Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU
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6 Methanhydrate im <strong>Meere</strong>sboden<br />
scheinen stark davon ab<strong>zu</strong>hängen, wie sich die Zirkulation<br />
verän<strong>der</strong>t (Mignot et al., eingereicht) und<br />
können deshalb kaum vorhergesagt werden. Simulationen<br />
zeigen jedoch, dass nach einem Abbruch <strong>der</strong><br />
Tiefenwasserbildung im Nordmeer die Bodentemperatur<br />
in einigen Gebieten des Nordatlantiks rasch um<br />
mehr als 7°C steigen könnte. Verän<strong>der</strong>ungen in dieser<br />
Größenordnung könnten dann auch vorhandene<br />
Hydratvorkommen destabilisieren.<br />
Ein weiterer Aspekt ist <strong>der</strong> Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels,<br />
<strong>der</strong> durch Erhöhung des Drucks am <strong>Meere</strong>sboden<br />
Hydratvorkommen prinzipiell stabilisieren<br />
kann. Hier ist nur <strong>der</strong> durch schmelzende Landeismassen<br />
verursachte Anteil relevant, da thermische<br />
Expansion den Druck nicht erhöht. Der Effekt ist<br />
allerdings sehr gering: In <strong>Meere</strong>stiefen von 400 m<br />
führt eine Erhöhung des Drucks um 0,04 MPa (was<br />
einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von 4 m entspricht) nur<br />
<strong>zu</strong> einer Erhöhung <strong>der</strong> Destabilisierungstemperatur<br />
um weniger als 0,1°C. Der langfristige <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />
kann den Effekt <strong>der</strong> langfristigen Erwärmung<br />
auf die Hydratstabilität also nicht kompensieren.<br />
Das gleiche gilt für kurzfristige relative Än<strong>der</strong>ungen<br />
des <strong>Meere</strong>sspiegels als Ergebnis von<br />
Strömungsän<strong>der</strong>ungen (Levermann et al., 2005), welche<br />
die Folgen <strong>der</strong> durch sie verursachten abrupten<br />
Temperaturän<strong>der</strong>ungen auch nicht kompensieren<br />
könnten.<br />
Reduziert sich die Stabilitätszone <strong>der</strong> Methanhydrate,<br />
bildet sich Methangas unterhalb <strong>der</strong> Hydratschicht.<br />
<strong>Die</strong>ses Gas kann entwe<strong>der</strong> dank kleiner<br />
Kanäle o<strong>der</strong> durchlässiger Sedimentschichten die<br />
Hydratschicht durchdringen und aus dem <strong>Meere</strong>sboden<br />
entweichen o<strong>der</strong> aber die Hydratschicht sprengen,<br />
falls sich hinreichend viel Gas unterhalb einer<br />
immer dünner werdenden Hydratschicht sammelt. In<br />
einem solchen Ausbruch („blowout“) werden schlagartig<br />
große Mengen Methangas freigesetzt. Da freigesprengte<br />
Methanhydratbrocken leichter sind als<br />
Wasser, steigen sie an die Oberfläche und lösen sich<br />
dort auf.<br />
<strong>Die</strong> Menge Methangas, die über einen dieser<br />
Mechanismen in <strong>Zukunft</strong> aus den Hydratschichten<br />
entweichen wird, lässt sich <strong>der</strong>zeit nur grob abschätzen,<br />
da Stabilität und Durchlässigkeit von Sedimentschichten<br />
von den sehr unterschiedlichen lokalen<br />
Gegebenheiten abhängen.<br />
6.2.3<br />
Abbau von Methanhydraten<br />
Methanhydrate stellen fossile Energieträger dar und<br />
können daher für eine wirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng interessant<br />
sein. <strong>Die</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>der</strong> Nut<strong>zu</strong>ng<br />
hängt dabei wesentlich von <strong>der</strong> vorliegenden Me-<br />
