Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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stämme in das Korallengewebe aufgenommen werden,<br />
einen besseren Schutz gegen künftige Temperaturspitzen<br />
bieten und somit eine begrenzte Anpassung<br />
an den Klimawandel ermöglichen (Baker et al.,<br />
2004; Rowan, 2004). Hoegh-Guldberg (2005) äußert<br />
allerdings die Sorge, dass die evolutionäre Anpassung<br />
von Korallen und Algen nicht mit <strong>der</strong> raschen<br />
Umweltverän<strong>der</strong>ung Schritt halten könnte, die sich<br />
in nur wenigen Jahrzehnten vollzieht.<br />
Korallenriffe könnten auf erhöhte Meerwassertemperaturen<br />
auch mit einer Verschiebung <strong>der</strong> Verbreitung<br />
o<strong>der</strong> des Artenspektrums reagieren. Eine<br />
Verschiebung des Verbreitungsgebiets polwärts wird<br />
aber allenfalls nur wenige Grad geografischer Breite<br />
betragen können, weil sowohl das Licht (für die Photosynthese<br />
<strong>der</strong> symbiontischen Algen) als auch die<br />
Aragonitübersättigung (für die Kalzifizierung)<br />
begrenzende Parameter sind (Buddemeier et al.,<br />
2004).<br />
2.4.2<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung auf Korallen<br />
<strong>Die</strong> Ver<strong>sauer</strong>ung des <strong>Meere</strong>s durch die Hydrolyse<br />
von CO 2 im Meerwasser (Kap. 4.1) beeinflusst die<br />
Karbonatchemie und betrifft damit auch die Korallen,<br />
die Skelette aus Kalziumkarbonat erzeugen (Orr<br />
et al., 2005). Dabei ist die Kalkbildung (Kalzifizierung)<br />
nicht nur Grundlage für das Wachstum <strong>der</strong><br />
Korallenriffe, sie wirkt auch dem Prozess <strong>der</strong> Erosion<br />
<strong>der</strong> Riffe entgegen. Durch die CO 2 -bedingte Drosselung<br />
<strong>der</strong> Kalkbildungsrate wird die Ausbreitung <strong>der</strong><br />
Korallenriffe in kühlere <strong>Meere</strong>sgebiete behin<strong>der</strong>t, so<br />
dass nach aktuellen Perspektiven sowohl erhöhte<br />
Temperaturen als auch erhöhte CO 2 -Gehalte die<br />
Verbreitungsgebiete heutiger Korallenriffe drastisch<br />
einschränken werden (Hoegh-Guldberg, 2005).<br />
In Laborexperimenten, welche eine verdoppelte<br />
CO 2 -Konzentration in <strong>der</strong> Atmosphäre simulierten,<br />
sank die Kalkbildungsrate bei Korallen um 11–37%<br />
(Gattuso et al., 1999). Modellrechnungen von Kleypas<br />
et al. (1999) bestätigen diese Ergebnisse. Danach<br />
ist die Kalkbildung heute bereits um 6–11% gegenüber<br />
vorindustriellen Werten gefallen. Bei einer<br />
CO 2 -Verdopplung wird mit einer weiteren Verringerung<br />
um 8–17% gegenüber den heutigen Werten<br />
gerechnet. Eine verringerte Kalzifizierung bedeutet<br />
ein langsameres Wachstum des Korallenskeletts und<br />
damit eine verringerte Konkurrenzfähigkeit um<br />
Raum im Korallenriff. Außerdem entstehen Skelette<br />
mit geringerer Dichte, die <strong>zu</strong> höherer Bruchgefahr<br />
und Anfälligkeit gegenüber Erosion führen.<br />
<strong>Die</strong> Kalzifizierungsrate wird neben <strong>der</strong> CO 2 -Konzentration<br />
auch durch die Wassertemperatur beeinflusst.<br />
Erhöhte Meerwassertemperaturen könnten <strong>zu</strong><br />
Schwerpunkt: Klima und Korallenriffe 2.4<br />
