Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />
Kasten 3.4-1<br />
Konfliktpotenzial bei Umsiedlungen<br />
Politische Entscheidungsträger müssen, je nach regionalem<br />
Bedrohungsszenario, die geplante Umsiedlung von Bevölkerungsgruppen<br />
in Betracht ziehen. Allerdings zeigen zahlreiche<br />
Projekte mit unterschiedlichsten sozioökonomischen<br />
und politischen Bedingungen die vielfältigen Probleme,<br />
die durch <strong>der</strong>artige Maßnahmen hervorgerufen werden<br />
können. Als Beispiele können sowohl Staudamm-, als<br />
auch Bergbau- und Infrastrukturprojekte genannt werden<br />
(z. B. Drei-Schluchten-Damm in China, Braunkohletagebau<br />
in Garzweiler, Straßenbau im Großraum Manila usw.).<br />
Regionen ansässigen Menschen nutzen das gefährdete<br />
Land auch weiterhin, jedoch ohne <strong>zu</strong> versuchen,<br />
es vor Überflutungen <strong>zu</strong> schützen. <strong>Die</strong>s kann beispielsweise<br />
durch die Errichtung von Katastrophenmanagementsystemen<br />
geschehen (Aufbau von Notunterkünften,<br />
Erstellung von Einsatzplänen, gezielte<br />
öffentliche Bildung und Kommunikation). Ebenso<br />
ist es möglich, die Landnut<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> verän<strong>der</strong>n, z. B.<br />
durch den Anbau von Getreidesorten, die gegenüber<br />
<strong>zu</strong>nehmen<strong>der</strong> Bodenversal<strong>zu</strong>ng bzw. Überflutung<br />
resistent sind o<strong>der</strong> durch die Umwandlung von<br />
Ackerland in Fisch<strong>zu</strong>chtanlagen. Darüberhinaus<br />
beinhaltet Akkommodation bauliche Maßnahmen<br />
(erhöhte Bauweise, Keller- und Gebäudeabdichtungen).<br />
Portfolio-Ansatz<br />
Häufig werden diese Optionen nicht alternativ<br />
umgesetzt, son<strong>der</strong>n in Strategien kombiniert. Es wird<br />
also ein „Portfolio-Ansatz“ verfolgt, um angemessene<br />
Antworten auf die regionalen Rahmenbedingungen<br />
<strong>zu</strong> geben. Eine mögliche Strategiekombination<br />
stellt <strong>der</strong> partielle Rück<strong>zu</strong>g dar, wonach allein<br />
Gebiete, die eine hohe Konzentration von Menschen,<br />
Werten und Funktionen aufweisen, geschützt<br />
werden. <strong>Die</strong> an<strong>der</strong>en Gebiete werden <strong>der</strong> Überflutung<br />
preisgegeben. Schutzmaßnahmen wären demnach<br />
schwerpunktmäßig in politischen und wirtschaftlichen<br />
Zentren, wie (Groß-)Städten und<br />
Industriegebieten, durch<strong>zu</strong>führen. Ein beson<strong>der</strong>er<br />
Fokus liegt hierbei auf dem Schutz <strong>der</strong> „kritischen<br />
Infrastruktur“, also <strong>der</strong>jenigen Infrastruktur, die so<br />
wesentlich ist, dass sich ihre Zerstörung destabilisierend<br />
auf das öffentliche Leben und die wirtschaftliche<br />
Aktivität eines Landes auswirken würde.<br />
Als weitere Strategie kommt die Verknüpfung<br />
von Schutzgewährung und Akkommodation in<br />
Frage. Hierbei könnte z. B. das Ziel definiert werden,<br />
die Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit von Küsten durch die<br />
Erhaltung von Mangrovenwäl<strong>der</strong>n als natürliche<br />
Barriere <strong>zu</strong> stärken. Im Rahmen <strong>der</strong> lokalen Land-<br />
Zwar handelt es sich bei <strong>der</strong> Umsiedlung von gefährdeten<br />
