Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />
Rückkehr in evakuierte Gebiete abraten o<strong>der</strong> dies<br />
sogar unterbinden (Brooks et al., 2006). Aus den<br />
Wechselwirkungen dieser Faktoren und Maßnahmen<br />
wird sich letztendlich die tatsächliche Zahl <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sflüchtlinge<br />
bestimmen.<br />
In jedem Fall müssen <strong>Meere</strong>sflüchtlinge langfristig<br />
wie<strong>der</strong> an an<strong>der</strong>en Orten angesiedelt werden und<br />
stellen die Politik so vor neuartige Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />
<strong>Die</strong>s gilt vor allem für die Bewohner einiger tief<br />
liegen<strong>der</strong> Atolle wie z. B. den Malediven, Marshall<br />
Inseln, Kiribati, Tuvalu o<strong>der</strong> Tokelau. <strong>Die</strong>se Inselstaaten,<br />
mit einer Gesamtbevölkerung von über<br />
500.000 Menschen (CIA, 2005), liegen durchschnittlich<br />
nur 2 m über dem <strong>Meere</strong>sspiegel und laufen<br />
deshalb Gefahr, durch den Klimawandel unbewohnbar<br />
<strong>zu</strong> werden o<strong>der</strong> völlig <strong>zu</strong> verschwinden.<br />
Ihre Bewohner sind einer stets wachsenden Gefahr<br />
von Versal<strong>zu</strong>ng und Trinkwasserknappheit und<br />
erhöhten Sturm- und Überschwemmungsrisiken ausgesetzt,<br />
selbst wenn die 1-m-Leitplanke (Kap. 3.3)<br />
erfolgreich eingehalten werden sollte (Barnett und<br />
Adger, 2003). <strong>Die</strong>se Faktoren wirken sich bereits<br />
heute aus: <strong>Die</strong> ersten Umsiedlungen auf höher gelegene<br />
Gebiete fanden bereits im Dezember 2005 auf<br />
<strong>der</strong> pazifischen Insel Vanuatu statt. In diesem Fall<br />
war die Umsiedlung des Dorfes Lateu durch die<br />
immer kürzer werdenden Abstände zwischen Sturmfluten<br />
notwendig geworden. Das Umweltprogramm<br />
<strong>der</strong> Vereinten Nationen (UNEP) betrachtet diese<br />
Umsiedlung als die wahrscheinlich erste formal<br />
registrierte Maßnahme dieser Art, die sich direkt aus<br />
den Folgen des Klimawandels ergibt (UNEP, 2005).<br />
Es gibt bereits offizielle Programme, die sich mit<br />
dem Problem <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sflüchtlinge beschäftigen.<br />
Neuseeland hat mit den Regierungen von Tuvalu,<br />
Fiji, Kiribati und Tonga innerhalb <strong>der</strong> „Pacific Access<br />
Category“ Einwan<strong>der</strong>ungsregelungen für <strong>der</strong>en<br />
Bewohner getroffen. Jedes Jahr erhält eine<br />
bestimmte Anzahl von Flüchtlingen, <strong>der</strong>en Status<br />
sich direkt aus den Folgen des Klimawandels ergibt,<br />
eine Aufenthaltserlaubnis für Neuseeland. Allerdings<br />
ist die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis<br />
an eine Reihe Bedingungen geknüpft, die<br />
<strong>der</strong>zeit die Älteren und Armen noch ausschließt<br />
(Friends of the Earth, 2005). Es bedarf hier also einer<br />
völkerrechtlichen Regelung, die das Recht <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sflüchtlinge<br />
auf Aufnahme in an<strong>der</strong>en Staaten festschreibt<br />
(Kap. 3.4.2.3).<br />
Bedrohung menschlicher Gesundheit<br />
An <strong>der</strong> Küste bedrohen vor allem Sturmfluten und<br />
Überschwemmungen das Leben und die Gesundheit<br />
vieler Menschen. Bereits heute sind insgesamt<br />
75 Mio. Menschen in Küstenregionen von sturmbedingten<br />
Überschwemmungen bedroht. Nimmt man<br />
ein mittleres Klimawandelszenario mit einem<br />
