgte Personen nicht in<br />

einen Staat abgeschoben werden, in dem ihnen Folter<br />

o<strong>der</strong> unmenschliche Behandlung droht. Analog<br />

da<strong>zu</strong> müssten sich die Staaten verpflichten, <strong>Meere</strong>sflüchtlinge<br />

nicht in ihren Herkunftsstaat ab<strong>zu</strong>schieben,<br />

wenn die Lebensumstände als Folge des Klimawandels<br />

dort un<strong>zu</strong>mutbar geworden sind, d. h. ein<br />

menschenwürdiges Leben nicht möglich bzw. das<br />

Existenzminimum nicht gewährleistet ist. <strong>Die</strong><br />

Bedeutung einer solchen Rechtsentwicklung dürfte<br />

dabei über die beson<strong>der</strong>e Problematik <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sflüchtlinge<br />

hinausgehen, also auch an<strong>der</strong>e Formen<br />

umweltbedingter Migration betreffen.<br />

3.4.2.4<br />

Kompensation für Landverluste<br />

Sowohl im Zusammenhang mit dem Verlust an Territorium<br />

als auch mit dem Untergang von Inselstaaten<br />

spielen Fragen <strong>der</strong> Entschädigung eine wichtige<br />

Rolle. Dabei sind verschiedene Konstellationen <strong>zu</strong><br />

unterscheiden.<br />

Soweit es um die rein nationale Ebene geht, also<br />

um Schäden von Privaten aufgrund des (Wert-)Verlusts<br />

von Eigentum o<strong>der</strong> von Einnahmenverlusten,<br />

ist die nationale Rechtsordnung <strong>zu</strong>grunde <strong>zu</strong> legen,<br />

womit dieser Fall für das vorliegende Gutachten<br />

nicht relevant ist. Allerdings können mögliche internationale<br />

Vereinbarungen Rückwirkungen auf die<br />

privaten Akteure entfalten, indem etwa ein Staat die<br />

Aufbringung international vereinbarter Kompensationszahlungen<br />

durch Angaben und Steuern auf den<br />

Privatsektor überwälzt.<br />

Von Bedeutung ist hingegen die Frage, ob und<br />

inwieweit die internationale Gemeinschaft o<strong>der</strong> einzelne<br />

an<strong>der</strong>e Staaten <strong>zu</strong> Kompensationszahlungen<br />

verpflichtet sind, wenn in einem Staat aufgrund des<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs direkte o<strong>der</strong> indirekte Schäden<br />

eintreten. <strong>Die</strong>se Frage ist auf Grundlage des geltenden<br />

Völkerrechts nach herrschen<strong>der</strong> Meinung<br />

und auf Grundlage <strong>der</strong> diesbezüglich klaren Staatenpraxis<br />

<strong>zu</strong> verneinen: Auch wenn das Problem des<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs kaum durch die betroffenen<br />

Insel- o<strong>der</strong> Küstenstaaten selbst, son<strong>der</strong>n hauptsächlich<br />

durch die Emission von Treibhausgasen in<br />

den Industrie- und Schwellenlän<strong>der</strong> verursacht wird,<br />

lässt sich beim <strong>der</strong>zeitigen Stand des Völkerrechts<br />

we<strong>der</strong> eine Pflicht <strong>zu</strong>r Wie<strong>der</strong>gutmachung noch <strong>zu</strong>m<br />

Schadensersatz nachweisen. Hintergrund ist die völkerrechtlich<br />

letztlich noch nicht befriedigend gelöste<br />

Problematik <strong>der</strong> Summationseffekte gewisser Verhaltensweisen<br />

und <strong>der</strong> teilweise un<strong>zu</strong>reichend nachweisbaren<br />

Kausal<strong>zu</strong>sammenhänge. Beim <strong>der</strong>zeitigen<br />

Stand des internationalen Rechts greift daher das<br />

völkergewohnheitsrechtlich anerkannte Verbot<br />

erheblicher grenzüberschreiten<strong>der</strong> Umweltbeeinträchtigungen<br />

nicht (Epiney, 1995; Beyerlin, 2000;<br />

Wolfrum, 2000; Sands, 2003). Nichtsdestotrotz sind<br />

die Ursache-Wirkungs-Beziehungen in vielerlei Hinsicht<br />

bewiesen, und es lässt sich nicht bezweifeln, dass<br />

die meeresbezogenen Klimafolgen bestimmte Entwicklungslän<strong>der</strong><br />

vor Probleme stellen, die diese in<br />

finanzieller Hinsicht kaum allein bewältigen können.<br />

Vor diesem Hintergrund empfiehlt <strong>der</strong> <strong>WBGU</strong><br />

den Abschluss eines völkerrechtlichen Abkommens,<br />

durch das insbeson<strong>der</strong>e Industrielän<strong>der</strong> verpflichtet<br />

werden, die ausreichende Finanzierung eines international<br />

verwalteten Kompensationsfonds <strong>zu</strong> garantieren.<br />

<strong>Die</strong> Mittel aus diesem Fonds sollten für<br />

Anpassungsprogramme in vom <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

beson<strong>der</strong>s betroffenen Staaten vergeben<br />

werden. <strong>Die</strong> jeweiligen nationalen Beitragspflichten<br />

sollten sich an den verursachten Treibhausgasemissionen<br />

orientieren, so dass die Zahlungen als Kompensation<br />

für die tatsächliche Mitverursachung von<br />

Schäden betrachtet werden (Kap. 3.4.1.5). Ist ein solcher<br />

Kompensationsfonds <strong>zu</strong>r Unterstüt<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong><br />

betroffenen Staaten einmal eingerichtet, dann<br />

könnte er auch Aufgaben im Zusammenhang mit<br />

dem internationalen Lastenausgleich bei <strong>der</strong> Aufnahme<br />

von <strong>Meere</strong>sflüchtlingen infolge des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />

übernehmen und Zahlungen an die<br />

Aufnahmelän<strong>der</strong> leisten (Kap. 3.4.2.3).<br />

Denkbar wäre es auf den ersten Blick zwar auch,<br />

auf die bereits im Rahmen des Klimaregimes bestehenden<br />

finanziellen und technologischen Ressourcentransfers<br />

<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>greifen. So postuliert die Mauritius-Strategie<br />

(Ziff. 78 bis Bst. a) <strong>zu</strong>r För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

SIDS, die Anpassung an den Klimawandel und an

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!