Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
26<br />
2 Globale Erwärmung und <strong>Meere</strong>sökosysteme<br />
des Ökosystemschutzes zählen (IUCN, 1994; Kelleher,<br />
1999; Murray et al., 1999).<br />
<strong>Die</strong> IUCN definiert ein <strong>Meere</strong>sschutzgebiet als:<br />
„Gebiet innerhalb o<strong>der</strong> unterhalb des Gezeitenbereichs,<br />
einschließlich seiner darüberliegenden<br />
Wassersäule und <strong>der</strong> da<strong>zu</strong>gehörigen Flora, Fauna<br />
sowie historischen und kulturellen Werte, das gesetzlich<br />
o<strong>der</strong> durch an<strong>der</strong>e wirksame Mittel in seiner<br />
Gesamtheit o<strong>der</strong> in Teilen geschützt wird“ (eigene<br />
Überset<strong>zu</strong>ng nach IUCN, 1988).<br />
MPA spielen im <strong>Meere</strong>sschutz eine beson<strong>der</strong>e<br />
Rolle, da sie eines <strong>der</strong> direkten und am einfachsten<br />
anwendbaren Instrumente für den ökosystemaren<br />
Ansatz sind (Royal Commission on Environmental<br />
Pollution, 2004). Sie können zwar we<strong>der</strong> den Klimawandel<br />
o<strong>der</strong> die Ver<strong>sauer</strong>ung aufhalten, noch die<br />
Einwan<strong>der</strong>ung nicht heimischer Arten verhin<strong>der</strong>n<br />
o<strong>der</strong> weitwan<strong>der</strong>nde Arten vollständig schützen.<br />
Aber sie sind ein wichtiges Instrument, um einerseits<br />
die Resilienz und Anpassungsfähigkeit <strong>der</strong> Ökosysteme<br />
<strong>zu</strong> verbessern und an<strong>der</strong>erseits anthropogene<br />
Faktoren wie Überfischung o<strong>der</strong> Habitatzerstörung<br />
in ihren Grenzen durch Management o<strong>der</strong> Verbote<br />
ein<strong>zu</strong>dämmen (z. B. Mumby et al., 2006). So sind<br />
MPA z. B. die wichtigsten Instrumente beim Umgang<br />
mit Korallenbleichen, da hierdurch zwar nicht die<br />
eigentliche Ursache bekämpft, aber die allgemeine<br />
Wi<strong>der</strong>standsfähigkeit <strong>der</strong> Riffe erhöht werden kann<br />
(Grimsditch und Salm, 2005). <strong>Die</strong> wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen<br />
Resilienz und anthropogenem Einfluss sowie biologischer<br />
Vielfalt müssen allerdings noch verbessert<br />
werden (Kap. 2.7). Für den Küstenschutz sind naturnahe<br />
Ökosysteme ebenfalls von Bedeutung: Beispielsweise<br />
konnte <strong>der</strong> asiatische Tsunami vom 26.<br />
Dezember 2004 an den Stellen, wo die Mangroven<br />
bzw. Korallen zerstört worden waren, viel weiter ins<br />
Land vordringen als an<strong>der</strong>norts (Danielsen et al.,<br />
2005; Fernando und McCulley, 2005). Geschützte<br />
Küstenökosysteme sind daher auch ein wichtiges<br />
Element von Anpassungsstrategien gegenüber dem<br />
Klimawandel (Kap. 3.4.1).<br />
Zusätzlich <strong>zu</strong>m Ökosystemschutz können MPA<br />
auch als Instrument des Fischereimanagements für<br />
die Erhaltung kommerzieller Fischbestände von<br />
Nutzen sein, z. B. wenn das traditionelle Management<br />
versagt und Überfischung ausgelöst hat, o<strong>der</strong><br />
um gegen künftige <strong>der</strong>artige Fehler ab<strong>zu</strong>sichern<br />
(Bohnsack, 1998; Pauly, et al., 2002; Gell und Roberts,<br />
2003). Selbst bestandserhaltende Fischerei kann eine<br />
Reihe negativer Effekte für marine Ökosysteme<br />
haben, was sich durch die Einrichtung von MPA mil<strong>der</strong>n<br />
lässt (Palumbi, 2003).Auch können MPA Fischarten,<br />
