Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24<br />
a<br />
Abschmelzfläche<br />
b<br />
1992 2005<br />
Abschmelzfläche<br />
April-September [Mio. km2 ]<br />
Jahren verdoppelt hat. <strong>Die</strong>s wäre ein Sechstel des<br />
aktuell gemessenen globalen <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />
(Abb. 3.1-4). Dem gegenüber stehen die Messungen<br />
<strong>der</strong> Eishöhe mit Satellitenaltimetern (Johanessen et<br />
al., 2005; Zwally et al., 2005), die auf eine Zunahme<br />
<strong>der</strong> Masse des Grönlandeises hinweisen (entsprechend<br />
einer <strong>Meere</strong>sspiegelverän<strong>der</strong>ung von -0,03<br />
mm pro Jahr), die aber die kleinräumigen Prozesse<br />
an den Rän<strong>der</strong>n nicht richtig erfassen. Da diese<br />
Zunahme deutlich kleiner ist als <strong>der</strong> von Rignot und<br />
Kanagaratnam beobachtete Verlust, muss man in <strong>der</strong><br />
Summe von einem Masseverlust des Grönlandeises<br />
ausgehen, auch wenn noch erhebliche Unsicherheiten<br />
in den Zahlen bestehen und die verschiedenen<br />
Messmethoden noch besser miteinan<strong>der</strong> abgeglichen<br />
werden müssen.<br />
Wichtiger als die aktuell noch kleinen und nur<br />
ungenau erfassbaren Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Massenbilanz<br />
ist allerdings, was in <strong>Zukunft</strong> bei weiter fortschreiten<strong>der</strong><br />
Erwärmung <strong>zu</strong> erwarten ist. Modellrechnungen<br />
zeigen, dass bei einer Erwärmung <strong>der</strong><br />
oberflächennahen Luftschicht über Grönland um<br />
2,7°C o<strong>der</strong> mehr wahrscheinlich <strong>der</strong> gesamte Eisschild<br />
allmählich abschmelzen wird (Gregory et al.,<br />
2004). Chylek und Lohmann (2005) schätzen, dass<br />
die Erwärmung über Grönland das 2,2-fache <strong>der</strong> globalen<br />
Erwärmung betragen dürfte (eine Folge <strong>der</strong><br />
Verstärkung von Klimaverän<strong>der</strong>ungen in Polnähe),<br />
so dass eine kritische Erwärmung über Grönland<br />
bereits bei einer globalen Erwärmung von 1,2°C<br />
erreicht werden könnte.<br />
Wie schnell das Grönlandeis abschmelzen – und<br />
damit <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegel ansteigen – könnte, ist allerdings<br />
<strong>der</strong>zeit offen. Der letzte IPCC-Bericht ging<br />
noch von konservativen Schät<strong>zu</strong>ngen aus <strong>der</strong> Differenz<br />
von Abschmelzen und Schneefall mit relativ<br />
einfachen Modellen aus und kam auf eine Abschmelzdauer<br />
von mehreren Jahrtausenden (IPCC,<br />
20<br />
16<br />
12<br />
Klimafaktoren 3.1<br />
8<br />
1979 1984 1989 1994<br />
Jahr<br />
1999 2004<br />
Abbildung 3.1-2<br />
Ausdehnung <strong>der</strong> Abschmelzfläche auf Grönland nach Satellitendaten. Gezeigt sind die beiden extremen Jahre 1992 (nach dem<br />
Ausbruch des Pinatubo) und 2005 (a) sowie die zeitliche Entwicklung (b).<br />
Quelle: Steffen und Huff, 2005<br />
2001a). Dabei wurden aber die oben diskutierten,<br />
inzwischen beobachteten dynamischen Abfließprozesse<br />
nicht berücksichtigt, die einen wesentlich<br />
schnelleren Abbau des Eises bedeuten könnten. <strong>Die</strong>ser<br />
Prozess wird von <strong>der</strong>zeitigen Eismodellen noch<br />
nicht richtig erfasst.<br />
Für die antarktische Eismasse wurde im IPCC-<br />
Bericht 2001 für die <strong>Zukunft</strong> kein Abschmelzen<br />
erwartet, son<strong>der</strong>n im Gegenteil ein leichter Zuwachs<br />
an Eis aufgrund erhöhter Schneefallmengen. Neuere<br />
Daten zeigen jedoch auch in <strong>der</strong> Antarktis einen<br />
Masseverlust und eine dynamische Reaktion des<br />
Eises, insbeson<strong>der</strong>e des kleineren westantarktischen<br />
Eisschildes. Im Februar 2002 zerbarst das Jahrtausende<br />
alte Larsen-B-Eisschelf vor <strong>der</strong> antarktischen<br />
Halbinsel nach einer Erwärmung in dieser Region<br />
auf spektakuläre Weise (Abb. 3.1-3). <strong>Die</strong>s hat <strong>zu</strong>nächst<br />
keine direkte Auswirkung auf den <strong>Meere</strong>sspiegel,<br />
da Eisschelfe ohnehin auf dem Meer schwimmen<br />
und ihrer Masse entsprechend Wasser verdrängen.<br />
Offenbar hat es aber Auswirkungen auf das<br />
Kontinentaleis: <strong>Die</strong> Eisströme, die hinter dem Larsen-B-Eisschelf<br />
vom Kontinentaleis abfließen, haben<br />
sich seither stark beschleunigt (bis <strong>zu</strong>r 8-fachen<br />
Geschwindigkeit: Rignot et al., 2004; Scambos et al.,<br />
2004). <strong>Die</strong> schwimmenden Eisschelfe, die teilweise<br />
auf Felsvorsprüngen festsitzen, bremsen also den<br />
Abfluss <strong>der</strong> Eisströme ins Meer. Auch an<strong>der</strong>swo in<br />
<strong>der</strong> Antarktis, z. B. in Pine Island Bay, hat sich <strong>der</strong><br />
Abfluss von Kontinentaleis beschleunigt (Rignot et<br />
al., 2002). Zudem konnte gezeigt werden, dass die<br />
Schmelzrate <strong>der</strong> Eisströme, dort wo sie ins Meer<br />
münden, sehr empfindlich von den <strong>Meere</strong>stemperaturen<br />
abhängt: Pro 0,1°C Anstieg <strong>der</strong> Wassertemperatur<br />
erhöht sich die Schmelzrate um 1 m pro Jahr<br />
(Rignot und Jacobs, 2002). Sollten sich also die Wassertemperaturen<br />
um die Antarktis erhöhen o<strong>der</strong> sollten<br />
größere Eisschelfe, etwa das Ross-Eisschelf, eines<br />
35