thankonzentration <strong>der</strong> Hydrate ab. <strong>Die</strong> wenigen<br />
praktischen Erfahrungen, die mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von<br />
Methan aus Hydratvorkommen gesammelt wurden,<br />
stammen aus dem Gasfeld Messoyakha (Sibirien)<br />
und dem Forschungsprojekt Mallik (Alaska). Das<br />
russische Messoyakha-Gasfeld ist ein Vorkommen<br />
unter Permafrost, das bereits in den 1960er Jahren<br />
entdeckt wurde. Hier waren nicht nur die Abbaukosten<br />
außerordentlich <strong>hoch</strong>, son<strong>der</strong>n es wird bisweilen<br />
bezweifelt, ob das hier gewonnene Methan in<br />
den 1970er Jahren tatsächlich, wie behauptet, aus<br />
Hydratvorkommen geför<strong>der</strong>t wurde (EIA, 1998;<br />
Schindler und Zittel, 2000a). Mallik 2002 ist ein<br />
Bohrprojekt an <strong>der</strong> arktischen Küste Kanadas, wo<br />
die Methankonzentration <strong>der</strong> Hydrate ähnlich <strong>hoch</strong><br />
eingestuft wird wie etwa in japanischen Küstengewässern.<br />
Das Projekt umfasste Gashydrat-Produktionstests<br />
und ist Teil eines internationalen Forschungsverbunds,<br />
an dem sowohl Staaten (u. a. USA,<br />
Japan, Indien und Deutschland) als auch Unternehmen<br />
beteiligt sind.<br />
Der Abbau von Methanhydraten wäre prinzipiell<br />
auch auf Hoher See möglich. Es gilt als technisch<br />
machbar, in Wassertiefen bis <strong>zu</strong> 4 km in den <strong>Meere</strong>sboden<br />
<strong>zu</strong> bohren. <strong>Die</strong> technische und insbeson<strong>der</strong>e<br />
die wirtschaftliche Praktikabilität potenzieller<br />
Abbauverfahren ist Gegenstand <strong>der</strong> Forschung, bei<br />
<strong>der</strong> vor allem Japan und die USA eine wichtige Rolle<br />
spielen. Das japanische Programm <strong>zu</strong>m Methanhydratabbau<br />
(National Methane Hydrate Exploitation<br />
Program, MH21) verfolgt neben an<strong>der</strong>en<br />
Aspekten <strong>der</strong> Methanhydratforschung ausdrücklich<br />
das ehrgeizige Ziel, bereits 2007 mit Produktionstests<br />
in japanischen Gewässern <strong>zu</strong> beginnen und strebt an,<br />
bis 2012 über Technologien für die kommerzielle<br />
Großför<strong>der</strong>ung <strong>zu</strong> verfügen (MH21, 2005). <strong>Die</strong><br />
Finanzierung des US-amerikanischen Methanhydratforschungsprogramms<br />
(Methane Hydrate<br />
Research and Development Act of 2000) wurde 2005<br />
durch den Energy Policy Act bis 2010 verlängert. Ein<br />
kommerzieller Abbau von Methanhydraten in USamerikanischen<br />
Gewässern wird ab 2015 und <strong>der</strong><br />
großskalige Abbau ab ca. 2020 für möglich gehalten<br />
(DOE-NETL, 2005; Ray, 2005).<br />
<strong>Die</strong>se Erwartungen passen <strong>zu</strong> <strong>der</strong> Einschät<strong>zu</strong>ng,<br />
dass in einigen Regionen <strong>der</strong> Methanhydratabbau<br />
binnen <strong>der</strong> nächsten 5–10 Jahre wirtschaftlich machbar<br />
sein wird, während es 30–50 Jahre dauern könnte,<br />
bis ein weltweiter, massenhafter Abbau möglich ist<br />
(Methane Hydrate Advisory Committee, 2002; Collett,<br />
2005). <strong>Die</strong> Methanhydratför<strong>der</strong>ung in Permafrostgebieten<br />
an Land könnte schneller industrielle<br />
Dimensionen annehmen als eine För<strong>der</strong>ung im Meer<br />
(Johnson, 2004). Das liegt daran, dass die Erfassung<br />
und Bewertung <strong>der</strong> för<strong>der</strong>ungswürdigen Vorkommen<br />
an Land gegenüber jenen im Meer weiter voran-