höherer Stoffwechselaktivität und verstärkter Photosyntheseleistung<br />
<strong>der</strong> symbiontischen Algen führen<br />
und damit auch <strong>zu</strong> höherer Kalkbildung bei Korallen<br />
(Lough und Barnes, 2000). McNeil et al. (2004)<br />
schließen aus In-situ-Untersuchungen und Modellrechnungen,<br />
dass die Kalzifizierungsraten <strong>der</strong> Korallen<br />
im Jahr 2100 trotz abnehmen<strong>der</strong> Aragonitsättigung<br />
aufgrund <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>serwärmung sogar um 35%<br />
über den vorindustriellen Raten liegen könnten,<br />
vorausgesetzt es findet eine Anpassung <strong>der</strong> Korallen<br />
an höhere Meerwassertemperaturen statt. <strong>Die</strong>se<br />
Thesen sind wissenschaftlich umstritten (Kleypas et<br />
al., 2005). Um langfristig die Kalzifizierung <strong>zu</strong> steigern,<br />
müsste <strong>der</strong> Temperaturanstieg des Meerwassers<br />
unterhalb <strong>der</strong> thermischen Toleranzgrenze <strong>der</strong><br />
Korallen bleiben. <strong>Die</strong> zentrale Frage bleibt also auch<br />
hier, ob sich die tropischen Korallen und ihre symbiontischen<br />
Algen in ihrer Temperaturtoleranz genetisch<br />
schnell genug an die steigenden Meerwassertemperaturen<br />
anpassen können. <strong>Die</strong> möglicherweise<br />
erhöhte Kalzifizierung bliebe dann ohne Bedeutung,<br />
wenn die Korallen an Hitzestress eingingen.<br />
2.4.3<br />
Maßnahmen <strong>zu</strong>m Schutz von Korallen<br />
Aufgrund <strong>der</strong> Spezialisierung <strong>der</strong> tropischen Korallenriffe<br />
auf ein enges Spektrum an Temperatur,<br />
Aragonitübersättigung und hoher Lichteinstrahlung<br />
stellt <strong>der</strong> Klimawandel neben den lokalen anthropogenen<br />
Stressoren eine große Bedrohung für sie dar.<br />
Zunehmende Korallenbleichen unterstreichen die<br />
Notwendigkeit, klimapolitische Maßnahmen energisch<br />
um<strong>zu</strong>setzen. Auch die gesündesten Riffe sind<br />
gegen diese Auswirkungen nicht gefeit, wie <strong>der</strong> Statusbericht<br />
<strong>der</strong> Korallenriffe zeigt (Wilkinson, 2004).<br />
Es wurde aber festgestellt, dass „gesunde“, in unberührten<br />
Gegenden gelegene Riffe bei Korallenbleichen<br />
die größte Überlebenschance besaßen. Es ist<br />
also sinnvoll, die Resilienz von Korallengemeinschaften<br />
durch Schutz <strong>zu</strong> stärken.<br />
Dafür wird die Einrichtung von <strong>Meere</strong>sschutzgebieten<br />
(Marine Protected Areas, MPA) als beson<strong>der</strong>s<br />
wirkungsvoll angesehen, möglichst in ihrer<br />
weitgehendsten Form als No-take Areas, die für die<br />
Fischerei geschlossen sind (Hughes et al., 2003; Bellwood<br />
et al., 2004; Kap. 2.6.2). Der Fokus auf Schutzgebiete<br />
darf aber nicht <strong>zu</strong>r Vernachlässigung des<br />
Managements <strong>der</strong> verbleibenden, viel größeren Riffflächen<br />
führen, die nicht unter Schutz stehen. Auf<br />
regionaler Ebene müssen die kritischen funktionellen<br />
Gruppen (Vergesellschaftung bestimmter, regional<br />
oft verschiedener Arten, die das Ökosystem aufrecht<br />
erhalten) geschützt werden, sonst verliert das<br />
Gebiet an Wi<strong>der</strong>standskraft.<br />
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