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Die Zukunft der Meere ? zu warm, zu hoch, zu sauer - WBGU

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96<br />

6 Methanhydrate im <strong>Meere</strong>sboden<br />

scheinen stark davon ab<strong>zu</strong>hängen, wie sich die Zirkulation<br />

verän<strong>der</strong>t (Mignot et al., eingereicht) und<br />

können deshalb kaum vorhergesagt werden. Simulationen<br />

zeigen jedoch, dass nach einem Abbruch <strong>der</strong><br />

Tiefenwasserbildung im Nordmeer die Bodentemperatur<br />

in einigen Gebieten des Nordatlantiks rasch um<br />

mehr als 7°C steigen könnte. Verän<strong>der</strong>ungen in dieser<br />

Größenordnung könnten dann auch vorhandene<br />

Hydratvorkommen destabilisieren.<br />

Ein weiterer Aspekt ist <strong>der</strong> Anstieg des <strong>Meere</strong>sspiegels,<br />

<strong>der</strong> durch Erhöhung des Drucks am <strong>Meere</strong>sboden<br />

Hydratvorkommen prinzipiell stabilisieren<br />

kann. Hier ist nur <strong>der</strong> durch schmelzende Landeismassen<br />

verursachte Anteil relevant, da thermische<br />

Expansion den Druck nicht erhöht. Der Effekt ist<br />

allerdings sehr gering: In <strong>Meere</strong>stiefen von 400 m<br />

führt eine Erhöhung des Drucks um 0,04 MPa (was<br />

einem <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg von 4 m entspricht) nur<br />

<strong>zu</strong> einer Erhöhung <strong>der</strong> Destabilisierungstemperatur<br />

um weniger als 0,1°C. Der langfristige <strong>Meere</strong>sspiegelanstieg<br />

kann den Effekt <strong>der</strong> langfristigen Erwärmung<br />

auf die Hydratstabilität also nicht kompensieren.<br />

Das gleiche gilt für kurzfristige relative Än<strong>der</strong>ungen<br />

des <strong>Meere</strong>sspiegels als Ergebnis von<br />

Strömungsän<strong>der</strong>ungen (Levermann et al., 2005), welche<br />

die Folgen <strong>der</strong> durch sie verursachten abrupten<br />

Temperaturän<strong>der</strong>ungen auch nicht kompensieren<br />

könnten.<br />

Reduziert sich die Stabilitätszone <strong>der</strong> Methanhydrate,<br />

bildet sich Methangas unterhalb <strong>der</strong> Hydratschicht.<br />

<strong>Die</strong>ses Gas kann entwe<strong>der</strong> dank kleiner<br />

Kanäle o<strong>der</strong> durchlässiger Sedimentschichten die<br />

Hydratschicht durchdringen und aus dem <strong>Meere</strong>sboden<br />

entweichen o<strong>der</strong> aber die Hydratschicht sprengen,<br />

falls sich hinreichend viel Gas unterhalb einer<br />

immer dünner werdenden Hydratschicht sammelt. In<br />

einem solchen Ausbruch („blowout“) werden schlagartig<br />

große Mengen Methangas freigesetzt. Da freigesprengte<br />

Methanhydratbrocken leichter sind als<br />

Wasser, steigen sie an die Oberfläche und lösen sich<br />

dort auf.<br />

<strong>Die</strong> Menge Methangas, die über einen dieser<br />

Mechanismen in <strong>Zukunft</strong> aus den Hydratschichten<br />

entweichen wird, lässt sich <strong>der</strong>zeit nur grob abschätzen,<br />

da Stabilität und Durchlässigkeit von Sedimentschichten<br />

von den sehr unterschiedlichen lokalen<br />

Gegebenheiten abhängen.<br />

6.2.3<br />

Abbau von Methanhydraten<br />

Methanhydrate stellen fossile Energieträger dar und<br />

können daher für eine wirtschaftliche Nut<strong>zu</strong>ng interessant<br />

sein. <strong>Die</strong> Wirtschaftlichkeit <strong>der</strong> Nut<strong>zu</strong>ng<br />

hängt dabei wesentlich von <strong>der</strong> vorliegenden Me-<br />

thankonzentration <strong>der</strong> Hydrate ab. <strong>Die</strong> wenigen<br />

praktischen Erfahrungen, die mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von<br />

