Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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2 Globale Erwärmung und <strong>Meere</strong>sökosysteme<br />
2.6.2.6<br />
Handlungsempfehlungen für <strong>Meere</strong>sschutzgebiete<br />
Bei aller Bedeutung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sschutzgebiete darf<br />
<strong>der</strong> <strong>Meere</strong>snaturschutz dennoch nicht auf dieses<br />
Instrument reduziert werden. <strong>Die</strong> Einhaltung <strong>der</strong><br />
ökologischen Leitplanke (20–30% <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sökosystemfläche<br />
unter Schutz; Kap. 2.5) ist zwar für den<br />
Schutz <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sumwelt unabdingbar, aber auch<br />
die Flächen außerhalb <strong>der</strong> MPA müssen auf Basis<br />
des ökosystemaren Ansatzes nachhaltig bewirtschaftet<br />
werden. Eine beson<strong>der</strong>s wichtige Vorausset<strong>zu</strong>ng<br />
für den Erfolg von MPA ist die dringend gebotene<br />
Durchset<strong>zu</strong>ng einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft<br />
(Kap. 2.6.1). Eine an<strong>der</strong>e Vorausset<strong>zu</strong>ng ist die Einhaltung<br />
<strong>der</strong> Klimaschutz- und <strong>der</strong> Ver<strong>sauer</strong>ungsleitplanke<br />
(Kasten 7-1), ohne die auch ein ausgezeichnetes<br />
Schutzgebietssystem den Großteil seiner Wirkung<br />
einbüßt. Zudem reicht es nicht aus, MPA <strong>zu</strong> planen,<br />
aus<strong>zu</strong>weisen und sinnvoll untereinan<strong>der</strong> <strong>zu</strong> vernetzen,<br />
sie müssen auch gut geführt und angemessen<br />
finanziell ausgestattet sein. Nur so besteht eine<br />
Chance, auch für die <strong>Meere</strong>sökosysteme das internationale<br />
Ziel ein<strong>zu</strong>halten, die Verlustrate <strong>der</strong> biologischen<br />
Vielfalt bis 2010 signifikant <strong>zu</strong> verringern.<br />
Internationale Ziele umsetzen<br />
• <strong>Die</strong> Wachstumsrate <strong>der</strong> MPA-Fläche ist mit 3–5%<br />
pro Jahr <strong>der</strong>zeit viel <strong>zu</strong> niedrig, um bei einem <strong>der</strong>zeitigen<br />
Stand von unter 1% die international vereinbarten<br />
Ziele rechtzeitig erreichen <strong>zu</strong> können<br />
(Wood et al., 2005). Hier müssen die Anstrengungen<br />
deutlich verstärkt werden.<br />
• <strong>Die</strong> MPA sollten groß genug und untereinan<strong>der</strong> in<br />
Schutzgebietssystemen vernetzt sein, eine Zonierung<br />
unterschiedlicher Nut<strong>zu</strong>ngsformen und<br />
-intensitäten beinhalten und in ein integriertes<br />
Management <strong>der</strong> umliegenden Schelf- und Küstengebiete<br />
eingebunden sein. Zudem sollten sie<br />
als flexible und lernfähige Instrumente konzipiert<br />
werden, da <strong>der</strong> Klimawandel <strong>zu</strong> einer Neugestaltung<br />
zwingen kann, wenn sich Ökosystemprozesse<br />
än<strong>der</strong>n bzw. verlagern (Soto, 2002). <strong>Die</strong> Verbesserung<br />
<strong>der</strong> wissenschaftlichen Grundlagen sollten<br />
dabei parallel <strong>zu</strong>m aktuellen Management erfolgen.<br />
Adaptive Managementstrategien und Flexibilität<br />
angesichts schwer <strong>zu</strong> prognostizieren<strong>der</strong><br />
lokaler Wirkungen des Klimawandels sind entscheidend.<br />
• Im Küstenmeer und in den EEZ können die Staaten<br />
ohne völkerrechtliche Probleme bereits beginnen,<br />
die internationalen Ziele um<strong>zu</strong>setzen.<br />
Sowohl die EU-Habitat- als auch die Vogelschutz-<br />
