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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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tumsraten werden allerdings durch die Ver<strong>sauer</strong>ung<br />

und Erwärmung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong> und an<strong>der</strong>e Umweltbelastungen<br />

deutlich geringer sein (Kap. 2.4).<br />

<strong>Die</strong> Anpassungsfähigkeit von Mangrovenwäl<strong>der</strong>n<br />

und Stränden hängt stark vom Nachschub an Sedimenten<br />

ab. Ein heute bereits beobachteter Rückgang<br />

<strong>der</strong> Sandstrände entlang vieler Küsten wird als Folge<br />

des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs gesehen (Leatherman,<br />

2001). Ellison und Stoddart (1991) analysieren die<br />

Entwicklung von Mangrovenwäl<strong>der</strong>n während des<br />

Holozäns und kommen <strong>zu</strong> dem Schluss, dass in einer<br />

Situation mit wenig Sedimentnachschub schon die<br />

<strong>der</strong>zeitige Anstiegsrate des <strong>Meere</strong>sspiegels die<br />

Anpassungsfähigkeit überfor<strong>der</strong>t und <strong>zu</strong>m Verlust<br />

von Mangrovenwäl<strong>der</strong>n führen wird. An<strong>der</strong>e Autoren<br />

(Snedaker et al., 1994) argumentieren dagegen,<br />

dass bei günstigem Habitat ein Rück<strong>zu</strong>g <strong>der</strong> Mangroven<br />

landeinwärts auch mit einem deutlich höheren<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg noch Schritt halten könnte.<br />

Solch günstige Bedingungen werden jedoch in vielen<br />

Fällen nicht vorhanden sein. Das globale DIVA-<br />

Modell (Kap. 3.2.1.5) ergibt bei einem Szenario mit<br />

einem nahe<strong>zu</strong> linearen Anstieg um 5 cm pro Jahrzehnt<br />

einen kontinuierlichen Verlust an Mangrovenwäl<strong>der</strong>n,<br />

<strong>der</strong>en Anpassungsgrenze damit also bereits<br />

überschritten ist – bis 2100 würde so ein Viertel aller<br />

Mangrovenwäl<strong>der</strong> verschwinden.<br />

<strong>Die</strong> Szenarien des IPCC (2001a) liefern gegen<br />

Ende dieses Jahrhun<strong>der</strong>ts Anstiegsraten von 3–7 cm<br />

pro Jahrzehnt, im Extremfall bis <strong>zu</strong> 13 cm pro Jahrzehnt.<br />

In Anbetracht dieser Tatsachen schlägt <strong>der</strong><br />

<strong>WBGU</strong> als Leitplanke für eine maximale Anstiegsrate<br />

5 cm pro Jahrzehnt vor. Dabei muss beachtet<br />

werden, dass auch die Einhaltung dieser Leitplanke<br />

nicht vor bereits erheblichen Schäden schützt, wie<br />

dies auch bei den an<strong>der</strong>en Leitplanken des <strong>WBGU</strong><br />

<strong>der</strong> Fall ist (Kasten 1-1).<br />

3.3.3<br />

Umsetzbarkeit<br />

Der aktuelle und künftig absehbare <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

ist nahe<strong>zu</strong> vollständig vom Menschen verursacht,<br />

daher ist <strong>der</strong> weitere Verlauf auch vom Menschen<br />

beeinflussbar. Grenzen werden <strong>der</strong> Kontrollierbarkeit<br />

einerseits durch die langen Zeitskalen in<br />

<strong>der</strong> Reaktion des <strong>Meere</strong>sspiegels gesetzt (Jahrhun<strong>der</strong>te),<br />

an<strong>der</strong>erseits durch die schwere Vorhersagbarkeit<br />

und das möglicherweise stark nichtlineare Verhalten<br />

<strong>der</strong> großen Kontinentaleismassen. Dennoch<br />

sind die vorgeschlagenen Leitplanken nach heutigem<br />

Wissensstand durch eine geeignete Klimaschutzstrategie<br />

einhaltbar.<br />

Leitplanke: <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg 3.3<br />

Eine Stabilisierung <strong>der</strong> globalen Temperatur bei<br />

2°C über dem vorindustriellen Niveau würde nach<br />

Modellrechnungen allein durch thermische Expansion<br />

langfristig (nach 1.000 Jahren) <strong>zu</strong> einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

um etwa 0,5 m führen. Da<strong>zu</strong> käme ein<br />

Anteil von Gebirgsgletschern von etwa 20 cm (Kap.<br />

3.1.1.4). Entscheidend für die Einhaltung <strong>der</strong> Leitplanke<br />

wäre demnach, ein größeres Abschmelzen<br />

<strong>der</strong> Kontinentaleismassen in Grönland und <strong>der</strong> Antarktis<br />

