Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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geschritten ist. Zudem gibt es bereits Erfahrungen <strong>zu</strong><br />
För<strong>der</strong>- sowie Produktionstechniken an Land (Forschungsbohrung<br />
Mallik, Gasfeld Messoyakha). Auch<br />
die im Vergleich <strong>zu</strong>m Meer günstigen För<strong>der</strong>bedingungen<br />
sprechen für den Abbau <strong>zu</strong>nächst an Land. In<br />
Kombination mit Größen- und Lerneffekten könnten<br />
sich dann Kostenvorteile ergeben. Insgesamt<br />
bedeutet das einen Startvorteil <strong>der</strong> Methanhydratför<strong>der</strong>ung<br />
an Land gegenüber jener im Meer. Allerdings<br />
wird die prognostizierte technologische Machbarkeit<br />
kritisch hinterfragt sowie das ökonomische<br />
und energiestrategische Potenzial dieser Art <strong>der</strong><br />
Energiegewinnung als deutlich überschätzt angenommen<br />
(Schindler und Zittel, 2000b).<br />
Insgesamt ist die gezielte Forschung <strong>zu</strong>r För<strong>der</strong>ung<br />
mariner Methanhydrate bisher auf wenige<br />
Pilotvorhaben beschränkt. Sie dürfte in diesem Jahrzehnt<br />
voraussichtlich noch nicht über das Stadium<br />
<strong>der</strong> Machbarkeitsforschung hinauskommen.<br />
6.3<br />
Mögliche Folgen <strong>der</strong> Methanfreiset<strong>zu</strong>ng<br />
<strong>Die</strong> Konsequenzen einer Freiset<strong>zu</strong>ng von Methangas<br />
aus Hydraten hängen vom Mechanismus – Ausbreitung<br />
(„diffusion“) o<strong>der</strong> Ausbruch („blowout“) –<br />
sowie <strong>der</strong> Zeitskala <strong>der</strong> Freiset<strong>zu</strong>ng ab.<br />
Wenn Methangas durch die Hydratschicht diffundiert<br />
und langsam in kleinen Bläschen aus dem <strong>Meere</strong>sboden<br />
entweicht, dann wird wahrscheinlich beim<br />
Aufstieg ein großer Teil in <strong>der</strong> Wassersäule gelöst.<br />
Eine neue Arbeit zeigt allerdings, dass Methanbläschen<br />
unter Umständen auch in die oberen Wasserschichten<br />
aufsteigen und in die Atmosphäre entweichen<br />
könnten (Sauter et al., 2006). Gelöstes Methan<br />
hat im Ozean eine Lebensdauer von rund 50 Jahren,<br />
bevor es <strong>zu</strong> H 2 O und CO 2 oxidiert. Daher würde<br />
auch ein Großteil des gelösten Methans an die Atmosphäre<br />
abgegeben, bevor es oxidiert. Der oxidierte<br />
Rest erhöht erstens im Ozean die Konzentration<br />
gelösten anorganischen Kohlenstoffs, was <strong>zu</strong> einer<br />
weiteren Ver<strong>sauer</strong>ung beiträgt (Kap. 4.1). Zweitens<br />
kommt es in gleichem Maße <strong>zu</strong> einer Abnahme <strong>der</strong><br />
Sauerstoffkonzentration. Zum Vergleich: Um die<br />
gesamten, im Ozean enthaltenen 2 . 10 17 mol Sauerstoff<br />
auf<strong>zu</strong>brauchen, müsste dieser mit 1.000 Gt<br />
Methan reagieren (Archer, 2005). Drittens stellt sich<br />
langfristig im Laufe von rund 1.000 Jahren ein neues<br />
Kohlenstoffgleichgewicht zwischen Atmosphäre und<br />
Ozean ein, und ungefähr ein Fünftel des in den<br />
Ozean eingetragenen Kohlenstoffs wird in die Atmosphäre<br />
abgegeben. <strong>Die</strong> atmosphärische CO 2 -Konzentration<br />
steigt und <strong>der</strong> Treibhauseffekt wird verstärkt.<br />
<strong>Die</strong>ser Effekt tritt langfristig also auf jeden<br />
Fall ein: Er ist unabhängig davon, ob Methan direkt<br />
Mögliche Folgen <strong>der</strong> Methanfreiset<strong>zu</strong>ng 6.3<br />