Richtlinie sind in <strong>der</strong> EEZ voll anwendbar. In<br />
Deutschland ist dies auch bereits geschehen: Im<br />
Rahmen von NATURA 2000 wurden ca. 30% des<br />
deutschen <strong>Meere</strong>santeils an <strong>der</strong> EEZ als Schutzgebiete<br />
bei <strong>der</strong> EU-Kommission in Brüssel gemeldet.<br />
Allerdings ist eine Einschränkung <strong>der</strong> Fischerei<br />
bisher nicht ohne weiteres möglich, da hier die<br />
Kompetenzen <strong>der</strong> EU greifen. MPA sollten als<br />
Instrument <strong>der</strong> nachhaltigen Fischereiwirtschaft<br />
wirksamer genutzt werden, etwa durch dauerhafte<br />
o<strong>der</strong> zeitweilige Beschränkungen <strong>der</strong> Fischerei in<br />
Schutzzgebieten (SRU, 2004).<br />
• Beson<strong>der</strong>s in Entwicklungslän<strong>der</strong>n besteht großer<br />
Nachholbedarf. Es gibt dort nicht nur <strong>zu</strong> wenige<br />
MPA, darüber hinaus sind die ausgewiesenen<br />
Schutzgebiete vielfach nur „Papierparks“, in<br />
denen ein effektiver Schutz nicht durchgesetzt<br />
wird o<strong>der</strong> werden kann. <strong>Die</strong> Entwicklungs<strong>zu</strong>sammenarbeit<br />
sollte daher einen Schwerpunkt auf die<br />
Einrichtung und Betreuung von MPA setzen.<br />
Dabei sollten sowohl Schutzgebietsspezialisten als<br />
auch Fischereivertreter <strong>zu</strong>sammenarbeiten und<br />
die lokale Bevölkerung bei Planung und Management<br />
mit einbezogen werden.<br />
Finanzierung sicherstellen<br />
Aus dem Unterschied zwischen <strong>der</strong> Leitplanke für<br />
<strong>Meere</strong>sökosystemschutz (20–30% <strong>der</strong> Fläche) und<br />
dem <strong>der</strong>zeitigen Schutzstatus (weniger als 1% <strong>der</strong><br />
Fläche; Kap. 2.5.2) ergibt sich ein erheblicher <strong>zu</strong>sätzlicher<br />
Finanzierungsbedarf. Balmford et al. (2004)<br />
kommen <strong>zu</strong> dem Ergebnis, dass ein Flächenschutz in<br />
dieser Größenordnung mit jährlichen Kosten von 5–<br />
19 Mrd. US-$ verbunden ist. <strong>Die</strong>s schließt einmalige<br />
Implementierungskosten und laufende Kosten ein.<br />
Indirekte Kosten, die z. B. Fischereiunternehmen<br />
durch den Nut<strong>zu</strong>ngsausschluss entstehen, sind in diesen<br />
Zahlen allerdings nicht enthalten.<br />
• Der <strong>WBGU</strong> sieht die Verantwortung für ein kostendeckendes<br />
Management von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
bei den nationalen Regierungen und <strong>der</strong><br />
internationalen Gebergemeinschaft. Bisher gelang<br />
es häufig nicht, Finanzmittel im ausreichenden<br />
und dauerhaften Maße bereit<strong>zu</strong>stellen: <strong>Die</strong><br />
Zahlungen von öffentlichen Geldgebern sind oft<br />
gering und unterliegen konkurrierenden Verwendungen.<br />
<strong>Die</strong>s gilt auch für internationale Transferzahlungen<br />
wie sie durch die Globale Umweltfazilität<br />
(GEF) o<strong>der</strong> durch Geber im Rahmen <strong>der</strong><br />
bilateralen Entwicklungs<strong>zu</strong>sammenarbeit geleistet<br />
werden (OECD, 2002; GEF, 2005a). <strong>Die</strong> öffentlichen<br />
Geldgeber sind aufgefor<strong>der</strong>t, <strong>zu</strong>sätzliche<br />
Anstrengungen für eine ausreichende und nachhaltige<br />
Mittelbereitstellung <strong>zu</strong> unternehmen.<br />
Einen ergänzenden Beitrag können Instrumente<br />
wie Nut<strong>zu</strong>ngsentgelte o<strong>der</strong> die För<strong>der</strong>ung privater<br />
Spendentätigkeit für Schutzmaßnahmen leisten<br />
(Emerton, 1999; Morling, 2004).