<strong>zu</strong> verhin<strong>der</strong>n. Weitere Forschung muss ergeben,<br />

welche Begren<strong>zu</strong>ng des globalen Temperaturanstiegs<br />

da<strong>zu</strong> erfor<strong>der</strong>lich ist. Denkbar ist, dass dies<br />

langfristig wie<strong>der</strong> ein Absinken <strong>der</strong> Temperatur<br />

unter die 2°C-Grenze notwendig machen könnte.<br />

<strong>Die</strong> Leitplanke <strong>der</strong> Anstiegsgeschwindigkeit<br />

würde in diesem Jahrhun<strong>der</strong>t nur von <strong>der</strong> pessimistischeren<br />

Hälfte <strong>der</strong> IPCC-Szenarien (2001a) überschritten,<br />

die optimistischeren halten sie auch ohne<br />

Klimaschutzmaßnahmen ein. Zu bedenken ist allerdings,<br />

dass die <strong>der</strong>zeit beobachtete Anstiegsrate von<br />

3 cm pro Jahrzehnt bereits deutlich über all diesen<br />

Szenarien liegt (Abb. 3.1-4). Daher muss davon ausgegangen<br />

werden, dass <strong>der</strong> IPCC (2001a) den<br />

Anstieg wahrscheinlich unterschätzt hat, und dass<br />

auch <strong>zu</strong>r Einhaltung dieser Leitplanke Klimaschutzmaßnahmen<br />

erfor<strong>der</strong>lich sind. Geht man von einer<br />

relativ glatten und allmählichen Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Anstiegsrate aus, wie alle Szenarien sie zeigen, würde<br />

die Einhaltung <strong>der</strong> Leitplanke <strong>der</strong> Anstiegsgeschwindigkeit<br />

einen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von maximal<br />

etwa 40 cm im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t bedeuten. <strong>Die</strong>s<br />

wäre das Doppelte des bisherigen anthropogenen<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs.<br />

<strong>Die</strong> Klimaschutz- und <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanken<br />

sind eng miteinan<strong>der</strong> verknüpft, da <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

direkt durch die globale Erwärmung verursacht<br />

wird. In den nächsten Jahrzehnten dürften<br />

die notwendigen Klimaschutzstrategien <strong>zu</strong>r Einhaltung<br />

des 2°C-Ziels und <strong>zu</strong>r Einhaltung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanken<br />

vergleichbar und kompatibel sein.<br />

Dennoch sind diese Leitplanken wegen <strong>der</strong> Langfristigkeit<br />

des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs und <strong>der</strong> Unsicherheiten<br />

im Verhalten <strong>der</strong> Kontinentaleismassen nicht<br />

redundant. Selbst wenn die Klimaschutzleitplanke<br />

eingehalten wird und sich das Klima dauerhaft um<br />

2°C erwärmt, könnte dies bereits <strong>zu</strong>m Abschmelzen<br />

des Grönlandeises und somit <strong>zu</strong>r Verlet<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong><br />

<strong>Meere</strong>sspiegelleitplanke führen. Daher ist denkbar,<br />

dass die <strong>Meere</strong>sspiegelleitplanke vor allem langfristig,<br />

also in kommenden Jahrhun<strong>der</strong>ten, strikte<br />

Emissionsbegren<strong>zu</strong>ngen notwendig macht, damit die<br />

Kontinentaleismassen stabilisiert werden.<br />

Daher muss ein Emissionspfad eingeschlagen<br />

werden, <strong>der</strong> <strong>zu</strong> einer Stabilisierung <strong>der</strong> globalen<br />

Temperatur auf niedrigem Niveau nach 2100 führt,<br />

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