Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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2.6.2.4<br />
<strong>Meere</strong>sschutzgebiete auf Hoher See<br />
<strong>Die</strong> rechtlichen Rahmenbedingungen für die Einrichtung<br />
von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten auf Hoher See<br />
weisen erhebliche Mängel auf (CBD, 2005a). <strong>Die</strong><br />
regionalen (bereichsübergreifenden) seerechtlichen<br />
Übereinkommen betreffen lediglich sehr begrenzte<br />
Teile <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sgebiete außerhalb nationaler<br />
Hoheitszonen, so dass weite Bereiche <strong>der</strong> Weltmeere<br />
nicht abgedeckt sind. Zudem beschränken sich bestehende<br />
regionale Regime <strong>zu</strong>m Fischereimanagement<br />
auf bestimmte befischte Arten, etwa Thunfisch, während<br />
nicht intensiv befischte Arten ausgeblendet<br />
sind; auch ist <strong>der</strong> ökosystemare Ansatz in diesen<br />
Regimen nur mangelhaft entwickelt.<br />
Laut Seerechtsübereinkommen gilt <strong>der</strong> völkerrechtlich<br />
zwingende (d. h. nicht grundsätzlich einschränkbare)<br />
Grundsatz <strong>der</strong> Schifffahrtsfreiheit<br />
(Art. 87 UNCLOS). <strong>Die</strong> Einrichtung von MPA auf<br />
Hoher See, die den Schiffsverkehr unterbinden o<strong>der</strong><br />
begrenzen sollen, fällt damit außer Betracht. Zudem<br />
können Staaten Vereinbarungen über die Einrichtung<br />
von MPA auf Hoher See nicht <strong>zu</strong> Lasten unbeteiligter<br />
Drittstaaten abschließen. Eine entsprechende<br />
Verpflichtungsvereinbarung unter jenen<br />
Staaten, die in einer bestimmten Region die hauptsächlichen<br />
Nutzer <strong>der</strong> Hohen See sind, hat somit<br />
keine bindende Wirkung für Drittstaaten. Zur sogenannten<br />
Freiheit <strong>der</strong> Hohen See gehört u. a. weiter<br />
das grundsätzliche Recht eines jeden Staats, auf<br />
Hoher See die <strong>Meere</strong>sressourcen <strong>zu</strong> nutzen (z. B.<br />
Fischfang). Im Gegensatz <strong>zu</strong>r Schifffahrtsfreiheit gilt<br />
dieser Anspruch jedoch nicht uneingeschränkt, und<br />
entsprechend gibt es bereits eine Anzahl internationaler<br />
Konventionen, welche die Nut<strong>zu</strong>ng leben<strong>der</strong><br />
<strong>Meere</strong>sressourcen insbeson<strong>der</strong>e in Be<strong>zu</strong>g auf<br />
bestimmte Arten auch auf Hoher See Regeln unterwerfen.<br />
Beispiele sind das Verbot <strong>der</strong> Befischung<br />
anadromer Arten (Fische, die im Süßwasser laichen<br />
und im Meerwasser leben, z. B. <strong>der</strong> Lachs) auf Hoher<br />
See gemäß Art. 66 Abs. 3 Bst. a UNCLOS o<strong>der</strong> die<br />
Walschutzgebiete im Rahmen des Übereinkommens<br />
<strong>zu</strong>r Regelung des Walfangs (Gerber et al., 2005).<br />
Aufgrund drängen<strong>der</strong> Probleme, etwa <strong>der</strong> <strong>zu</strong>nehmenden<br />
Zerstörung empfindlicher unterseeischer<br />
Strukturen mit beson<strong>der</strong>s hoher biologischer Vielfalt<br />
durch Fischereiaktivitäten (z. B. „seamounts“ o<strong>der</strong><br />
Kaltwasserkorallenriffe; UNGA, 2004; CBD, 2004b)<br />
und dem Ausmaß illegaler bzw. unregulierter Fischerei<br />
(FAO, 2001), ist es notwendig, dass Lösungen für<br />
den <strong>Meere</strong>sschutz auf Hoher See schnell gefunden<br />
und umgesetzt werden. Angesichts des deutlichen<br />
