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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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44<br />

3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />

landeinwärts vordringen. Bereits die Wasserstände<br />

des 2-m-Szenarios übersteigen die Normen heute<br />

<strong>zu</strong>gelassener Küstenschutzbauten. Obwohl Großbritannien<br />

beispielsweise Schutzstrukturen besitzt,<br />

die die Wellenhöhe in Küstennähe reduzieren, bleibt<br />

es fraglich, ob diese Maßnahmen auch einen langfristigen<br />

Schutz gewähren können, wenn also die Ausnahmesituation<br />

<strong>zu</strong>m Normalfall wird. Sollten sich<br />

Wassertiefen än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Uferregionen steiler werden,<br />

was einen direkten Energie<strong>zu</strong>wachs <strong>der</strong> an Land<br />

kommenden Wellen <strong>zu</strong>r Folge hätte, dann wären die<br />

heutigen Konstruktionen als Küstenschutzmaßnahmen<br />

nicht mehr ausreichend (Burgess und<br />

Townend, 2004).<br />

Weitere Faktoren könnten das Risiko von Überschwemmungen<br />

signifikant erhöhen: Durch den Klimawandel<br />

bedingte Än<strong>der</strong>ungen ozeanischer und<br />

atmosphärischer Zirkulationsmuster können Stürme<br />

und ihr Zerstörungspotenzial regional und lokal<br />

beeinflussen. So wird beispielsweise mit einer<br />

Zunahme <strong>der</strong> Stärke von tropischen Wirbelstürmen<br />

gerechnet (Kap. 3.1.2). Außerdem könnte die Klimaerwärmung<br />

<strong>zu</strong> einer Intensivierung des Wasserkreislaufs<br />

beitragen, was einen Anstieg in <strong>der</strong> Häufigkeit<br />

und Intensität von Extremnie<strong>der</strong>schlägen wahrscheinlich<br />

macht (IPCC, 2001a).<br />

Entscheidend für die Folgen den <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />

ist also weniger, wieviel höher <strong>der</strong> mittlere<br />

Wasserstand liegt, son<strong>der</strong>n wie häufig bestimmte<br />

Höchststände während Sturmfluten erreicht werden.<br />

<strong>Die</strong>s kann man aus einem Vergleich des erwarteten<br />

mittleren Anstiegs mit <strong>der</strong> Statistik vergangener<br />

Sturmfluten abschätzen. Demnach könnten sich die<br />

Wie<strong>der</strong>kehrperioden, d. h. die Zeitintervalle zwischen<br />

bestimmten kritischen Pegelständen, in<br />

<strong>Zukunft</strong> stark reduzieren (Lowe et al., 2001). So zeigt<br />

ein Modell des Hadley Centre für eine Region im<br />

Osten Englands, das auf <strong>der</strong> Kombination von<br />

meteorologischen Daten und einem angenommenen<br />

<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von 0,5 m bis 2100 basiert, eine<br />

Verkür<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>kehrperioden von Wasserstandshöchstwerten<br />

von 500 auf 12 Jahre (Lowe et<br />

al., 2001). Ähnliche Trends, beruhend auf verschiedenen<br />

Klimaszenarien, wurden für den Großraum von<br />

New York City berechnet. Demnach dürfte sich die<br />

Wie<strong>der</strong>kehrperiode einer Jahrhun<strong>der</strong>flut in den<br />

2080er Jahren bei einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von<br />

24–95 cm auf 4–60 Jahre verkürzen (Gornitz et al.,<br />

2002; Kap. 3.3). Bei <strong>zu</strong> kurzen Wie<strong>der</strong>kehrperioden<br />

von destruktiven Extremereignissen wäre ein Wie<strong>der</strong>aufbau<br />

geschädigter Infrastruktur nicht mehr<br />

sinnvoll; sie müsste aufgegeben werden.<br />

Landnut<strong>zu</strong>ngsän<strong>der</strong>ungen wie Rodung von Wäl<strong>der</strong>n,<br />

