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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />

(Bloomfield et al., 1999). Abbildung 3.3-1 zeigt die<br />

Überschwemmung im südlichen Manhattan, die bei<br />

heutigem <strong>Meere</strong>sspiegel bei einer „Jahrhun<strong>der</strong>tflut“<br />

(Wasserpegel 3 m über normal) auftreten würde.<br />

Hier wäre mit massiven Schäden <strong>zu</strong> rechnen, mit<br />

Überschwemmung von wichtiger Infrastruktur bis<br />

hin <strong>zu</strong> einigen U-Bahnstationen. Bei einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

um 1 m würde diese Sturmfluthöhe<br />

statistisch nicht mehr einmal im Jahrhun<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n<br />

alle vier Jahre erreicht. Eine Jahrhun<strong>der</strong>tflut<br />

würde dann entsprechend weiter in die Straßen von<br />

Manhattan vordringen.<br />

Ähnliche Sturmflutprobleme sind auch in an<strong>der</strong>en<br />

Städten sowie in großen Flussdeltas <strong>zu</strong> erwarten<br />

(z. B. am Gelben Fluss, Yangtze, Ganges-Brahmaputra,<br />

Mississippi o<strong>der</strong> Nil). In Entwicklungslän<strong>der</strong>n<br />

sind in diesen gefährdeten Gebieten häufig arme<br />

Bevölkerungsgruppen konzentriert.<br />

Der IPCC hat bereits in seinem ersten Bericht<br />

eine Reihe von Inselstaaten genannt, die durch den<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg erheblich bedroht wären.Viele<br />

kleine Inselstaaten würden bei einem Anstieg von<br />

1 m bereits einen signifikanten Teil ihrer Landfläche<br />

verlieren (IPCC, 1990). Ein Teil <strong>der</strong> Inseln drohen bei<br />

einem solchen Anstieg durch Sturmfluten unbewohnbar<br />

<strong>zu</strong> werden. Zu den betroffenen Inselstaaten<br />

gehören beispielsweise die Malediven, Kiribati,<br />

Tuvalu und die Marshall Inseln mit rund 500.000<br />

Menschen. Verschärft wird diese Problematik durch<br />

die verstärkten tropischen Wirbelstürme (Kap.<br />

3.1.2). Davon wären auch die in <strong>der</strong> Karibik gelegenen<br />

Inseln Anguilla, Kaiman, Turks- und Caicosinseln<br />

sowie <strong>der</strong> Inselstaat <strong>der</strong> Bahamas, mit insgesamt<br />

380.000 Menschen betroffen. Obwohl einige dieser<br />

Inseln Erhebungen bis <strong>zu</strong> 65 m über den <strong>Meere</strong>sspiegel<br />

aufweisen, würden Sturmfluten dort mit dem<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg immer weiter ins Landesinnere<br />

vordringen. Bei vielen dieser Inseln befindet<br />

sich fast die gesamte Infrastruktur (z. B. Flughäfen,<br />

Straßen) direkt an <strong>der</strong> Küste.<br />

Bei einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von über 1 m<br />

droht außerdem <strong>der</strong> unwie<strong>der</strong>bringliche Verlust von<br />

Welterbestätten. <strong>Die</strong> Kulturgüter <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

besitzen einen „außergewöhnlichen universellen<br />

Wert“ (UNESCO, 1972). <strong>Die</strong> UNESCO hat daher<br />

1972 das „Internationale Übereinkommen <strong>zu</strong>m<br />

Schutz des Kultur- und Naturerbes <strong>der</strong> Welt“ verabschiedet,<br />

welches inzwischen von 180 Staaten unterzeichnet<br />

wurde. Ein wichtiger Bestandteil des Welterbes<br />

ist seine Universalität, es gehört allen Menschen<br />

und Völkern dieser Welt, ganz gleich auf welchem<br />

Territorium es sich befindet.<br />

Dem Schutz dieser Welterbestätten sollte daher<br />

große Bedeutung beigemessen werden. Durch einen<br />

Anstieg von über 1 m wären beispielsweise <strong>der</strong> Itsukushima-Shinto-Schrein<br />

