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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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14<br />

2 Globale Erwärmung und <strong>Meere</strong>sökosysteme<br />

temperaturen liegt vor, wenn z. B. für eine Art früher<br />

orts- o<strong>der</strong> zeitgleich vorhandene Nahrungsorganismen<br />

durch temperaturbedingte Verän<strong>der</strong>ungen im<br />

Artenspektrum eines Ökosystems nicht mehr <strong>zu</strong>r<br />

Verfügung stehen (Kap. 2.2.2.5). Beide Wirkungsketten<br />

können <strong>zu</strong>m Verschieben von Populationen, <strong>zu</strong>r<br />

Einwan<strong>der</strong>ung nicht heimischer Arten und auch <strong>zu</strong>m<br />

Verschwinden von Arten führen.<br />

2.2.2.2<br />

Phytoplankton und globale Primärproduktion<br />

<strong>Die</strong> vom Menschen verän<strong>der</strong>ten Klimafaktoren wirken<br />

sich <strong>zu</strong>nächst auf das Phytoplankton und somit<br />

auf die Primärproduktion aus. Da sich das gesamte<br />

marine Ökosystem bis hin <strong>zu</strong> großen Räubern wie<br />

Thun o<strong>der</strong> Hai über verschiedene trophische Stufen<br />

letztlich aus <strong>der</strong> Primärproduktion speist, wird sich<br />

eine Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Primärproduktion durch diese<br />

Kopplung auch auf die höheren trophischen Ebenen<br />

<strong>der</strong> Nahrungsnetze auswirken und sich in verän<strong>der</strong>ten<br />

Arten<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ngen o<strong>der</strong> Biomassen im<br />

gesamten Ökosystem wi<strong>der</strong>spiegeln. <strong>Die</strong> Primärproduktion<br />

wird von mehreren Klimafaktoren beeinflusst<br />

(Fasham, 2003):<br />

• Temperatur: Wachstum und Arten<strong>zu</strong>sammenset<strong>zu</strong>ng<br />

des Phytoplanktons sind stark temperaturabhängig.<br />

<strong>Die</strong> Primärproduktion wird durch<br />

Erwärmung <strong>zu</strong>nächst direkt geför<strong>der</strong>t. Doch kann<br />

die erhöhte Temperatur indirekt auch die Produktion<br />

bremsen, z. B. über verringerte Nährstoff<strong>zu</strong>fuhr<br />

als Folge einer ausgeprägteren Temperaturschichtung.<br />

• Licht: Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Eis- o<strong>der</strong> Wolkenbedeckung<br />

des Oberflächenwassers haben direkten<br />

Einfluss auf die Primärproduktion, da das Phytoplankton<br />

Sonnenlicht als Energiequelle benötigt.<br />

<strong>Die</strong> Lichtversorgung des Phytoplanktons nimmt<br />

auch mit wachsen<strong>der</strong> Durchmischungstiefe des<br />

Oberflächenwassers ab.<br />

• Nährstoffe: Der Klimawandel kann indirekt auch<br />

die Versorgung des Phytoplanktons mit Nährstoffen<br />

(vor allem Stickstoff und Phosphor, aber auch<br />

„Mikronährstoffe“ wie z. B. Eisen; Jickells et al.,<br />

2005) beeinflussen. Aus <strong>der</strong> produktiven oberen<br />

Schicht <strong>der</strong> Ozeane werden durch das Absinken<br />

abgestorbener Organismen ständig organische<br />

Substanz und damit auch Nährstoffe in die Tiefsee<br />

exportiert („biologische Pumpe“; Falkowski et al.,<br />

2003). Der Rücktransport in die oberen Schichten<br />

findet vor allem durch Aufwärtsströmungen und<br />

vertikale Mischung statt, die über Temperaturschichtung,<br />

Wind- und Strömungsverhältnisse<br />

vom Klima beeinflusst werden (z. B. Sarmiento et<br />

al., 2003).<br />

Hin<strong>zu</strong> kommt, dass die Klimaerwärmung wesentlich<br />

durch steigende CO 2 -Konzentrationen verursacht<br />

wird. <strong>Die</strong>s führt bei vielen Phytoplanktonarten <strong>zu</strong><br />

