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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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54<br />

3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />

möglicherweise deutlich unterhalb von 2°C über<br />

dem vorindustriellen Niveau. <strong>Die</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanke<br />

bestimmt damit insbeson<strong>der</strong>e die längerfristigen<br />

Klimaschutzziele ab <strong>der</strong> zweiten Hälfte des Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />

In den kommenden Jahrzehnten stützt sie<br />

vor allem als <strong>zu</strong>sätzliche Begründung das 2°C-Ziel.<br />

Sollten die Kontinentaleismassen von Grönland und<br />

<strong>der</strong> Antarktis jedoch unerwartet rasch abnehmen,<br />

könnte die <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanke auch schon früher<br />

stärkere Klimaschutzmaßnahmen erfor<strong>der</strong>n als<br />

die 2°C-Leitplanke. Sie gibt daher beson<strong>der</strong>en<br />

Anlass <strong>zu</strong> einer verstärkten Beobachtung <strong>der</strong> Eisschilde,<br />

um rechtzeitig gefährliche Entwicklungen <strong>zu</strong><br />

erkennen.<br />

3.4<br />

Handlungsempfehlungen: Anpassungsstrategien<br />

entwickeln und umsetzen<br />

In seinen bisherigen Arbeiten <strong>zu</strong>r Klimapolitik hat<br />

<strong>der</strong> <strong>WBGU</strong> deutlich gemacht, dass die Priorität auf<br />

Strategien <strong>zu</strong>r Vermeidung von Treibhausgasemissionen<br />

liegen sollte. Selbst wenn es aber gelingt, Treibhausgasemissionen<br />

substanziell <strong>zu</strong> vermeiden und<br />

die <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanke ein<strong>zu</strong>halten, werden<br />

sich einige Auswirkungen des Klimawandels auf<br />

Küstengebiete nicht mehr vermeiden lassen. Um diesen<br />

Auswirkungen <strong>zu</strong> begegnen, sind geeignete Anpassungsmaßnahmen<br />

erfor<strong>der</strong>lich. In Be<strong>zu</strong>g auf<br />

Strategien <strong>zu</strong>r Anpassung an den <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

und an Wetterextremereignisse untersucht <strong>der</strong><br />

<strong>WBGU</strong> vor allem zwei Fragen:<br />

1. Wie kann den <strong>zu</strong> erwartenden Zerstörungen von<br />

Infrastruktur und Siedlungen an Küsten begegnet<br />

werden?<br />

2. Wie lassen sich die Verluste an Territorium völkerrechtlich<br />

regeln?<br />

3.4.1<br />

Küstenregionen an Klimafolgen anpassen<br />

3.4.1.1<br />

Anpassungsoptionen: Kategorisierung und<br />

Bewertung<br />

In welchem Ausmaß die Folgen des Klimawandels <strong>zu</strong><br />

Schäden in Küstengebieten führen und aus Gefahren<br />

Katastrophen werden, ist regional sehr unterschiedlich<br />

und abhängig von <strong>der</strong> Verwundbarkeit <strong>der</strong><br />

betroffenen Gebiete. <strong>Die</strong>se wird von <strong>der</strong> Disposition<br />

und <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit <strong>der</strong> natürlichen, gesellschaftlichen,<br />

infrastrukturellen, ökonomischen, institutionellen<br />

und kulturellen Subsysteme bestimmt<br />

(Titus et al., 1991; Klein et al., 1999). Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit<br />

meint hierbei die Fähigkeit von Subsystemen,<br />

wie<strong>der</strong>holt Störungen auf<strong>zu</strong>fangen, so dass die<br />

wesentlichen Strukturen und Abläufe aufrechterhalten<br />

werden können (Burton und Lim, 2001; Burton et<br />

al., 2002; Adger et al., 2005).<br />

Industrielän<strong>der</strong> werden mit Gefährdungen besser<br />

umgehen können als Entwicklungslän<strong>der</strong>, weil ihnen<br />

Kapazitäten wie eine effiziente institutionelle Infrastruktur,<br />

technisches Wissen und finanzielle Ressourcen<br />

in größerem Umfang <strong>zu</strong>r Verfügung stehen. So<br />

kostete <strong>der</strong> Hurrikan Andrew, ein Ereignis <strong>der</strong> Kategorie<br />

5 gemäß <strong>der</strong> Saffir-Simpson-Hurrikanskala,<br />

1992 in den USA 23 Menschen das Leben. Ein Taifun<br />

mit vergleichbarer Stärke, <strong>der</strong> Bangladesh im Jahre<br />

1991 traf, führte durch weitreichende Überflutungen<br />

dagegen <strong>zu</strong> über 100.000 Toten und Millionen von<br />

Flüchtlingen (Adger et al., 2005).<br />

<strong>Die</strong> Vielzahl von Einflussfaktoren und Wechselwirkungen<br />

macht es notwendig, Anpassungsstrategien<br />

kontextabhängig <strong>zu</strong> entwickeln. Anpassung soll<br />

dabei zwei Zwecken genügen: Der Vermin<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Schäden einerseits und <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit<br />

<strong>der</strong> bereits genannten Subsysteme<br />

an<strong>der</strong>erseits. Grundsätzlich kommen drei verschiedene<br />

Anpassungsoptionen als Antwort auf die skizzierten<br />

Gefährdungen in Betracht: Schutzgewährung<br />

(„protection“), qualifizierter Rück<strong>zu</strong>g („managed<br />

retreat“) und Akkommodation („accommodation“)<br />

(IPCC, 2001b).<br />

Schutzgewährung<br />

Bei <strong>der</strong> Schutzgewährung geht es darum, die Küsten<br />

durch strukturelle Maßnahmen vor dem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

<strong>zu</strong> schützen. In Frage kommen „harte<br />

Maßnahmen“, wie <strong>der</strong> Bau von Dämmen, Deichen<br />

o<strong>der</strong> Sturmflutwehren und „weiche Maßnahmen“,<br />

wie die Erhaltung o<strong>der</strong> Neuanlage schützen<strong>der</strong> Küstenökosysteme<br />

(z. B. Feuchtgebiete, Mangroven,<br />

Inseln) o<strong>der</strong> Sandvorspülungen als natürliche Barrieren.<br />

Harte Strukturanpassungen sind in Bau und<br />

Wartung überaus kostenintensiv. Zudem vergrößern<br />

sie den Druck auf angrenzende Ökosysteme, z. B.<br />

steigt die Gefahr des Verlusts an Feuchtgebieten.<br />

Ohne weitere Eingriffe verlagern sich Feuchtgebiete<br />

bei Überflutungen in <strong>der</strong> Regel landeinwärts. <strong>Die</strong>se<br />

Form <strong>der</strong> autonomen Anpassung wird durch den Bau<br />

von Dämmen verhin<strong>der</strong>t, weil Flächen auf <strong>der</strong> Meerseite<br />

von Dämmen überschwemmt werden während<br />

sich auf <strong>der</strong> Landseite keine neuen Feuchtgebiete<br />

bilden können. Für die Küsten <strong>der</strong> USA wird<br />

geschätzt, dass hierdurch 50% aller vorhandenen<br />

Feuchtgebiete verloren gingen (Titus, 1990). Entlang<br />

<strong>der</strong> Küstenregionen <strong>der</strong> EU wurde <strong>zu</strong>dem beobachtet,<br />

dass harte Strukturanpassungen Erosionsprozesse<br />

in angrenzenden Küstengebieten auslösen bzw.

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