Urbanisierung und die Beseitigung von<br />

Schwemmlandebenen und Feuchtgebieten, können<br />

das Risiko von Überschwemmungen <strong>zu</strong>sätzlich erhö-<br />

hen, indem sie beispielsweise die Wasserspeicherkapazität<br />

von Böden verringern (Kundzewicz und<br />

Schellnhuber, 2004). Begradigte o<strong>der</strong> <strong>zu</strong>gebaute<br />

Flüsse ohne naturnahe Wäl<strong>der</strong> und Feuchtgebiete<br />

haben in Extremsituationen weniger Pufferkapazitäten.<br />

Oft entscheidet das durch wasserbauliche<br />

Maßnahmen beeinflusste Strömungs- und Sedimentationsverhalten<br />

von Flüssen, ob unwetterbedingte<br />

Überschwemmungsrisiken verstärkt o<strong>der</strong> aber abgeschwächt<br />

werden.<br />

3.2.1.3<br />

Erosion von Küsten<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong> Überschwemmungen, die eher seltene<br />

Ereignisse mit teilweise katastrophalen Folgen<br />

sind, stellt Erosion einen episodisch auftretenden<br />

Prozess dar (Hall et al., 2002). Während des Erosionsvorgangs<br />

tragen Wellen Feststoffe wie Sand,<br />

Schlamm und Gestein von <strong>der</strong> Küste ab und lagern<br />

sie größtenteils an an<strong>der</strong>en Abschnitten wie<strong>der</strong> an.<br />

Ein Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels könnte diese Erosionsprozesse<br />

beschleunigen (Zhang et al., 2004;<br />

Stive, 2004). Vor allem bei einem geringen Anstieg<br />

dürfte die Bedeutung <strong>der</strong> Erosion im Vergleich <strong>zu</strong><br />

Überflutungen größer ausfallen (Smith und Lazo,<br />

2001).<br />

<strong>Die</strong> Erosionsraten hängen dabei von den lokalen<br />

Gegebenheiten ab. Sollte es <strong>zu</strong>r Unterspülung und<br />

dem darauf folgenden Einsturz von Steilküsten o<strong>der</strong><br />

Küstenschutzstrukturen kommen, kann Erosion eine<br />

ernst<strong>zu</strong>nehmende Gefahr darstellen. In diesem<br />

Zusammenhang ist es wichtig an<strong>zu</strong>merken, dass vor<br />

allem die Anstiegsraten des <strong>Meere</strong>sspiegels für die<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Küstenmorphologie relevant sind.<br />

Wenn Sedimentationsraten mit denen des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />

Schritt halten können, kann sich ein<br />

neues Gleichgewicht einstellen und auf die Entwicklung<br />

des Küstenverlaufs stabilisierend auswirken.<br />

Sedimentationsprozesse haben so seit Beginn des<br />

Holozäns <strong>zu</strong>r Küstenentwicklung beigetragen und<br />

vor allem während <strong>der</strong> Überflutung von Flussdeltas<br />

die Erhaltung von Landfläche gesichert (Brooks et<br />

al., 2006). Sollte sich <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg allerdings<br />

so stark beschleunigen, dass sich kein neues<br />

Gleichgewicht ausbilden kann o<strong>der</strong> sollten Sedimentationsraten<br />

durch Managementmaßnahmen deutlich<br />

reduziert werden, dann wird <strong>der</strong> Verlust von<br />

Küstenstreifen wahrscheinlich. Ein bekanntes Beispiel<br />

dafür ist <strong>der</strong> Nil, wo die Sedimentationsraten<br />

vor allem durch den Bau des Assuan-Staudamms<br />

verringert wurden, was <strong>zu</strong>r Beschleunigung <strong>der</strong><br />

durch Gezeiten verursachten Erosion des nördlichen<br />

Nildeltas führte (Stanley und Warne, 1998).

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