Willens <strong>der</strong> internationalen Gemeinschaft, <strong>Meere</strong>sschutzgebiete<br />
als Instrument intensiver <strong>zu</strong> nutzen,<br />
besteht konkreter Handlungsbedarf, MPA auf Hoher<br />
Handlungsempfehlungen: Management mariner Ökosysteme verbessern 2.6<br />
See völkerrechtlich besser <strong>zu</strong> verankern. Folgende<br />
konkrete Anfor<strong>der</strong>ungen sind an ein <strong>zu</strong> entwickelndes<br />
Regime <strong>zu</strong> Schutzgebieten auf Hoher See <strong>zu</strong> stellen<br />
(CBD, 2005a):<br />
• Über den artenspezifischen o<strong>der</strong> regionalen Ansatz<br />
hinaus muss eine integrierte Vorgehensweise<br />
erreicht werden, welche auch auf Hoher See eine<br />
großräumige Vernet<strong>zu</strong>ng des Schutzes mariner<br />
Ökosysteme ermöglicht. Dabei sollte es einen<br />
offenen Zugang <strong>zu</strong> den <strong>Meere</strong>sschutzgebieten auf<br />
Hoher See für Forschungzwecke geben, sofern<br />
dies nicht dem Schutzzweck <strong>zu</strong>wi<strong>der</strong> läuft.<br />
• Angesichts des Problems <strong>der</strong> illegalen bzw. unregulierten<br />
Befischung <strong>der</strong> Hohen See – das mangels<br />
territorialer hoheitlicher Durchset<strong>zu</strong>ngsgewalt<br />
in dieser <strong>Meere</strong>szone nicht von Einzelstaaten<br />
angegangen werden kann – sind Mechanismen <strong>zu</strong>r<br />
Durchset<strong>zu</strong>ng allfälliger Schutzpflichten auf<br />
Hoher See ins Auge <strong>zu</strong> fassen (Platzö<strong>der</strong>, 2001;<br />
Warner, 2001).<br />
• Angesichts <strong>der</strong> Notwendigkeit großräumiger Vernet<strong>zu</strong>ng<br />
ist darauf hin<strong>zu</strong>wirken, dass die Einrichtung<br />
von MPA auf Hoher See – an<strong>der</strong>s als bisher<br />
im Rahmen <strong>der</strong> jeweiligen spezifischen Konventionen<br />
geschehen – koordiniert erfolgt (CBD,<br />
2005b).<br />
2.6.2.5<br />
Verhandlungsprozesse<br />
Auf globaler Ebene wird <strong>der</strong>zeit vor allem in zwei<br />
parallelen politischen Prozessen über MPA verhandelt:<br />
• In <strong>der</strong> Biodiversitätskonvention stehen in einer<br />
Arbeitsgruppe <strong>zu</strong> Schutzgebieten auch die MPA<br />
auf <strong>der</strong> Tagesordnung, was Schutzgebiete außerhalb<br />
<strong>der</strong> nationalen Hoheitsgebiete mit einschließt.<br />
<strong>Die</strong> Versuche, konkrete Gebiete auf <strong>der</strong><br />
Hohen See <strong>zu</strong> vereinbaren, die für MPA geeignet<br />
sind, bzw. eine konkrete Zielset<strong>zu</strong>ng, 5–10 MPA<br />
auf Hoher See bis 2008 aus<strong>zu</strong>weisen, scheiterten<br />
bisher allerdings am Wi<strong>der</strong>stand weniger Fischereinationen<br />
(z. B. Island, Norwegen, Neuseeland).<br />
• 2004 wurde eine informelle Arbeitsgruppe <strong>der</strong><br />
Generalversammlung <strong>der</strong> Vereinten Nationen<br />
gegründet (UNGA, 2004), die ein breites Mandat<br />
bezüglich <strong>der</strong> Erhaltung biologischer Vielfalt<br />
außerhalb <strong>der</strong> nationalen Hoheitsgebiete hat und<br />
im Februar 2006 erstmals getagt hat. Obwohl die<br />
Positionen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>gruppen <strong>zu</strong> MPA auf Hoher<br />
See noch weit auseinan<strong>der</strong> liegen, wird von vielen<br />
Staaten Handlungsbedarf angesichts <strong>der</strong> völkerrechtlichen<br />
Lücke gesehen.<br />
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