Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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großer Unsicherheit – eher die Tendenz <strong>zu</strong> einer<br />
leichten Erhöhung <strong>der</strong> globalen Primärproduktion.<br />
Auch hier sind die Auswirkungen regional äußerst<br />
unterschiedlich. <strong>Die</strong> Autoren des Arctic Climate<br />
Impact Assessment halten es für wahrscheinlich, dass<br />
sich eine mo<strong>der</strong>ate Erwärmung för<strong>der</strong>nd auf die Primärproduktion<br />
in <strong>der</strong> Arktis auswirken würde – vor<br />
allem durch die Reduktion des <strong>Meere</strong>ises (ACIA,<br />
2005).<br />
<strong>Die</strong> vorliegenden Ergebnisse sind also teilweise<br />
wi<strong>der</strong>sprüchlich, und regionale Beobachtungen lassen<br />
sich nicht immer mit Modellprognosen in Einklang<br />
bringen. Das Verständnis <strong>der</strong> Prozesse – z. B.<br />
die Temperatursensitivität <strong>der</strong> Primärproduktion –<br />
ist offensichtlich un<strong>zu</strong>reichend. <strong>Die</strong> Qualität gekoppelter<br />
Klima-, Ozean- und Ökosystemmodelle läßt<br />
<strong>der</strong>zeit keine belastbaren Aussagen <strong>zu</strong> (Sarmiento et<br />
al., 2004), wenn auch einige Regionalmodelle die<br />
Zusammenhänge zwischen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von<br />
Ozeanströmungen bis hin <strong>zu</strong>r Primärproduktion<br />
bereits abbilden können (Beipiele in Bran<strong>der</strong>, 2005).<br />
Es ist zwar unwahrscheinlich, aber nicht aus<strong>zu</strong>schließen,<br />
dass <strong>der</strong> Klimawandel <strong>zu</strong> einer Unterbrechung<br />
des Nordatlantikstroms führt (Kap. 2.1.3;<br />
Rahmstorf, 2000; Curry und Mauritzen, 2005). Für<br />
dieses Szenario zeigen die Simulationen von<br />
Schmittner (2005) eine gänzlich verän<strong>der</strong>te ökosystemare<br />
Situation: <strong>Die</strong> Biomasse von Phyto- und Zooplankton<br />
des Nordatlantiks würde wegen stark abgeschwächter<br />
Nährstoffversorgung des Oberflächenwassers<br />
um die Hälfte abnehmen, mit entsprechend<br />
großen Auswirkungen auf die Ökosystemproduktivität<br />
und -struktur.<br />
2.2.2.3<br />
Zooplankton<br />
<strong>Die</strong> Primärproduktion des Phytoplanktons ist Nahrungsgrundlage<br />
für das Zooplankton (Sekundärproduktion:<br />
häufig Kleinkrebse), das wie<strong>der</strong>um als Nahrung<br />
für den Aufbau von Fischpopulationen von entscheiden<strong>der</strong><br />
Bedeutung ist. Vor allem Fischlarven<br />
sind auf eine zeitgleiche, hohe Verfügbarkeit von<br />
geeignetem Zooplankton angewiesen, damit die<br />
Fischbestände aufgestockt werden und die Produktion<br />
aufrechterhalten wird. Auch beim Zooplankton<br />
zeigen die folgenden Beispiele, dass bereits deutliche<br />
Verän<strong>der</strong>ungen als Folge des anthropogenen Klimawandels<br />
fest<strong>zu</strong>stellen sind.<br />
Im Nordatlantik wurde die Verbreitung von<br />
Ru<strong>der</strong>fußkrebsen (Copepoden), einer wichtigen<br />
Gruppe im marinen Nahrungsnetz, als Folge einer<br />
Kombination von Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Nordatlantischen<br />
Oszillation (NAO) und des anthropogenen<br />
Klimawandels um ca. 10° Breite nordwärts verscho-<br />