<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von 0,4 m bis <strong>zu</strong> den 2080er<br />
Jahren an, so wird diese Zahl schät<strong>zu</strong>ngsweise auf<br />
200 Mio. ansteigen (IPCC, 2001b; Patz et al., 2005).<br />
Bei <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> gesundheitlichen Folgen<br />
von Sturmfluten und Überschwemmungen lässt sich<br />
zwischen <strong>der</strong>en direkten, mittel- und langfristigen<br />
Auswirkungen unterscheiden. Unter direkten Auswirkungen<br />
versteht man diejenigen, die unmittelbar<br />
während des Ereignisses auftreten und durch das<br />
Einwirken des Hochwassers ausgelöst werden. Da<strong>zu</strong><br />
zählen Todesfälle und Verlet<strong>zu</strong>ngen, die auf Ertrinken<br />
und den Aufprall auf harte Gegenstände <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen<br />
sind, Unterkühlung und Herzstillstand<br />
(WHO, 2002). <strong>Die</strong> Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) berechnete in diesem Zusammenhang, dass<br />
das relative Risiko im Jahr 2030 durch Überschwemmungen<br />
in Küstengebieten <strong>der</strong> EUR-B-<br />
Region getötet <strong>zu</strong> werden 6,3-mal höher sei als in den<br />
Basisjahren 1980–1999 (McMichael et al., 2004). Zu<br />
den davon betroffenen Staaten <strong>der</strong> EUR-B-Region<br />
zählen einige <strong>der</strong> ehemaligen Sowjetrepubliken,<br />
mehrere Balkanlän<strong>der</strong>, sowie die Türkei, Polen und<br />
die <strong>zu</strong>künftigen EU-Staaten Bulgarien und Rumänien.<br />
<strong>Die</strong> mittelfristigen Auswirkungen von Überschwemmungen<br />
äußern sich vor allem in <strong>der</strong><br />
Zunahme übertragbarer Krankheiten, verursacht<br />
durch die Aufnahme von o<strong>der</strong> den Kontakt mit kontaminiertem<br />
Wasser (z. B. Cholera, Hepatitis A, Leptospirose)<br />
o<strong>der</strong> Atemwegsinfektionen aufgrund<br />
überfüllter Unterkünfte (IPCC, 2001b). Das Fehlen<br />
funktionieren<strong>der</strong> sanitärer Einrichtungen und einer<br />
öffentlichen Gesundheitsversorgung erhöht in ärmeren<br />
Län<strong>der</strong>n diese Risiken noch <strong>zu</strong>sätzlich. Beispielsweise<br />
gehörten nach <strong>der</strong> Flutkatastrophe 1988 in<br />
Bangladesh Diarrhoe und Atemwegsinfektionen <strong>zu</strong><br />
den häufigsten Krankheiten, und die wässrige Diarrhoe<br />
wurde <strong>zu</strong>r häufigsten Todesursache für alle<br />
Altersgruppen unter 45 Jahren (Siddique et al.,<br />
1991).<br />
Längerfristig gesehen können die Folgen des<br />
<strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs da<strong>zu</strong> beitragen, die Häufigkeit<br />
und Verteilung von Krankheitsüberträgern <strong>zu</strong><br />
beeinflussen. So wird sich die Überflutung von Küstenregionen<br />
auf das Vorkommen von in Brackwasser<br />
brütenden Mücken auswirken, z. B. auf die Malariaüberträger<br />
Anopheles subpictus und A. sundaicus in<br />
Asien. Überflutungen könnten aber auch die natürlichen<br />
Lebensräume von Krankheitserregern zerstören,<br />
wie beispielsweise des EEE-Virus (östliches<br />
Pferde-Enzephalitis-Virus) das in Süßwasserfeuchtgebieten<br />
entlang <strong>der</strong> Küsten <strong>der</strong> USA <strong>zu</strong> finden ist<br />
(IPCC, 2001b).<br />
Zusätzlich stellen <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg und<br />
die Folgen von Sturmfluten und Überschwemmungen<br />
auch eine Bedrohung <strong>der</strong> Trinkwasser-