einer direkten Erhöhung <strong>der</strong> Photosyntheserate,<br />

wobei allerdings die Artengruppen unterschiedlich<br />

profitieren (Kap. 4.3.1). <strong>Die</strong>se verschiedenen Faktoren<br />

sind <strong>zu</strong>sätzlich untereinan<strong>der</strong> gekoppelt: So verursacht<br />

die Erwärmung <strong>der</strong> Oberflächenschichten<br />

nicht nur erhöhte Photosyntheseraten, son<strong>der</strong>n auch<br />

eine stabilere Temperaturschichtung <strong>der</strong> Wassersäule,<br />

was die Nährstoffversorgung verschlechtert<br />

und die Planktonproduktion schwächt. <strong>Die</strong> verstärkte<br />

Schichtung kann <strong>zu</strong>dem die Dynamik <strong>der</strong><br />

Phytoplanktonproduktion destabilisieren (Huisman<br />

et al., 2006). Eine <strong>zu</strong>nehmende Windgeschwindigkeit<br />

wirkt dem Temperatureffekt auf die Schichtung entgegen.<br />

Im Nordostatlantik führen diese gegenläufigen<br />

Effekte in <strong>der</strong> Summe <strong>zu</strong> einer Zunahme des<br />

Phytoplanktons in Kaltwassergebieten (da hier bei<br />

guter Nährstoffversorgung und hoher Turbulenz die<br />

verbesserten Stoffwechselraten durch Temperaturerhöhung<br />

überwiegen) und <strong>zu</strong> einer Abnahme in<br />

Warmwassergebieten (da sich hier bei verstärkter<br />

Schichtung unter Nährstofflimitierung die Wachstumsbedingungen<br />

verschlechtern; Richardson und<br />

Schoeman, 2004). Es überrascht daher nicht, dass die<br />

Effekte schwierig <strong>zu</strong> modellieren sind und regional<br />

äußerst unterschiedlich ausfallen.<br />

<strong>Die</strong> satellitengestützte Beobachtung <strong>der</strong> Phytoplanktonbiomasse<br />

über den Chlorophyllgehalt des<br />

Meerwassers ergibt, dass sich die globale jährliche<br />

Primärproduktion seit den 1980er Jahren in neun<br />

von zwölf Ozeangebieten abgeschwächt hat, im globalen<br />

Mittel um mehr als 6% (Gregg et al., 2003).<br />

70% dieser globalen Abschwächung wurde in den<br />

hohen nördlichen Breiten beobachtet, was vermutlich<br />

durch die schlechtere Nährstoffversorgung aufgrund<br />

gestiegener Temperatur verursacht wird. Nur<br />

drei tropische Ozeangebiete (Nord- und Äquatorialindik<br />

sowie Äquatorialatlantik) weisen eine Zunahme<br />

auf. Für den Nordatlantik zeigen langjährige<br />

Datenreihen, die auf Probennahmen beruhen, eine<br />

Zunahme <strong>der</strong> Phytoplanktons nördlich 55°N und<br />

eine Abnahme südlich 50°N (Richardson und Schoeman,<br />

2004). <strong>Die</strong> Projektionen für eine <strong>Zukunft</strong> mit<br />

globaler Erwärmung weisen wi<strong>der</strong>sprüchliche<br />

Trends auf. <strong>Die</strong> Modellierung von Bopp et al. (2001)<br />

zeigt bei Verdoppelung <strong>der</strong> atmosphärischen CO 2-<br />

Konzentration eine Reduktion <strong>der</strong> globalen marinen<br />

Exportproduktion um ca. 6% in den nächsten 65–75<br />

Jahren, die mit <strong>der</strong> Primärproduktion gut korreliert.<br />

Dabei wird die tropische Produktion durch eine verstärkte<br />

Schichtung und somit reduzierte Nährstoffversorgung<br />

<strong>zu</strong>rückgehen, während sie in den subpolaren<br />

Gebieten <strong>zu</strong>nehmen soll. Im Gegensatz da<strong>zu</strong><br />

zeigen die Modelle von Sarmiento et al. (2004) – bei

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