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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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daten auch keinen signifikanten Trend in <strong>der</strong> Anzahl<br />

dieser Stürme zeigen.<br />

Seit diesem IPCC-Bericht hat es eine Reihe neuer<br />

Forschungsarbeiten <strong>zu</strong>m Thema gegeben. Sie wi<strong>der</strong>sprechen<br />

zwar nicht <strong>der</strong> genannten IPCC-Aussage,<br />

werfen aber dennoch ein ganz neues Licht auf die<br />

obige Frage, indem nicht mehr die Anzahl <strong>der</strong> Tropenstürme<br />

im Mittelpunkt des Interesses steht, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong>en Stärke. Beides wird durch unterschiedliche<br />

Faktoren bestimmt. Tropenstürme entstehen aus<br />

einer kleinen Störung (etwa einem Gewitter) über<br />

dem tropischen Ozean. Im Atlantik hat diese Störung<br />

ihren Ursprung oft auf dem afrikanischen Kontinent.<br />

Was die Häufigkeit solcher „Keimzellen“ für<br />

Wirbelstürme steuert, ist bisher ungenügend verstanden.<br />

Für einen direkten Einfluss <strong>der</strong> globalen Erwärmung<br />

auf diesen Prozess gibt es aber keine Hinweise.<br />

<strong>Die</strong> weitere Entwicklung eines Tropensturms,<br />

nachdem er einmal entstanden ist, wird dagegen<br />

stark von seinem Umfeld bestimmt, d. h. von den<br />

<strong>Meere</strong>stemperaturen und <strong>der</strong> atmosphärischen Zirkulation.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die <strong>Meere</strong>stemperaturen sind<br />

dabei von <strong>der</strong> anthropogenen Erwärmung betroffen.<br />

Ob die atmosphärische Zirkulation sich durch die<br />

Erwärmung ebenfalls verän<strong>der</strong>t, und inwieweit dies<br />

die Entwicklung von Hurrikanen för<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

hemmt, ist noch unklar. Hier ist man auf Simulationen<br />

mit globalen Modellen angewiesen, die jedoch<br />

bei <strong>der</strong> Auflösung von Hurrikanen noch Schwächen<br />

haben. Durch Messdaten gut belegt ist dagegen:<br />

1. Wärmere <strong>Meere</strong>stemperaturen führen <strong>zu</strong> stärkeren<br />

Hurrikanen mit mehr Nie<strong>der</strong>schlägen.<br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Meere</strong>stemperaturen in den Tropen in <strong>der</strong><br />

relevanten Saison (etwa Juni–November) haben<br />

<strong>zu</strong>genommen und sind in den letzten Jahren<br />

sowohl im Atlantik als auch im Pazifik auf dem<br />

höchsten Stand seit Beginn <strong>der</strong> Messreihen, die<br />

(wenn auch mit abnehmen<strong>der</strong> Qualität) bis ins 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>zu</strong>rückreichen.<br />

3. <strong>Die</strong> Energie von Hurrikanen hat sowohl im Atlantik<br />

als auch im Pazifik <strong>zu</strong>genommen, auf Höchstwerte<br />

seit Beginn <strong>zu</strong>verlässiger Daten in den<br />

1950er Jahren. Während die Gesamtzahl <strong>der</strong> Tropenstürme<br />

sich kaum verän<strong>der</strong>t hat, hat die<br />

Anzahl <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s schweren Hurrikane (Kategorie<br />

4 und 5) deutlich <strong>zu</strong>genommen.<br />

Der erste Punkt ist theoretisch gut untermauert:<br />

Warme <strong>Meere</strong>stemperaturen sind eine Energiequelle<br />

für Hurrikane, daher sind sie ein tropisches<br />

Phänomen. <strong>Die</strong>s wird in den Vorhersagen des National<br />

Hurricane Center routinemäßig genutzt. Emanuel<br />

(2005) hat diesen Zusammenhang anhand <strong>der</strong><br />

Messdaten seit 1950 belegt. Dabei definierte er einen<br />

Index für die Stärke <strong>der</strong> Hurrikane, den „Power Dissipation<br />