die nicht unter Monitoring o<strong>der</strong> Management<br />
stehen, aber dennoch gefangen werden, einen Rück<strong>zu</strong>gsraum<br />
geben. Küstenökosysteme und Ästuare<br />
sind <strong>zu</strong>dem wichtig, um Kin<strong>der</strong>stuben vieler Fischarten<br />
gegen Klimavariabilität <strong>zu</strong> schützen (Attrill und<br />
Power, 2002). MPA sollten im Zusammenhang mit<br />
den traditionellen Instrumenten des Fischereimanagements<br />
gesehen werden, u. a. da durch die Einrichtung<br />
eines großflächigen Netzwerks von MPA die<br />
Quotenfestlegungen betroffen sein können, wenn<br />
sich Fischereiaktivitäten auf die Gebiete außerhalb<br />
<strong>der</strong> MPA beschränken müssen (Hilborn, 2003).<br />
Auch im marinen Bereich gibt es eine abgestufte<br />
Reihe von Schutzkategorien. Sie reicht von totalem<br />
Schutz (marine Reservate mit dem Verbot extraktiver<br />
Nut<strong>zu</strong>ng) bis <strong>zu</strong> Gebieten, die vornehmlich <strong>der</strong><br />
Aufrechterhaltung <strong>der</strong> nachhaltigen Nut<strong>zu</strong>ng mariner<br />
Ressourcen o<strong>der</strong> ihrer traditionellen Nut<strong>zu</strong>ng<br />
dienen (IUCN, 1994). Eine beson<strong>der</strong>e Ausprägung<br />
<strong>der</strong> MPA sind Gebiete, die für die Fischerei geschlossen<br />
sind (No-take Areas). Häufig sind unterschiedliche<br />
Schutzkategorien angrenzend angeordnet, mit<br />
Kernzonen unter Totalschutz und Randzonen mit<br />
geringeren Nut<strong>zu</strong>ngsbeschränkungen (Agardy et al.,<br />
2003). <strong>Die</strong> Effektivität von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
kann verbessert werden, wenn sie in den Rahmen<br />
eines Schutzgebietssystems gestellt werden, <strong>der</strong> ökologische<br />
Repräsentativität und Vernet<strong>zu</strong>ng sicherstellen<br />
soll.<br />
Auch wenn es noch Unstimmigkeiten über das<br />
optimale Design und Management von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
gibt (NRC, 2001), besteht doch weitgehend<br />
Konsens darüber, dass adaptives Management,<br />
die Verknüpfung einzelner MPA <strong>zu</strong> Schutzgebietssystemen,<br />
Partizipation bzw. Komanagement<br />
sowie eine integrierte Betrachtung <strong>der</strong> Beziehungen<br />
zwischen MPA und <strong>der</strong> intensiver genutzten Flächen<br />
außerhalb wichtige Punkte bei Gestaltung und<br />
Management von MPA sind.<br />
2.6.2.2<br />
Internationale politische Zielset<strong>zu</strong>ngen<br />
Wegen dieses doppelten Nutzens von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
für den Ökosystemschutz einerseits und als<br />
Instrument für das Fischereimanagement an<strong>der</strong>erseits<br />
(Lubchenko et al., 2003) schlägt <strong>der</strong> <strong>WBGU</strong> als<br />
Leitplanke vor, 20–30% des <strong>Meere</strong>s als ein vernetztes<br />
System von MPA aus<strong>zu</strong>weisen (Kap. 2.5.1). Der<br />
<strong>der</strong>zeitige Anteil <strong>der</strong> geschützten Fläche liegt nur bei<br />
weniger als 1% <strong>der</strong> marinen Habitate. Der Nachholbedarf<br />
ist also sehr groß und hat erst in jüngster Zeit<br />
<strong>zu</strong> einer Vielzahl politischer Zielset<strong>zu</strong>ngen geführt:<br />
• Auf dem WSSD hat sich die Weltgemeinschaft<br />
<strong>zu</strong>m Ziel gesetzt, bis 2012 ein ökologisch repräsentatives<br />
und gut geführtes Netzwerk von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
ein<strong>zu</strong>richten (WSSD, 2002).