Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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Einleitung<br />
<strong>Die</strong> Weltmeere verän<strong>der</strong>n sich rasant. <strong>Die</strong> oberen<br />
Schichten werden wärmer, <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>sspiegel steigt<br />
immer rascher an, die <strong>Meere</strong> ver<strong>sauer</strong>n <strong>zu</strong>nehmend,<br />
was viele <strong>Meere</strong>sökosysteme bedroht. <strong>Die</strong> Menschheit<br />
ist dabei, Verän<strong>der</strong>ungsprozesse im Meer an<strong>zu</strong>stoßen,<br />
die in den letzten Jahrmillionen ohne Beispiel<br />
sind. Damit greift <strong>der</strong> Mensch an entscheiden<strong>der</strong><br />
Stelle in die Funktionsweise des Erdsystems ein:<br />
<strong>Die</strong> <strong>Meere</strong> spielen eine zentrale Rolle im Kohlenstoffkreislauf<br />
unseres Planeten und haben bisher<br />
rund ein Drittel <strong>der</strong> anthropogenen CO 2 -Emissionen<br />
aufgenommen. Da sie mehr als zwei Drittel <strong>der</strong> Erdoberfläche<br />
bedecken, nehmen sie <strong>zu</strong>nächst den überwiegenden<br />
Anteil <strong>der</strong> Sonnenwärme auf und prägen<br />
so unser Klimasystem.Auch <strong>der</strong> globale Wasserkreislauf<br />
wird vor allem durch die Verdunstung aus den<br />
<strong>Meere</strong>n angetrieben. Schließlich beherbergen die<br />
Ozeane einen großen Reichtum an biologischer Vielfalt<br />
und versorgen den Menschen über den Fischfang<br />
mit lebenswichtigen Proteinen. Eine intakte <strong>Meere</strong>sumwelt<br />
ist aber auch ein wichtiger Faktor für wirtschaftliche<br />
Entwicklung, soziales Wohlergehen und<br />
Lebensqualität.<br />
Durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse wird<br />
immer deutlicher, dass <strong>der</strong> Klimawandel große Verän<strong>der</strong>ungen<br />
und Schäden für die <strong>Meere</strong>sumwelt und<br />
die Küsten verursachen wird, die auch erhebliche<br />
Folgen für den Menschen haben. Ein Großteil <strong>der</strong><br />
Menschheit lebt heute in Küstennähe, mit stark steigen<strong>der</strong><br />
Tendenz. <strong>Die</strong> Bedrohung von Küstenbewohnern<br />
und Infrastruktur durch steigende <strong>Meere</strong>sspiegel<br />
und Extremereignisse wie Sturmfluten o<strong>der</strong> Hurrikane<br />
wird in den kommenden Jahrzehnten wachsen.<br />
Zudem können Klimawandel und Ver<strong>sauer</strong>ung<br />
in Zusammenhang mit <strong>der</strong> drastischen Überfischung<br />
die Ernährung aus dem Meer gefährden. Es besteht<br />
dringen<strong>der</strong> Handlungsbedarf, um die negativen Auswirkungen<br />
des Klimawandels für Ökosysteme und<br />
Menschen <strong>zu</strong> begrenzen, <strong>zu</strong>mal das heutige Verhalten<br />
<strong>der</strong> Menschheit wegen <strong>der</strong> erheblichen Verzögerungseffekte<br />
den Zustand <strong>der</strong> Weltmeere für Jahrtausende<br />
bestimmen wird. Auch die Forschung ist<br />
gefor<strong>der</strong>t, denn die Weltmeere sind in vieler Hinsicht<br />
immer noch terra incognita.<br />
Eine Motivation für dieses Son<strong>der</strong>gutachten ist<br />
<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>te wissenschaftliche Sachstand, <strong>der</strong> sich<br />
seit dem letzten Bericht des Intergovernmental<br />
Panel on Climate Change (IPCC) aus dem Jahr 2001<br />
<strong>zu</strong>m <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg und <strong>zu</strong>r Ver<strong>sauer</strong>ung <strong>der</strong><br />
<strong>Meere</strong> ergeben hat. Zudem for<strong>der</strong>n aktuelle Ereignisse,<br />
wie die außergewöhnliche Hurrikansaison<br />
2005 o<strong>der</strong> auch die Diskussionen <strong>zu</strong> Methanhydraten<br />
und Kohlenstoffspeicherung, eine Stellungnahme<br />
des <strong>WBGU</strong> heraus. Nicht <strong>zu</strong>letzt unterstreicht <strong>der</strong><br />
<strong>WBGU</strong> mit <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Klimawirkungen auf das<br />
Meer die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines<br />
energischen Klimaschutzes und <strong>der</strong> Entwicklung<br />
geeigneter Anpassungsstrategien. Der Beirat möchte<br />
mit seinen Erkenntnissen auch einen Beitrag <strong>zu</strong>r<br />
Gestaltung einer neuen EU-<strong>Meere</strong>spolitik leisten.<br />
Ziel dieses Son<strong>der</strong>gutachtens ist nicht eine umfassende<br />
Bestandsaufnahme des Zustands <strong>der</strong> <strong>Meere</strong>.<br />
So soll hier etwa nicht die langjährige Diskussion <strong>zu</strong>r<br />
Überfischung <strong>der</strong> <strong>Meere</strong> dargestellt werden. Vielmehr<br />
konzentriert sich <strong>der</strong> <strong>WBGU</strong> auf zentrale<br />
Zusammenhänge zwischen Klimawandel und den<br />
<strong>Meere</strong>n, <strong>zu</strong> denen es neue wissenschaftliche Einsichten<br />
gibt. Da<strong>zu</strong> gehören neue Erkenntnisse <strong>zu</strong> Erwärmung,<br />
<strong>Meere</strong>sströmungen, <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg,<br />
Kohlenstoffaufnahme und Ver<strong>sauer</strong>ung sowie <strong>zu</strong> den<br />
Auswirkungen dieser Faktoren auf marine Ökosysteme.<br />
Zudem werden die Entwicklung tropischer<br />
Wirbelstürme, die Kohlenstoffspeicherung im o<strong>der</strong><br />
unter dem Meer und die Risiken von Methanhydratvorkommen<br />
im <strong>Meere</strong>sboden vertieft diskutiert.<br />
Viele dieser Themen sind eng miteinan<strong>der</strong> verzahnt –<br />
Korallenriffe etwa sind gleichzeitig von Erwärmung,<br />
<strong>Meere</strong>sspiegelanstieg, Stürmen und Ver<strong>sauer</strong>ung<br />
betroffen. Jedes Thema wird von den physikalischchemischen<br />
Grundlagen über die ökologischen Folgen<br />
bis hin <strong>zu</strong> den Auswirkungen auf den Menschen<br />
entwickelt, um darauf aufbauend politische Handlungs-<br />
sowie Forschungsempfehlungen ab<strong>zu</strong>leiten.<br />
Als normativen Rahmen für die Analyse verwendet<br />
<strong>der</strong> <strong>WBGU</strong> das von ihm entwickelte Leitplankenkonzept<br />
(Kasten 1-1). Analog <strong>zu</strong>r Klimaschutzleitplanke<br />
schlägt <strong>der</strong> Beirat für den nachhaltigen<br />
Umgang mit den <strong>Meere</strong>n einen Satz von „<strong>Meere</strong>s-<br />
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