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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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Viele Autoren, wie beispielsweise auch Zhang et<br />

al. (2004), beziehen sich in ihren Prognosen über die<br />

durch <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg bedingte Erosion von<br />

Küstenbereichen auf die Bruun’sche Regel (Bruun,<br />

1962). <strong>Die</strong>se besagt, dass Erosionsraten ungefähr 50–<br />

100-mal höher als die relativen Anstiegsraten des<br />

<strong>Meere</strong>sspiegels sind, d. h. ein <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

von 1 m würde den Verlust eines 50–100 m breiten<br />

Küstenstreifens nach sich ziehen. <strong>Die</strong> Meinungen<br />

über die allgemeine Anwendbarkeit <strong>der</strong> Bruun’schen<br />

Regel gehen allerdings auseinan<strong>der</strong>, weil<br />

diese auf <strong>der</strong> Annahme eines vereinfachten, zweidimensionalen<br />

Systems und <strong>der</strong> Ausbildung eines Sedimentationsgleichgewichts<br />

im Uferbereich beruht.<br />

<strong>Die</strong>se Vorausset<strong>zu</strong>ngen sind aber in realen Situationen<br />

kaum vor<strong>zu</strong>finden. Es bleibt daher fest<strong>zu</strong>stellen,<br />

dass <strong>zu</strong>r Abschät<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Folgen von Erosion auf<br />

den Küstenlinienverlauf aufwändigere Modelle verwendet<br />

werden sollten, die beispielsweise auch Sedimenttransporte<br />

entlang <strong>der</strong> Küste und Än<strong>der</strong>ungen<br />

des Sedimentationsgleichgewichts, wie sie bei einem<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg wahrscheinlich werden, mit<br />

einbeziehen.<br />

3.2.1.4<br />

Auswirkungen auf das Grundwasser<br />

Der <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg kann auch den Grundwasserspiegel<br />

einer Küstenregion ansteigen lassen. <strong>Die</strong>s<br />

wird <strong>zu</strong>m einen durch geographische Faktoren (z. B.<br />

Höhe über dem <strong>Meere</strong>sspiegel), <strong>zu</strong>m an<strong>der</strong>en durch<br />

geologische Faktoren (z. B. Beschaffenheit von<br />

Gesteins- und Bodenschichten) bestimmt.<br />

Vor allem in Flussdeltas könnte sich ein durch den<br />

<strong>Meere</strong>sspiegel verursachter Anstieg des Grundwasserspiegels<br />

bis <strong>zu</strong> 20–50 km landeinwärts bemerkbar<br />

machen. <strong>Die</strong>se Abschät<strong>zu</strong>ng beruht vor allem auf <strong>der</strong><br />

Beobachtung, dass Grundwasser entlang von Küsten<br />

oberhalb eines dichten, sich landeinwärts bewegenden<br />

Salzwasserkeils fließt. <strong>Die</strong>se Balance zwischen<br />

Süß- und Meerwasser wird physikalisch durch das<br />

Verhältnis <strong>der</strong> unterschiedlichen Wasserdichten<br />

bestimmt. Durch einen Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels<br />

würde dem<strong>zu</strong>folge auch das darüber liegende<br />

Grundwasser ansteigen (Barlow, 2003). <strong>Die</strong>s kann<br />

Bodenvernässung <strong>zu</strong>r Folge haben. Dadurch entstehen<br />

nicht nur Auswirkungen auf die Süßwasserversorgung<br />

einer Region, son<strong>der</strong>n auch auf die Landwirtschaft<br />

(Versal<strong>zu</strong>ngsgefahr), die Stabilität von<br />

Fundamenten und die Sicherheit und das Funktionieren<br />

von Entwässerungs- und an<strong>der</strong>en Untergrundsystemen<br />

wie U-Bahnen.<br />

Zusätzlich kann ein Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels<br />

das Eindringen von Salzwasser in Küstenaquifere<br />

för<strong>der</strong>n (Meerwasserintrusion). Sherif und Singh<br />

Auswirkungen auf Küstengebiete 3.2<br />

(1999) sind in Modellsimulationen <strong>zu</strong> dem Ergebnis<br />

gekommen, dass ein Anstieg von 0,5 m im Mittelmeer<br />

da<strong>zu</strong> führte, dass Salzwasser 9 km weit in die<br />

Küstenaquifere des Nildeltas eindränge. Bei einem<br />

gleichen Anstieg wäre im Golf von Bengalen dagegen<br />

nur eine Zone von 0,4 km landeinwärts betroffen.<br />

<strong>Die</strong>s hätte eine <strong>zu</strong>nehmende Versal<strong>zu</strong>ng des<br />

