Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Hurrikane und Gefährdung <strong>der</strong> Küsten<br />
3.1<br />
Klimafaktoren<br />
3.1.1<br />
Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels<br />
3.1.1.1<br />
Lehren aus <strong>der</strong> Erdgeschichte<br />
Ein Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels gehört <strong>zu</strong> den physikalisch<br />
unausweichlichen Folgen <strong>der</strong> globalen<br />
Erwärmung. Einen engen Zusammenhang zwischen<br />
Temperatur und <strong>Meere</strong>sspiegel zeigt auch die Klimageschichte.<br />
Auf dem Höhepunkt <strong>der</strong> letzten Eiszeit<br />
(vor rund 20.000 Jahren) lag <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegel ca.<br />
120 m niedriger als heute und das Klima war global<br />
ca. 4–7°C kälter. Während <strong>der</strong> letzten Warmperiode<br />
dagegen, dem Eem (vor 120.000 Jahren), war das<br />
Klima geringfügig wärmer als heute (ca. 1°C), <strong>der</strong><br />
<strong>Meere</strong>sspiegel aber wahrscheinlich mehrere Meter<br />
höher: Schät<strong>zu</strong>ngen variieren von 2–6 m (Oppenheimer<br />
und Alley, 2004). Geht man Jahrmillionen in <strong>der</strong><br />
Erdgeschichte <strong>zu</strong>rück, findet man noch wärmere Klimaepochen.<br />
Vor 3 Mio. Jahren, im Pliozän, war das<br />
mittlere Klima etwa 2–3°C wärmer als heute, und <strong>der</strong><br />
<strong>Meere</strong>sspiegel lag 25–35 m höher (Dowsett et al.,<br />
1994).<br />
Der Hauptgrund dieser großen <strong>Meere</strong>sspiegelän<strong>der</strong>ungen<br />
liegt in <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Wassermenge,<br />
die in Form von Eis an Land gebunden ist.<br />
Das „<strong>Meere</strong>sspiegeläquivalent“ <strong>der</strong> Eismasse auf<br />
Grönland beträgt 7 m, das des westantarktischen<br />
Eisschildes 6 m, und das des ostantarktischen Eisschildes<br />
sogar über 50 m. Vor etwa 35 Mio. Jahren<br />
(im Eozän) war unser Planet dank <strong>der</strong> damals aus<br />
Gründen <strong>der</strong> Plattentektonik hohen CO 2-Konzentration<br />
<strong>zu</strong>m letzten Mal ganz frei von polaren Eiskappen,<br />
und <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegel lag daher knapp<br />
70 m höher als heute (Zachos et al., 2001; Barrett,<br />
2003). Über <strong>der</strong>art lange Zeiträume können da<strong>zu</strong><br />
noch Verän<strong>der</strong>ungen im Volumen <strong>der</strong> Ozeanbecken<br />
aufgrund <strong>der</strong> Plattentektonik <strong>zu</strong> <strong>Meere</strong>sspiegelän<strong>der</strong>ungen<br />
beitragen.<br />
Trägt man die genannten Werte in einer Grafik auf<br />
(Abb. 3.1-1), ergibt sich ein Zusammenhang von<br />
Temperatur und <strong>Meere</strong>sspiegel, <strong>der</strong> für eine Erwärmung<br />
von global 3°C einen <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg um<br />
einige 10 m nahe legen würde. <strong>Die</strong>s ist eine Größenordnung<br />
mehr, als das IPCC bis <strong>zu</strong>m Jahr 2100 erwartet<br />
(9–88 cm; IPCC, 2001a). Der Hauptgrund für<br />
diese scheinbare Diskrepanz ist, dass <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />
Abbildung gezeigte Zusammenhang für ein Klima<br />
nahe dem Gleichgewicht gilt (nach mehreren Jahrtausenden<br />
bei annähernd konstanten Temperaturen)<br />
– nicht während rascher Verän<strong>der</strong>ungen, wie sie <strong>der</strong>zeit<br />
durchlaufen werden. <strong>Die</strong> Zahlen geben also<br />
einen Anhaltspunkt dafür, welche <strong>Meere</strong>sspiegelän<strong>der</strong>ung<br />
sich nach Jahrtausenden etwa bei 3°C Erwärmung<br />
einstellen dürfte. Sie erlauben jedoch noch<br />
keine Aussage darüber, wie schnell die Eismassen bei<br />
einer Erwärmung schmelzen könnten, und wie rasch<br />
<strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegel dadurch ansteigen könnte.<br />
Über die mögliche Geschwindigkeit des <strong>Meere</strong>sspiegelanstiegs<br />
gibt das Ende <strong>der</strong> letzten Eiszeit Aufschluss.<br />
Damals erwärmte sich die globale Mitteltem-<br />
<strong>Meere</strong>sspiegel [m]<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
5<br />
Letztes glaziales<br />
Maximum vor<br />
20.000 Jahren<br />
Eozän vor 40 Mio. Jahren<br />
Pliozän vor 3 Mio. Jahren<br />
Heute<br />
Projektion<br />
für 2100<br />
(+ 1 m)<br />
10 15 20<br />
Mittlere globale Temperatur [°C]<br />
Abbildung 3.1-1<br />
Mittlere globale Temperatur und <strong>Meere</strong>sspiegel (relativ <strong>zu</strong><br />
heute) <strong>zu</strong> verschiedenen Zeiten in <strong>der</strong> Erdgeschichte sowie<br />
die Projektion für das Jahr 2100 (1 m über dem heutigen<br />
<strong>Meere</strong>sspiegel). Langfristig ist wahrscheinlich mit einem<br />
vielfach höheren <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg <strong>zu</strong> rechnen, als er bis<br />
2100 erwartet wird.<br />
Quelle: nach Archer, 2006<br />
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