Auswirkungen <strong>der</strong> globalen Erwärmung auf <strong>Meere</strong>sökosysteme 2.2<br />
ben (Beaugrand et al., 2002). Beim Nordseekabeljau<br />
haben diese Verän<strong>der</strong>ungen <strong>zu</strong>sätzlich <strong>zu</strong>r Überfischung<br />
da<strong>zu</strong> beigetragen, dass die Fischlarven<br />
schlechte Bedingungen vorfanden und die Populationen<br />
stetig abnahmen (Beaugrand et al., 2003).<br />
In <strong>der</strong> Antarktis hat <strong>der</strong> Krill (Euphausia superba)<br />
seit 1976 deutlich abgenommen, während an<strong>der</strong>e<br />
Zooplanktonarten (Salpen) <strong>zu</strong>genommen haben,<br />
was wahrscheinlich auf die klimabedingte Reduktion<br />
des <strong>Meere</strong>ises rund um die antarktische Halbinsel<br />
<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>führen ist (Atkinson et al., 2004). Da Krill<br />
als Futter für Fische, Pinguine, Robben und Wale<br />
wichtig ist, hat dies wesentliche Verän<strong>der</strong>ungen des<br />
Nahrungsnetzes im Südlichen Ozean <strong>zu</strong>r Folge. Sedimentuntersuchungen<br />
an planktischen Kammerlingen<br />
(Foraminiferen) über die vergangenen 1.400<br />
Jahre zeigen in den letzten Jahrzehnten eine atypisch<br />
verän<strong>der</strong>te Arten<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng. <strong>Die</strong>s deutet darauf<br />
hin, dass die anthropogene Erwärmung des Ozeans<br />
den Bereich <strong>der</strong> natürlichen Variabilität bereits<br />
überschritten hat (Field et al., 2006).<br />
2.2.2.4<br />
Marine Säugetiere<br />
Durch die Erwärmung verringert sich die Ausdehnung<br />
des arktischen <strong>Meere</strong>ises, was vor allem Tierarten<br />
wie Eisbär und Ringelrobbe trifft, die unmittelbar<br />
in ihren Ernährungsgewohnheiten bzw. bei <strong>der</strong><br />
Auf<strong>zu</strong>cht <strong>der</strong> Jungen von diesem Habitat abhängen<br />
(ACIA, 2005).<br />
Eisbären ernähren sich fast ausschließlich von<br />
Robben, die an den Lebensraum Eis gebunden sind.<br />
Eisbärenweibchen gebären ihre Jungen in Höhlen an<br />
Land. Um im Frühjahr nach dem Winterschlaf <strong>zu</strong> den<br />
Jagdgebieten auf dem Eis <strong>zu</strong> kommen, ist die Mutter<br />
mit den Jungen auf Eiskorridore angewiesen, weil<br />
die Jungtiere größere Freiwasserflächen nicht überwinden<br />
können. Zieht sich das Eis weiter <strong>zu</strong>rück,<br />
können sie die Jagdreviere nicht mehr erreichen.<br />
Erwachsene Eisbären sind zwar gute Schwimmer, die<br />
Strecken von über 100 km bewältigen können. Monnett<br />
et al. (2005) berichten jedoch über eine Verdopplung<br />
<strong>der</strong> im offenen Wasser gesichteten,<br />
schwimmenden Eisbären innerhalb <strong>der</strong> 20-jährigen<br />
Beobachtungszeit sowie über jüngste Funde von vier<br />
ertrunkenen Eisbären vor Alaska an einer Stelle, wo<br />
das Eis über 200 km nördlich <strong>der</strong> saisonüblichen<br />
Grenze lag. Im Bereich ihres südlichsten Vorkommens,<br />
<strong>der</strong> kanadischen Hudson Bay, sank die Eisbärenpopulation<br />
seit 1987 um 22% (Carlton, 2005). Eisbären<br />
bliebe beim Verlust <strong>der</strong> sommerlichen <strong>Meere</strong>isdecke<br />
nur ein Leben an Land, dort allerdings in<br />
Konkurrenz <strong>zu</strong> Braun- und Grizzlybären und in ver-<br />
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