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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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34<br />

3 <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />

peratur um ca. 4–7°C – also um einen Betrag, wie er<br />

auch in den pessimistischeren Szenarien für die<br />

<strong>Zukunft</strong> erreicht wird. Allerdings dauerte die damalige<br />

Erwärmung rund 5.000 Jahre, lief also sehr viel<br />

langsamer ab. Vor 15.000–10.000 Jahren stieg <strong>der</strong><br />

<strong>Meere</strong>sspiegel dabei um 80 m, also im Mittel um<br />

1,6 m pro Jahrhun<strong>der</strong>t (Fairbanks, 1989). Phasenweise<br />

wurden bis <strong>zu</strong> 5 m pro Jahrhun<strong>der</strong>t erreicht<br />

(Clark et al., 2004).<br />

<strong>Die</strong>se Werte lassen sich nicht einfach auf die heutige<br />

Situation übertragen. <strong>Die</strong> damaligen Eisschilde<br />

waren erheblich größer, was auch größere<br />

Abschmelzgebiete an den Rän<strong>der</strong>n und damit einen<br />

größeren Schmelzwasserfluss ermöglichte. Zudem<br />

war aufgrund <strong>der</strong> Erdbahnzyklen um die Sonne<br />

(Milankovich-Zyklen; Ruddiman, 2000) die Sonneneinstrahlung<br />

in den hohen Breiten <strong>der</strong> Nordhalbkugel<br />

im Sommer deutlich stärker, eine Situation, die<br />

sich nicht direkt mit einer global erhöhten Treibhausgaskonzentration<br />

vergleichen lässt. <strong>Die</strong>se beiden<br />

Faktoren sprechen für höhere Abschmelzraten am<br />

Ende <strong>der</strong> Eiszeit im Vergleich <strong>zu</strong>r aktuellen Erwärmung.<br />

<strong>Die</strong> damals viel langsamere Erwärmung<br />

spricht dagegen für geringere Abschmelzraten.<br />

Tatsächlich hielt das Verschwinden <strong>der</strong> damaligen<br />

Eisschilde größtenteils mit <strong>der</strong> allmählichen Klimaerwärmung<br />

Schritt, so dass die Annahme plausibel<br />

ist, dass die Eismassen bei einer schnelleren Erwärmung<br />

auch noch deutlich rascher abgeschmolzen<br />

wären.<br />

Insgesamt lassen sich aus dieser Diskussion zwei<br />

Folgerungen ableiten. Erstens sind Anstiegsraten des<br />

<strong>Meere</strong>sspiegels bis 5 m pro Jahrhun<strong>der</strong>t dokumentiert,<br />

die wahrscheinlich noch keinen oberen Grenzwert<br />

darstellen. <strong>Die</strong> Klimageschichte zeigt also, dass<br />

ein vielfach schnellerer Anstieg möglich ist, als durch<br />

das IPCC für das 21. Jahrhun<strong>der</strong>t erwartet wird.<br />

Zweitens spricht eine solche Anstiegsrate, auch unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> Bedingungen am Ende <strong>der</strong><br />

letzten Eiszeit, für dynamische Schmelzprozesse <strong>der</strong><br />

Eisschilde. Gemeint ist damit kein reines Abschmelzen<br />

durch Kontakt mit wärmerer Luft, son<strong>der</strong>n ein<br />

beschleunigtes Abfließen des Eises ins Meer.<br />

3.1.1.2<br />

Dynamik <strong>der</strong> Kontinentaleismassen<br />

<strong>Die</strong> Erde hat <strong>der</strong>zeit zwei große kontinentale Eisschilde<br />

mit einer Dicke von 3–4 km, in Grönland und<br />

in <strong>der</strong> Antarktis. Beide befinden sich in einem Fließgleichgewicht:<br />

Im Zentrum wird durch Schneefälle<br />

laufend Eis nachgebildet, während <strong>zu</strong> den Rän<strong>der</strong>n<br />

hin Eis abfließt. Unter dauerhaft konstanten Klimabedingungen<br />

sind diese Prozesse im Gleichgewicht<br />

und die Größe <strong>der</strong> Eismasse verän<strong>der</strong>t sich nicht.<br />