in die Atmosphäre entweicht, dort <strong>zu</strong> CO 2 oxidiert<br />
und <strong>zu</strong> vier Fünftel allmählich vom Ozean aufgenommen<br />
wird, o<strong>der</strong> ob es <strong>zu</strong>nächst im Ozean gelöst,<br />
dort oxidiert und <strong>zu</strong> einem Fünftel in die Atmosphäre<br />
abgegeben wird.<br />
Wenn Methan schlagartig in großen Mengen freigesetzt<br />
wird, dann wird es größtenteils die Wasseroberfläche<br />
erreichen und die Methankonzentration<br />
in <strong>der</strong> Atmosphäre abrupt erhöhen. Da Methan<br />
wegen seiner viel geringeren Konzentration und<br />
damit weitestgehend ungesättigten Absorptionsbanden<br />
ein wesentlich wirksameres Treibhausgas ist als<br />
CO 2 (pro Molekül rund 25-fach stärker), ist <strong>der</strong><br />
Effekt bereits vergleichsweise geringer Mengen<br />
Methan bedeutend. Allerdings oxidiert das atmosphärische<br />
Methan rasch (mit einer mittleren<br />
Lebensdauer von 8 Jahren) <strong>zu</strong> CO 2 , welches aber aufgrund<br />
seiner langen Lebensdauer in <strong>der</strong> Atmosphäre<br />
akkumuliert wird, so dass langfristig das entwichene<br />
Methan nach <strong>der</strong> Oxidation <strong>zu</strong> CO 2 sogar eine größere<br />
Wirkung auf das Klima entfaltet als <strong>zu</strong>vor.<br />
Abbildung 6.2-1 zeigt, wie im Lauf <strong>der</strong> nächsten<br />
Jahrtausende anthropogene CO 2 -Emissionen <strong>zu</strong><br />
Methanemissionen aus den Hydratvorkommen führen<br />
könnten. Angenommen wird, dass insgesamt<br />
1.000 Gt CO 2 emittiert werden. Aus Abbildung<br />
6.2-1a ist ersichtlich, wie stark dadurch die atmosphärische<br />
Methankonzentration steigen könnte,<br />
wobei die Unsicherheit über die Zeitskala dieser<br />
Freiset<strong>zu</strong>ng durch drei unterschiedliche Annahmen<br />
berücksichtigt wurde.<br />
Abbildung 6.2-1b veranschaulicht die klimatischen<br />
Konsequenzen <strong>der</strong> Methanemissionen im<br />
1.000 Gt CO 2 -Szenario für den Fall einer Freiset<strong>zu</strong>ng<br />
innerhalb von 1.000 Jahren. <strong>Die</strong>s geschieht sowohl<br />
direkt durch Erhöhung <strong>der</strong> atmosphärischen<br />
Methankonzentration (grün), als auch langfristig<br />
durch Erhöhung <strong>der</strong> CO 2 -Konzentration (rot). Während<br />
die direkte Methanwirkung geringer ist als die<br />
<strong>der</strong> ursprünglichen anthropogenen CO 2 -Emission,<br />
führt die spätere Erhöhung <strong>der</strong> CO 2 -Konzentration<br />
durch die Oxidation des Methans langfristig <strong>zu</strong> einer<br />
annähernden Verdopplung des Treibhauseffekts.<br />
Methanausbrüche bergen auch noch weitere<br />
Gefahren. Sie können Kontinentalhänge destabilisieren<br />
und große Unterwasserrutschungen auslösen, bei<br />
denen dann möglicherweise weitere Hydrate aufgerissen<br />
werden. Spuren solcher Rutschungen finden<br />
sich auf dem <strong>Meere</strong>sboden. So wurden mit <strong>der</strong> Storegga-Rutschung<br />
vor <strong>der</strong> Küste Norwegens vor rund<br />
8.000 Jahren im Durchschnitt 250 m des Kontinentalhanges<br />
auf einer Breite von 100 km abgetragen<br />
(Archer, 2005). <strong>Die</strong>ses Ereignis löste einen Tsunami<br />
aus, <strong>der</strong> einen Hochlauf von wenigstens 25 m auf den<br />
Shetland-Inseln und von wenigstens 5 m entlang <strong>der</strong><br />
britischen Küste erreichte (Smith et al., 2004). <strong>Die</strong><br />
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