Methan aus Hydratvorkommen gesammelt wurden,<br />

stammen aus dem Gasfeld Messoyakha (Sibirien)<br />

und dem Forschungsprojekt Mallik (Alaska). Das<br />

russische Messoyakha-Gasfeld ist ein Vorkommen<br />

unter Permafrost, das bereits in den 1960er Jahren<br />

entdeckt wurde. Hier waren nicht nur die Abbaukosten<br />

außerordentlich <strong>hoch</strong>, son<strong>der</strong>n es wird bisweilen<br />

bezweifelt, ob das hier gewonnene Methan in<br />

den 1970er Jahren tatsächlich, wie behauptet, aus<br />

Hydratvorkommen geför<strong>der</strong>t wurde (EIA, 1998;<br />

Schindler und Zittel, 2000a). Mallik 2002 ist ein<br />

Bohrprojekt an <strong>der</strong> arktischen Küste Kanadas, wo<br />

die Methankonzentration <strong>der</strong> Hydrate ähnlich <strong>hoch</strong><br />

eingestuft wird wie etwa in japanischen Küstengewässern.<br />

Das Projekt umfasste Gashydrat-Produktionstests<br />

und ist Teil eines internationalen Forschungsverbunds,<br />

an dem sowohl Staaten (u. a. USA,<br />

Japan, Indien und Deutschland) als auch Unternehmen<br />

beteiligt sind.<br />

Der Abbau von Methanhydraten wäre prinzipiell<br />

auch auf Hoher See möglich. Es gilt als technisch<br />

machbar, in Wassertiefen bis <strong>zu</strong> 4 km in den <strong>Meere</strong>sboden<br />

<strong>zu</strong> bohren. <strong>Die</strong> technische und insbeson<strong>der</strong>e<br />

die wirtschaftliche Praktikabilität potenzieller<br />

Abbauverfahren ist Gegenstand <strong>der</strong> Forschung, bei<br />

<strong>der</strong> vor allem Japan und die USA eine wichtige Rolle<br />

spielen. Das japanische Programm <strong>zu</strong>m Methanhydratabbau<br />

(National Methane Hydrate Exploitation<br />

Program, MH21) verfolgt neben an<strong>der</strong>en<br />

Aspekten <strong>der</strong> Methanhydratforschung ausdrücklich<br />

das ehrgeizige Ziel, bereits 2007 mit Produktionstests<br />

in japanischen Gewässern <strong>zu</strong> beginnen und strebt an,<br />

bis 2012 über Technologien für die kommerzielle<br />

Großför<strong>der</strong>ung <strong>zu</strong> verfügen (MH21, 2005). <strong>Die</strong><br />

Finanzierung des US-amerikanischen Methanhydratforschungsprogramms<br />

(Methane Hydrate<br />

Research and Development Act of 2000) wurde 2005<br />

durch den Energy Policy Act bis 2010 verlängert. Ein<br />

kommerzieller Abbau von Methanhydraten in USamerikanischen<br />

Gewässern wird ab 2015 und <strong>der</strong><br />

großskalige Abbau ab ca. 2020 für möglich gehalten<br />

(DOE-NETL, 2005; Ray, 2005).<br />

<strong>Die</strong>se Erwartungen passen <strong>zu</strong> <strong>der</strong> Einschät<strong>zu</strong>ng,<br />

dass in einigen Regionen <strong>der</strong> Methanhydratabbau<br />

binnen <strong>der</strong> nächsten 5–10 Jahre wirtschaftlich machbar<br />

sein wird, während es 30–50 Jahre dauern könnte,<br />

bis ein weltweiter, massenhafter Abbau möglich ist<br />

(Methane Hydrate Advisory Committee, 2002; Collett,<br />

2005). <strong>Die</strong> Methanhydratför<strong>der</strong>ung in Permafrostgebieten<br />

an Land könnte schneller industrielle<br />

Dimensionen annehmen als eine För<strong>der</strong>ung im Meer<br />

(Johnson, 2004). Das liegt daran, dass die Erfassung<br />

und Bewertung <strong>der</strong> för<strong>der</strong>ungswürdigen Vorkommen<br />

an Land gegenüber jenen im Meer weiter voran-

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