Grund- und Oberflächenwassers <strong>zu</strong>r Folge, mit<br />

beträchtlichen Auswirkungen auf die Landwirtschaft<br />

und Trinkwasserversorgung. Das Eindringen von<br />

Salzwasser in die Grundwasserspeicher von Küstenzonen<br />

ist bereits heute weltweit <strong>zu</strong> beobachten,<br />

beispielsweise in China und Indien (Shah et al.,<br />

2000). Durch die <strong>zu</strong>nehmende Übernut<strong>zu</strong>ng von<br />

Süßwasservorräten in den dicht besiedelten Küstenzonen<br />

kann dieser Vorgang noch erheblich verstärkt<br />

werden.<br />

Obwohl <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg die Versal<strong>zu</strong>ng<br />

von Trichtermündungen von Flüssen und küstennahen<br />

Grundwasserreservoiren bewirken kann, wird<br />

dieser Prozess noch durch eine Reihe an<strong>der</strong>er Faktoren<br />

bestimmt. So kontrolliert auch das Abflussverhalten<br />

von Nie<strong>der</strong>schlägen und <strong>der</strong>en Beitrag <strong>zu</strong>r<br />

Grundwassererneuerung die Meerwasserintrusion in<br />

Küstengebieten. Dabei kann ein erhöhter Süßwasserabfluss<br />

<strong>der</strong> Meerwasserintrusion entgegenwirken.<br />

Meerwasserintrusion hätte lang anhaltende Folgen.<br />

Bis <strong>zu</strong>r Einstellung eines auf den neuen <strong>Meere</strong>sspiegel<br />

abgestimmten Gleichgewichts wird bei manchen<br />

dieser Aquifere Hun<strong>der</strong>te bis Tausende von Jahren<br />

dauern (Barlow, 2003).<br />

3.2.1.5<br />

Biologische Auswirkungen<br />

Neben Temperaturanstieg und Ver<strong>sauer</strong>ung ist <strong>der</strong><br />

<strong>zu</strong> erwartende <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg ein wichtiger<br />

<strong>zu</strong>sätzlicher Stressfaktor für die oft beson<strong>der</strong>s artenreichen<br />

terrestrischen Küstenökosysteme bzw. küstennahen<br />

Ökosysteme. Zwei beson<strong>der</strong>s relevante<br />

Ökosystemtypen sind Korallenriffe (Kap. 2.4) und<br />

Mangrovenwäl<strong>der</strong>, da sie nicht nur eine große biologische<br />

Vielfalt aufweisen, son<strong>der</strong>n gleichzeitig eine<br />

wichtige Rolle für den Küstenschutz spielen. Letzteres<br />

hat die Tsunami-Katastrophe im Dezember 2004<br />

im Indischen Ozean gezeigt: <strong>Die</strong> Flutwelle wurde an<br />

Küsten mit intakten Korallenriffen und Mangrovenwäl<strong>der</strong>n<br />

abgebremst, so dass die Schäden dort weniger<br />

verheerend ausfielen (Fernando and McCulley,<br />

2005; Dahdouh-Guebas et al., 2005; Danielsen et al.,<br />

2005).<br />

Wie Korallenriffe auf den <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

reagieren werden, kann aus <strong>der</strong> Rekonstruktion <strong>der</strong><br />

Vergangenheit o<strong>der</strong> mit Modellsimulationen abgeleitet<br />

werden. <strong>Die</strong> Anpassungsfähigkeit von Korallen<br />

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