Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
versorgung und Nahrungssicherheit dar. Zum einen<br />
ist hier die <strong>zu</strong>nehmende Versal<strong>zu</strong>ng von Süßwasserreservoiren<br />
<strong>zu</strong> nennen, die neben <strong>der</strong> Trinkwassergewinnung<br />
auch die landwirtschaftliche Produktivität<br />
in Küstennähe beeinträchtigen kann. Zum an<strong>der</strong>en<br />
können Überschwemmungen <strong>zu</strong> beträchtlichen Ernteausfällen<br />
führen, so wie bei <strong>der</strong> Flut 1998 in Bangladesh,<br />
wo <strong>der</strong> Ausfall <strong>der</strong> Reisernte über die Hälfte<br />
<strong>der</strong> landwirtschaftlichen Verluste insgesamt ausmachte<br />
und sich auf nur 24% des erwarteten Ertrages<br />
<strong>der</strong> landwirtschaftlichen Jahresproduktion belief.<br />
Nahrungsmittelknappheit und Unterernährung sind<br />
mögliche Folgen (del Ninno et al., 2001;WHO, 2002).<br />
Bedingt durch den Schock und die Folgen <strong>der</strong><br />
Ereignisse können Überschwemmungen auch langfristige<br />
Auswirkungen auf die psychische Verfassung<br />
<strong>der</strong> betroffenen Menschen haben. Der Verlust von<br />
Familienmitglie<strong>der</strong>n und Freunden, sozialen Netzwerken,<br />
Eigentum und Arbeit kann <strong>zu</strong> posttraumatischem<br />
Stresssyndrom führen. <strong>Die</strong>ses äußert sich in<br />
Angstgefühlen, Depressionen, psychosozialen Störungen<br />
und kann sogar <strong>zu</strong> einem Anstieg von Selbstmordraten<br />
führen. Es muss damit gerechnet werden,<br />
dass <strong>der</strong>artige psychische Probleme noch Monate bis<br />
Jahre nach einem solchen Ereignis auftreten können<br />
(WHO, 2002).<br />
Laut einer Studie <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation<br />
sterben bereits heute jährlich mehr als 150.000<br />
Menschen an den Folgen des Klimawandels (WHO,<br />
2002). Ursache hierfür sind vor allem die Zunahme<br />
an Durchfallerkrankungen, Malaria und Unterernährung.<br />
Bis <strong>zu</strong>m Jahr 2030, so die Schät<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong><br />
WHO, wird sich das <strong>zu</strong>sätzliche Gesundheitsrisiko<br />
durch den Klimawandel weltweit mehr als verdoppeln<br />
(McMichael et al., 2004). Dabei wird eine starke<br />
Zunahme des relativen Überschwemmungsrisikos<br />
prognostiziert, mit geringeren Zuwächsen bei Malaria,<br />
Unterernährung und Durchfallerkrankungen.<br />
<strong>Die</strong>se geringeren relativen Verän<strong>der</strong>ungen können<br />
aber eine weitaus höhere Krankheitsbürde verursachen.<br />
Also scheinen Infektionskrankheiten ein größeres<br />
Risiko für den Menschen dar<strong>zu</strong>stellen als die<br />
direkten Auswirkungen des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs.<br />
Allerdings vernachlässigen die heutigen Modelle<br />
Tabelle 3.2-1<br />
Klassifizierung <strong>der</strong> durch<br />
einen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
verursachten Schäden.<br />
Quelle: verän<strong>der</strong>t nach<br />
Fankhauser, 1995<br />
Auswirkungen auf Küstengebiete 3.2<br />
noch mögliche Wechselwirkungen zwischen diesen<br />
verschiedenen Gesundheitsrisiken.<br />
3.2.2.2<br />
Volkswirtschaftliche Schäden<br />
Bereiche Schäden o<strong>der</strong> Verluste<br />
Auch die monetäre Bewertung <strong>der</strong> Auswirkungen<br />
des Klimawandels auf Küstengebiete stellt die Wissenschaft<br />
vor große Herausfor<strong>der</strong>ungen. Um Aussagen<br />
über die Gesamtkosten <strong>der</strong> meeresbezogenen<br />
Auswirkungen des Klimawandels treffen <strong>zu</strong> können,<br />
bedarf es detaillierter, räumlich <strong>hoch</strong>aufgelöster<br />
Analysen, die Aussagen über die <strong>zu</strong> erwartenden<br />
Schäden erlauben. <strong>Die</strong>se Schäden können in vielfältiger<br />
Form auftreten und reichen von Vermögensschäden<br />
bis hin <strong>zu</strong> Kosten aus dem Verlust an Menschenleben<br />
o<strong>der</strong> aus dem Verlust biologischer Vielfalt<br />
und von Ökosystemleistungen. Tabelle 3.2-1 gibt<br />
einige Beispiele für die von einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
betroffenen Bereiche und die <strong>zu</strong> erwartenden<br />
Schäden und Verluste.<br />
Um potenzielle Sachschäden und Auswirkungen<br />
auf den Menschen <strong>zu</strong> beurteilen, ist <strong>zu</strong> berücksichtigen,<br />
dass zahlreiche Megastädte von einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
betroffen sein werden. Von den weltweit<br />
20 Megastädten befinden sich 15 in exponierter<br />
Lage <strong>zu</strong>m Meer (berechnet nach Daten von Klein et<br />
al., 2002; UN, 2004), darunter Tokio, Mumbai und<br />
New York. Da mit <strong>der</strong> Entwicklung von Megastädten<br />
oft eine Verschärfung bereits bestehen<strong>der</strong>, lokaler<br />
Umweltprobleme einhergeht, wie z. B. das Absinken<br />
des Grundwasserspiegels, mangelt es diesen Gebieten<br />
an natürlichen Pufferkapazitäten, um die Folgen<br />
des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs aus<strong>zu</strong>gleichen. Beispielsweise<br />
könnte hier die Trinkwasserversorgung gefährdet<br />
werden. <strong>Die</strong>se zählt neben Verkehrs-, Telekommunikations-<br />
und Energieversorgungsnetzen, dem<br />
Notfall-, Rettungs- und Gesundheitswesen, aber<br />
auch dem Einzelhandel, <strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung,<br />
Finanz- und Rechnungswesen <strong>zu</strong>r so genannten kritischen<br />
Infrastruktur (Bruneau et al., 2003; DRM,<br />
2006). Darunter versteht man Einrichtungen, die<br />
eine Erfüllung lebenswichtiger Bedürfnisse und die<br />
Sicherheit <strong>der</strong> Bevölkerung garantieren, die Ord-<br />
Infrastruktur Gebäude, Verkehrsinfrastruktur (Straßen, Bahnnetze, Häfen,<br />
Flughäfen), Energieinfrastruktur, Küstenschutzstrukturen<br />
Wirtschaftliche Sektoren Fischerei, Landwirtschaft, Forstwirtschaft (Holzgewinnung in<br />
Mangrovenwäl<strong>der</strong>n), Tourismus, Transport/Verkehr<br />
Menschliches Wohlbefinden Sterblichkeit, Verbreitung von Krankheiten, Flucht/Migration,<br />
Verlust von Landschaften und Kulturgütern<br />
Ökosysteme Leistungen <strong>der</strong> Küstenökosysteme, biologische Vielfalt einschließlich<br />
einiger artenreicher Inseln, Störung des Gleichgewichts<br />
von Süß- und Salzwasser<br />
49