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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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16<br />

2 Globale Erwärmung und <strong>Meere</strong>sökosysteme<br />

mehrtem Kontakt <strong>zu</strong>m Menschen und daher wohl<br />

mit nur wenig Aussicht auf ein Überleben dieser Art.<br />

Szenarien für die Ostsee ergeben, dass auch hier<br />

die Eisbedeckung in den kommenden 30 Jahren<br />

deutlich abnehmen wird. <strong>Die</strong> baltische Ringelrobbe<br />

benötigt für die Auf<strong>zu</strong>cht <strong>der</strong> Jungen mindestens<br />

zwei Monate lang eine feste Eisschicht mit Schneebedeckung.<br />

Von den bisherigen vier Auf<strong>zu</strong>chtgebieten<br />

in <strong>der</strong> Ostsee mit separaten Populationen wird<br />

künftig wohl nur noch im Bottnischen Meerbusen<br />

ein geeignetes Areal vorhanden sein (Meier et al.,<br />

2004). Auch in <strong>der</strong> Antarktis gibt es erste Beobachtungen,<br />

die auf Klimaän<strong>der</strong>ungen <strong>zu</strong>rückgeführt<br />

werden: Seit zwanzig Jahren ist die Geburtenrate <strong>der</strong><br />

Pelzrobben rückläufig. <strong>Die</strong>ser Rückgang korreliert<br />

mit den ungewöhnlich hohen Temperaturen des<br />

Oberflächenwassers nach den häufigen El-Niño-<br />

Ereignissen zwischen 1987 und 1998 und wird vermutlich<br />

durch das gesunkene Nahrungsangebot –<br />

vorwiegend Krill – für die Robbenweibchen verstärkt<br />

(Forcada et al., 2005).<br />

<strong>Die</strong>se Beispiele zeigen, wie einschneidend sich klimabedingte<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Lebensraum Eis auf<br />

die höchste trophische Ebene auswirken können.<br />

2.2.2.5<br />

Ökosystemare Wirkungen<br />

Temperaturerhöhung und an<strong>der</strong>e Faktoren des Klimawandels<br />

wirken auf Organismengruppen jeweils<br />

unterschiedlich, so dass verschieden starke o<strong>der</strong><br />

schnelle Populationsverschiebungen Arten trennen<br />

können, die früher im gleichen Gebiet o<strong>der</strong> gleichzeitig<br />

auftraten. <strong>Die</strong>se Entkopplung zwischen vormals<br />

synchronen trophischen Ebenen kann erhebliche<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Ökosystemstruktur hervorrufen<br />

(„trophic mismatch“, z. B. in <strong>der</strong> Nordsee:<br />

Edwards und Richardson, 2004). Klimainduzierte<br />

räumliche Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Phytoplanktonverteilung<br />

können über das herbivore Zooplankton bis<br />

<strong>zu</strong>m carnivoren Zooplankton durchschlagen, so dass<br />

sich auch Fische, Seevögel und Säugetiere an die<br />

neuen Bedingungen anpassen müssen (Richardson<br />

und Schoeman, 2004).<br />

Derartige großräumige Verschiebungen auf verschiedenen<br />

Ebenen eines Nahrungsnetzes konnten<br />

u. a. bereits im Nordatlantik beobachtet werden<br />

(Beaugrand und Reid, 2003). Nach einer außergewöhnlichen<br />

Temperatur<strong>zu</strong>nahme verschoben sich im<br />

Verlauf <strong>der</strong> 1980er Jahre Kaltwasserarten wie<br />

Leuchtkrebse (Euphausiden) und Ru<strong>der</strong>fußkrebse<br />

(Copepoden) nordwärts und gingen im Bestand<br />

<strong>zu</strong>rück, während die kleineren, wärmeliebenden<br />

Arten entsprechend <strong>zu</strong>nahmen (Beaugrand et al.,<br />

2002). <strong>Die</strong>s hatte wie<strong>der</strong>um einen Rückgang <strong>der</strong><br />

Lachspopulation <strong>zu</strong>r Folge. Für die <strong>Zukunft</strong> erwarten<br />

Beaugrand und Reid (2003) einen weiteren<br />

Rückgang <strong>der</strong> Anzahl und <strong>der</strong> Verbreitung <strong>der</strong><br />