Küstenbewohnern in <strong>der</strong> Regel um eine Notwendigkeit<br />
<strong>zu</strong>m Schutz <strong>der</strong> betroffenen Personen, es ist aber auch hier<br />
beträchtliches Konfliktpotenzial ab<strong>zu</strong>sehen. Beispielsweise<br />
können Entscheidungen für den Schutz wichtiger Infrastruktureinrichtungen<br />
eine Ungleichbehandlung von Bevölkerungsgruppen<br />
darstellen (die Bevölkerung nahe einer<br />
<strong>zu</strong> schützenden Einrichtung wird ebenfalls geschützt, während<br />
an<strong>der</strong>e Siedlungen geräumt werden). Zudem ist mit<br />
einer Verschärfung von Nut<strong>zu</strong>ngskonflikten im Zielgebiet<br />
<strong>der</strong> Umsiedlung <strong>zu</strong> rechnen (Konflikte zwischen alteingesessenen<br />
Bewohnern und neuen Siedlern). Mit massiven<br />
Wi<strong>der</strong>ständen ist vor allem in solchen Regionen <strong>zu</strong> rechnen,<br />
in denen Umsiedlungsprogramme in <strong>der</strong> Vergangenheit als<br />
staatliche Repressionsmaßnahme genutzt wurde.<br />
nut<strong>zu</strong>ngsplanung könnten Rück<strong>zu</strong>gsgebiete geschaffen<br />
bzw. erweitert werden, welche die landwärtige<br />
Verschiebung <strong>der</strong> Ökosysteme erlauben und damit<br />
die Fähigkeit <strong>zu</strong>r autonomen Anpassung unterstützen<br />
würden (Nicholls, 2003).<br />
3.4.1.2<br />
Auswahl von Anpassungsstrategien<br />
Um angemessene Anpassungsstrategien für eine spezifische<br />
Region aus<strong>zu</strong>wählen, können Kosten-Nutzen-Analysen<br />
herangezogen werden (Kasten 3.4-2).<br />
<strong>Die</strong>ses Instrument erfor<strong>der</strong>t umfassende Informationen<br />
über den Zustand <strong>der</strong> Küstengebiete und über<br />
die Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten. In diesem<br />
Kontext muss auch das Zusammenspiel zwischen<br />
Land und Meer für Wirtschaft und Industrie,<br />
Hafenanlagen, Gebäude, Grundwasser und die Entnahme<br />
von Baumaterial bewertet werden (Kullenberg,<br />
2001; SEEDS, 2005). <strong>Die</strong> hierfür notwendigen<br />
Daten werden im Rahmen von Vulnerabilitätsstudien<br />
erhoben und ausgewertet (Burton und Dore,<br />
2000).<br />
An<strong>der</strong>s als Vermeidungsstrategien haben Anpassungsprojekte<br />
im Wesentlichen lokale Effekte, d. h.<br />
sie erzeugen keinen direkten globalen Nutzen für die<br />
Umwelt. Weil <strong>zu</strong>dem das Ausmaß <strong>der</strong> Klimawirkungen<br />
Auswirkungen mit Unsicherheit behaftet ist, sollten<br />
<strong>zu</strong>nächst No-Regret-Maßnahmen ermittelt und<br />
umgesetzt werden. Das sind solche Maßnahmen, die<br />
unabhängig von den letztlich realisierten klimabedingten<br />
Schäden insgesamt einen Vorteil für die<br />
Beteiligten erbringen. Derartige Maßnahmen werden<br />
durch die beteiligten Anspruchsgruppen eher<br />
unterstützt, weil sie den Unsicherheiten des Klimawandels<br />
Rechnung tragen und auch ohne das Eintreten<br />
von Klimaverän<strong>der</strong>ungen <strong>zu</strong> wünschenswerten<br />
Ergebnissen führen. Ein Beispiel hierfür ist eine vorgeschädigte<br />
Küstenregion mit einer hohen Bevölkerungsdichte,<br />
für die ein Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels