Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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2 Globale Erwärmung und <strong>Meere</strong>sökosysteme<br />
Klimaverän<strong>der</strong>ungen ab<strong>zu</strong>geben (ACIA, 2005; Kap.<br />
2.7). Dennoch darf das un<strong>zu</strong>reichende Wissen nicht<br />
als Grund für die Verzögerung von Schutz- o<strong>der</strong><br />
Managementmaßnahmen dienen, son<strong>der</strong>n es muss<br />
gemäß des Vorsorgeprinzips auch unter Unsicherheit<br />
gehandelt werden. <strong>Die</strong>ses Vorsorgeprinzip ist bereits<br />
in <strong>der</strong> multilateralen Fischereipolitik verankert, z. B.<br />
im UN-Abkommen über wan<strong>der</strong>nde Fischbestände.<br />
2.6.1<br />
Fischereimanagement<br />
Für die nationalen und internationalen Institutionen<br />
ist es eine Herausfor<strong>der</strong>ung, mit <strong>der</strong> komplexen<br />
Gemengelage aus vielfältigen anthropogenen Einflüssen<br />
um<strong>zu</strong>gehen, wie sie <strong>der</strong>zeit die Fischerei<br />
kennzeichnen, daraus Entscheidungen für nachhaltiges<br />
Management ab<strong>zu</strong>leiten und diese nicht <strong>zu</strong>letzt<br />
auch vor Ort durch<strong>zu</strong>setzen. Bis heute kann die<br />
Situation nicht <strong>zu</strong>frieden stellen: <strong>Die</strong> seit Jahrzehnten<br />
bekannten und auf Weltkonferenzen wie<strong>der</strong>holten<br />
Auffor<strong>der</strong>ungen <strong>zu</strong> einem nachhaltigen Umgang<br />
mit den Fischbeständen haben insgesamt gesehen<br />
(und mit wichtigen regionalen Ausnahmen) kaum <strong>zu</strong><br />
einer Verbesserung <strong>der</strong> Situation geführt (Kap. 2.3).<br />
<strong>Die</strong> Hälfte <strong>der</strong> Fischbestände sind maximal ausgenutzt,<br />
ein Viertel als Folge von Überfischung bereits<br />
kollabiert (FAO, 2004). Illegale bzw. unregulierte<br />
Fischerei auf Hoher See ist trotz internationaler<br />
Bemühungen immer noch ein ungelöstes Problem<br />
(FAO, 2001). <strong>Die</strong>se bereits sehr schwierige Situation<br />
wird in <strong>Zukunft</strong> durch den Klimawandel verschärft.<br />
Zudem wurden durch neue Techniken die Grenzen<br />
des Machbaren in <strong>der</strong> Fischerei immer weiter hinausgeschoben,<br />
etwa durch das Auffinden von Fisch über<br />
stark verbesserte Sensorik und die Erreichbarkeit<br />
auch großer Tiefen und spezieller Bestände durch<br />
mo<strong>der</strong>ne Fangmethoden. Es gibt heute kaum noch<br />
einen Lebensraum im Meer, <strong>der</strong> für Fischereiaktivitäten<br />
un<strong>zu</strong>gänglich ist.<br />
Aus diesen Gründen ist Management <strong>der</strong> Fischgründe<br />
auf Grundlage des ökosystemaren Ansatzes<br />
und des Vorsorgeprinzips dringend geboten, um die<br />
Resilienz <strong>der</strong> Ökosysteme <strong>zu</strong> erhalten (Scheffer et<br />
al., 2001; Pikitch et al., 2004). Das Abkommen <strong>zu</strong><br />
Erhaltung und Bewirtschaftung von wan<strong>der</strong>nden<br />
Fischbeständen im Bereich <strong>der</strong> Hohen See basiert<br />
auf <strong>der</strong> Anwendung des Vorsorgeprinzips. Auch in<br />
den Konzepten <strong>der</strong> FAO (z. B. beim Code of Conduct<br />
for Responsible Fisheries; FAO, 1995) spielen<br />
Vorsorgeprinzip und Ökosystemschutz seit langem<br />
eine tragende Rolle. <strong>Die</strong> <strong>Meere</strong>sschutzstrategie <strong>der</strong><br />
EU nennt den ökosystembasierten Ansatz als ein<br />
Schlüsselelement (EU-Kommission, 2005), klammert<br />
aber dennoch die Fischereipolitik aus <strong>der</strong> Stra-<br />
tegie aus. Zudem bleiben die vorgesehenen verbindlichen<br />
Vorgaben sehr vage, so dass die Effektivität<br />
<strong>der</strong> Strategie voraussichtlich weitgehend von <strong>der</strong><br />
Umset<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten abhängen wird.<br />
<strong>Die</strong> breite Durchset<strong>zu</strong>ng nachhaltiger Fischereibewirtschaftung<br />
ist seit langem überfällig (Fujita et<br />
al., 2004). <strong>Die</strong> wissenschaftlichen und konzeptionellen<br />
Grundlagen liegen vor und wurden auf internationaler<br />
politischer Ebene wie<strong>der</strong>holt bekräftigt.<br />
Auch die rechtlichen Regelungen auf nationaler bzw.<br />
regionaler Ebene sind vielfach bereits ausreichend.<br />
So hat z. B. in <strong>der</strong> Europäischen Union die gemeinsame<br />
Fischereipolitik einen umweltpolitisch durchaus<br />
akzeptablen rechtlichen Rahmen erhalten. Es<br />
fehlt aber nach wie vor an <strong>der</strong> konsequenten Umset<strong>zu</strong>ng,<br />
vor allem <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong> vom ICES wissenschaftlich<br />
empfohlenen Fangquoten sowie am<br />
raschen Abbau <strong>der</strong> Überkapazitäten (SRU, 2004). Es<br />
kann in diesem Kapitel nicht darum gehen, die ganze<br />
Problematik des weltweiten Fischereimanagements<br />
und seiner Un<strong>zu</strong>länglichkeiten <strong>zu</strong> behandeln. Es sollen<br />
vielmehr Empfehlungen abgeleitet o<strong>der</strong> bereits<br />
vorhandene bestärkt werden, die sich aus dem<br />
<strong>zu</strong>sätzlichen Problem des Klimawandels und seiner<br />
Wirkungen auf die Fischerei ergeben.<br />
• Der Paradigmenwechsel weg von <strong>der</strong> öffentlich<br />
finanzierten Überfischung (SRU, 2004) hin <strong>zu</strong><br />
einer nachhaltigen Fischereiwirtschaft ist überfällig.<br />
Da<strong>zu</strong> sollten die Bemühungen <strong>zu</strong>r Lösung <strong>der</strong><br />
Hauptprobleme <strong>der</strong> marinen Fischerei, namentlich<br />
die Überkapazität <strong>der</strong> Fangflotten, destruktive<br />
Fischereipraktiken, exzessiver Beifang, überhöhte<br />
Fangquoten, illegale bzw. unregulierte<br />
Fischerei auf Hoher See, Habitatzerstörung in<br />
Küstenökosystemen und Verschmut<strong>zu</strong>ng und För<strong>der</strong>ung<br />
<strong>der</strong> Kennzeichnung nachhaltiger <strong>Meere</strong>sprodukte<br />
(Labelling) dringend verstärkt werden.<br />
<strong>Die</strong> Umset<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> auf dem Weltgipfel für nachhaltige<br />
Entwicklung (WSSD) beschlossenen Ziele<br />
ist dafür eine wesentliche Messlatte.<br />
• Der Abbau von Subventionen im Fischereisektor<br />
ist ein wirksames Mittel, um die Überfischung <strong>zu</strong><br />
verlangsamen und langfristig <strong>zu</strong> stoppen. Schät<strong>zu</strong>ngen<br />
<strong>der</strong> weltweiten Fischereisubventionen<br />
gehen von jährlich 15–30 Mrd. US-$ aus (Milazzo,<br />
1998; Virdin und Schorr, 2001). <strong>Die</strong>se Subventionen<br />
sollten <strong>zu</strong>rückgeführt werden, um damit die<br />
Anreize <strong>zu</strong>r Übernut<strong>zu</strong>ng <strong>der</strong> <strong>Meere</strong> <strong>zu</strong> reduzieren.<br />
Gleichzeitig würden öffentliche Mittel freigesetzt,<br />
die u. a. auch in den <strong>Meere</strong>sschutz investiert<br />
werden können.<br />
• <strong>Die</strong> jüngsten Anstrengungen im Rahmen <strong>der</strong><br />
WTO <strong>zu</strong>r Rückführung <strong>der</strong> Fischereisubventionen<br />
werden vom WGBU begrüßt. <strong>Die</strong>s gilt vor<br />
allem für Subventionen in den OECD-Län<strong>der</strong>n<br />
und insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> EU (SRU, 2004). Nega-