Lachspopulation, vor allem an den südlichen Rän<strong>der</strong>n<br />

ihrer geographischen Verbreitung (Spanien und<br />

Frankreich).<br />

Als Folge <strong>der</strong> Verschiebung <strong>der</strong> Verbreitungsgebiete<br />

vieler Arten in Richtung Pole nimmt <strong>der</strong> Druck<br />

auf marine Ökosysteme in den polaren Regionen<br />

durch neu einwan<strong>der</strong>nde Arten stetig <strong>zu</strong>, während<br />

die an niedrige Temperaturen angepassten Bewohner<br />

dieser Gebiete nicht in kühlere Breiten ausweichen<br />

können. Sie sind also beson<strong>der</strong>s empfindlich<br />

gegenüber dem Klimawandel, so dass beson<strong>der</strong>s bei<br />

den polar-marinen <strong>Meere</strong>isökosystemen Verluste<br />

von Habitaten und Arten <strong>zu</strong> erwarten sind (Smetacek<br />

und Nicol, 2005;ACIA, 2005). Zudem sind in <strong>der</strong><br />

Arktis die regionalen Ausprägungen <strong>der</strong> globalen<br />

Erwärmung beson<strong>der</strong>s deutlich spürbar, u. a. weil es<br />

dort als Folge <strong>der</strong> Albedoverän<strong>der</strong>ungen durch das<br />

<strong>zu</strong>rückgehende <strong>Meere</strong>is eine beson<strong>der</strong>s starke Rückkopplung<br />

mit <strong>der</strong> regionalen Temperatur gibt (Kap.<br />

2.1.2).<br />

Durch die Klimaerwärmung wird die Primärproduktion<br />

im Arktischen Ozean wahrscheinlich <strong>zu</strong>nehmen,<br />

wenn auch von einem sehr niedrigen Niveau<br />

aus (ACIA, 2005). <strong>Die</strong> erhöhte Produktion kann entwe<strong>der</strong><br />

durch das Zooplankton genutzt werden o<strong>der</strong><br />

aussedimentieren und damit den Bodentieren als<br />

Nahrung dienen. In Gebieten mit saisonaler Eisbedeckung<br />

kann aufgrund <strong>der</strong> klimabedingten Verän<strong>der</strong>ung<br />

des Beginns <strong>der</strong> Eisschmelze im Frühjahr<br />

eine zeitliche Verschiebung zwischen <strong>der</strong> Phytoplanktonblüte<br />

und dem massenhaften Vorkommen<br />

des Zooplanktons auftreten, ebenso zwischen dem<br />

Zooplankton und den Fischlarven. Dadurch würde<br />

aufgrund mangeln<strong>der</strong> Synchronisation nur ein geringerer<br />

Anteil <strong>der</strong> Primärproduktion für höhere Ebenen<br />

des Nahrungsnetzes <strong>zu</strong>r Verfügung stehen. Wie<br />

sich die erhöhte Primärproduktion letztlich auf<br />

Fisch-, Vogel- und Säugerpopulationen auswirkt,<br />

kann jedoch kaum verlässlich prognostiziert werden<br />

(ACIA, 2005).<br />

Eine wichtige Frage ist, ob <strong>der</strong> anthropogene Klimawandel<br />

natürlich vorkommende Regimeübergänge<br />

beeinflussen kann (Kap. 2.2.1). Bei <strong>der</strong> geringen<br />

Resilienz <strong>der</strong> marinen Ökosystemstrukturen und<br />

<strong>der</strong> Stärke des <strong>zu</strong> erwartenden anthropogenen Klimasignals<br />

(Kap. 2.2.2) ist keinesfalls aus<strong>zu</strong>schließen,<br />

dass Regimeübergänge künftig qualitativ an<strong>der</strong>s<br />

ablaufen, häufiger o<strong>der</strong> seltener werden o<strong>der</strong> in<br />

Regionen stattfinden, in denen sie bisher nicht auftraten.<br />

<strong>Die</strong> beobachtete Beschleunigung <strong>der</strong> Periodizität<br />

<strong>der</strong> Regimeübergänge im Nordpazifik (King,<br />

2005) könnte darauf hindeuten, dass es einen Zusammenhang<br />

mit dem anthropogenen Klimawandel gibt,

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