Index“ (PDI), <strong>der</strong> dem Kubik <strong>der</strong> Windgeschwindigkeit<br />

aufsummiert über die Ausdehnung<br />

Klimafaktoren 3.1<br />

und Dauer eines Hurrikans entspricht. Eine Zunahme<br />

des PDI entsteht also durch stärkere, größere<br />

o<strong>der</strong> länger andauernde Hurrikane. Der PDI kann<br />

als ein annäherndes Maß für das Zerstörungspotenzial<br />

von Hurrikanen interpretiert werden.<br />

Abbildung 3.1-5 zeigt die Zunahme des PDI über<br />

die letzten Jahrzehnte im Atlantik; eine ähnliche Entwicklung<br />

gibt es auch im Pazifik. Neben dieser<br />

Zunahme ist auch <strong>der</strong> Zusammenhang mit <strong>der</strong> ebenfalls<br />

gezeigten global gemittelten bodennahen Lufttemperatur<br />

deutlich erkennbar. <strong>Die</strong> Zunahme des<br />

PDI mit <strong>der</strong> Temperatur ist in den Daten allerdings<br />

wesentlich stärker, als es sich aus <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong><br />

Hurrikanenergie herleiten lässt. <strong>Die</strong>se Diskrepanz<br />

ist noch unverstanden. Eine denkbare Hypothese ist,<br />

dass die <strong>warm</strong>e Oberflächenschicht des <strong>Meere</strong>s<br />

dicker geworden ist, so dass die für den Hurrikan<br />

<strong>zu</strong>gängliche Wärmemenge überproportional <strong>zu</strong>r<br />

Temperatur gestiegen ist (Scharroo et al., 2005).<br />

Eine an<strong>der</strong>e Studie (Webster et al., 2005) hat unter<br />

Verwendung von Satellitendaten gezeigt, dass sich<br />

die Anzahl von Hurrikanen <strong>der</strong> Kategorien 4 und 5<br />

seit 1970 global (also im Pazifik, Atlantik und Indik)<br />

nahe<strong>zu</strong> verdoppelt hat – dies obwohl die Gesamtzahl<br />

<strong>der</strong> Tropenstürme in diesem Zeitraum keinen signifikanten<br />

Trend aufweist. <strong>Die</strong>ses Ergebnis bestätigt<br />

nochmals die Aussage des IPCC (2001a), wonach die<br />

Anzahl sich nicht verän<strong>der</strong>t, und von Emanuel<br />

(2005), wonach die Stärke <strong>zu</strong>nimmt.<br />

Eine Arbeitsgruppe in Princeton hat in mehreren<br />

Studien untersucht, wie sich die globale Erwärmung<br />

in einem <strong>der</strong> Hurrikanmodelle auswirkt, die regelmäßig<br />

für die Vorhersagen des National Hurricane<br />

Center eingesetzt werden (Knutson und Tuleya,<br />

2004). Da<strong>zu</strong> wurde das Modell mit Randbedingungen<br />

aus mehreren globalen Klimamodellen betrieben,<br />

jeweils für das heutige Klima und für ein Erwärmungsszenario.<br />

<strong>Die</strong> Häufigkeitsverteilung <strong>der</strong> Hurrikane<br />

verschob sich dabei deutlich in Richtung auf die<br />

stärkeren Stürme – Hurrikane <strong>der</strong> stärksten Kategorie<br />

5 traten in dem Erwärmungsszenario sogar dreimal<br />

häufiger auf als im Kontrollklima. Da die globalen<br />

Klimamodelle selbst bisher keine ausreichende<br />

Auflösung haben, um Hurrikane gut <strong>zu</strong> beschreiben,<br />

ist diese Studie mit einem regionalen, <strong>hoch</strong> auflösenden<br />

Vorhersagemodell die bisher aussagekräftigste<br />

Simulationsrechnung <strong>zu</strong>r künftigen Entwicklung dieser<br />

Stürme.<br />

Theorie, Beobachtungsdaten und Modellrechnungen<br />

sprechen daher dafür, dass eine Klimaerwärmung<br />

<strong>zu</strong> stärkeren Hurrikanen führt. Dabei ist<br />

<strong>der</strong> in den Messdaten gefundene Effekt noch stärker<br />

als theoretisch erwartet. Bei einer Erwärmung <strong>der</strong><br />

tropischen <strong>Meere</strong>stemperatur um lediglich 0,5°C hat<br />

die Hurrikanenergie in den letzten Jahrzehnten global<br />

um 70% <strong>zu</strong>genommen, im Atlantik sogar noch<br />

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