in Japan aus dem 12. Jahr-<br />

hun<strong>der</strong>t und <strong>der</strong> Shore-Tempel im indischen Mahabalipuram<br />

aus dem 8. Jahrhun<strong>der</strong>t direkt bedroht.<br />

Beides sind wichtige religiöse Stätten und erhalten<br />

ihren beson<strong>der</strong>en Charakter durch ihre Lage am<br />

Meer. Um diese vor dem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg <strong>zu</strong><br />

schützen, könnte eine potenzielle Verlegung <strong>der</strong><br />

Denkmäler erwogen werden, was <strong>zu</strong>mindest einen<br />

teilweisen Verlust bedeuten würde, da diese symbolisch<br />

und historisch in ihrer Umgebung verwurzelt<br />

sind.<br />

Durch einen Anstieg um 1 m wären u. a. auch<br />

Venedig und St. Petersburg stark gefährdet. <strong>Die</strong><br />

Sturmflut von 1966 setzte mit Wasserstandshöchstwerten<br />

von 2 m über normal einen Großteil Venedigs<br />

unter Wasser.Als Folge wurden nicht nur Häuser und<br />

Betriebe son<strong>der</strong>n auch wertvolle Kunstwerke zerstört<br />

(Nosengo, 2003). Auch in St. Petersburg könnte<br />

eine Sturmflut verheerende Folgen haben. So schätzt<br />

ein Mitarbeiter <strong>der</strong> European Bank of Reconstruction<br />

and Development (EBRD), dass eine<br />

durch Sturmflut bedingte Wasserstandserhöhung<br />

von 2,5 m rund 10% <strong>der</strong> Stadt überschwemmen<br />

würde, bei einem größeren Anstieg wäre sogar bis <strong>zu</strong><br />

einem Drittel betroffen (Walsh, 2003). Als Folge dieser<br />

Gefährdungen werden <strong>der</strong>zeit umfangreiche Projekte<br />

<strong>zu</strong>m Aufbau von Schutzstrukturen durchgeführt;<br />

im Falle von St. Petersburg auch mit internationaler<br />

Finanzierung.<br />

Auch viele wertvolle Küstenökosysteme würden<br />

durch einen solchen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg bedroht,<br />

z. B. <strong>der</strong> Kakadu Nationalpark in Australien und die<br />

Mangrovenwäl<strong>der</strong> des Sundarban Nationalparks in<br />

Bangladesh und Indien (UNESCO, 2006).<br />

Anstiegsgeschwindigkeit<br />

<strong>Die</strong> Geschwindigkeit des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs darf<br />

die Anpassungsfähigkeit <strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft<br />

und die von <strong>Meere</strong>s- und Küstenökosystemen<br />

nicht überfor<strong>der</strong>n.<br />

<strong>Die</strong> Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen lässt<br />

sich an den Beispielen von Korallenriffen, Mangrovenwäl<strong>der</strong>n<br />

und Stränden abschätzen. Der letzte<br />

große Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels fand am Ende <strong>der</strong><br />

letzten Eiszeit statt, zwischen 18.000 und 5.000 Jahren<br />

vor heute. Seither lag die Anstiegsrate stets<br />

unterhalb von 20 cm pro Jahrhun<strong>der</strong>t, <strong>zu</strong>meist weit<br />

darunter (Walbroeck et al., 2002; Peltier, 2004). Nach<br />

dem Ende dieses großen Anstiegs konnten sich<br />

daher im Holozän Korallenriffe, Strände, Mangrovenwäl<strong>der</strong><br />

und an<strong>der</strong>e Ökosysteme entlang <strong>der</strong> entstandenen<br />

stabilen Küstenlinien neu etablieren.<br />

Das vertikale Wachstum von Korallenriffen wird<br />

mit maximal 10 cm pro Jahrzehnt angegeben (IPCC,<br />

2001b). Bei sehr günstigen Bedingungen könnten sie<br />

also vermutlich mit einer solchen Anstiegsrate des<br />

<strong>Meere</strong>sspiegels Schritt halten. <strong>Die</strong> künftigen Wachs-

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