Allerdings ist es in <strong>der</strong> Antarktis wesentlich kälter als<br />

in Grönland. Daher schmilzt in Grönland ein großer<br />

Teil des <strong>zu</strong> den Rän<strong>der</strong>n hin abfließenden Eises noch<br />

auf dem Land (wie bei einem Gebirgsgletscher); in<br />

<strong>der</strong> Antarktis erreicht es dagegen das Meer, und die<br />

Zungen <strong>der</strong> Eisströme treiben in Form von Eisschelfen<br />

auf dem Wasser.<br />

Es ist nach wie vor schwierig, Verän<strong>der</strong>ungen im<br />

Gesamtvolumen <strong>der</strong> beiden Eismassen <strong>zu</strong>verlässig<br />

<strong>zu</strong> messen. Da<strong>zu</strong> werden von Satelliten o<strong>der</strong> Flugzeugen<br />

Höhenprofile aufgenommen. Über die Fehlermargen<br />

dieser Messungen gibt es noch Diskussionen;<br />

die oft zerklüftete Topographie an den Rän<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Eisschilde erfassen sie nur sehr ungenügend.<br />

Neuerdings kommen auch Satellitenmessungen von<br />

Anomalien des Gravitationsfeldes hin<strong>zu</strong>. Verän<strong>der</strong>ungen<br />

an den Rän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Eismassen lassen sich<br />

durch Messungen vor Ort und durch Bestimmung<br />

<strong>der</strong> Strömungsgeschwindigkeit von Eis durch Satelliten<br />

am besten beobachten.<br />

<strong>Die</strong> verschiedenen Messmethoden ergeben für<br />

beide Eisschilde qualitativ folgendes Bild: In den<br />

letzten zehn bis zwanzig Jahren scheint die Dicke im<br />

Zentrum etwas an<strong>zu</strong>wachsen, wie es durch die Klimaerwärmung<br />

aufgrund verstärkter Schneefälle<br />

auch <strong>zu</strong> erwarten ist. Dagegen sind an den Rän<strong>der</strong>n<br />

<strong>zu</strong>nehmend dynamische Abschmelzprozesse <strong>zu</strong><br />

beobachten. <strong>Die</strong> quantitative Nettobilanz dieser Prozesse<br />

ist nicht genau bekannt, daher werden im Folgenden<br />

kurz einige <strong>der</strong> aktuellen Messergebnisse<br />

diskutiert.<br />

In Grönland fließt etwa die Hälfte des Eises über<br />

nur 12 schnell fließende Auslassgletscher ab; die<br />

Massenbilanz des Eises hängt daher sehr stark von<br />

Verän<strong>der</strong>ungen in diesen Eisströmen ab (Dowdeswell,<br />

2006). Neue Daten zeigen, dass mehrere dieser<br />

Gletscher (u. a. <strong>der</strong> Jakobshavn Isbrae) ihre Fließgeschwindigkeit<br />

in den letzten Jahren verdoppelt<br />

haben (Joughin et al., 2004; Rignot und Kanagaratnam,<br />

2006). Messungen <strong>der</strong> Abschmelzfläche, die<br />

sich auf Satellitenbil<strong>der</strong>n erkennen lässt, zeigen<br />

<strong>zu</strong>dem eine Zunahme um 25% von 1979 bis 2005<br />

(Abb. 3.1-2); im Jahr 2005 erreichte sie den bisherigen<br />

Höchststand (Steffen und Huff, 2005).Wenn sich<br />

die Fläche, die vom Abschmelzen betroffen ist, vergrößert,<br />

sollte sich dies auch in einem Masseverlust<br />

<strong>der</strong> Eiskappe auswirken.Weiter hat sich gezeigt, dass<br />

Schmelzwasser von <strong>der</strong> Eisoberfläche durch Löcher<br />

(so genannte Gletschermühlen) unter das Eis<br />

gelangt und dort wie ein Schmiermittel wirkt, was ein<br />

Abfließen des Eises beschleunigt (Zwally et al.,<br />

2002).<br />

Rignot und Kanagaratnam (2006) schließen aus<br />

<strong>der</strong> Beschleunigung <strong>der</strong> Eisströme auf einen Masseverlust<br />

entsprechend 0,5 mm <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

pro Jahr, wobei sich dieser Wert in den letzten zehn

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