Das Wichtige im Überblick - Anwalt-Suchservice
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Vertragsrecht<br />
Verbraucher können per Internet geschlossene<br />
Automietverträge nicht kostenlos<br />
widerrufen<br />
EuGH 10.3.2005, C-336/03<br />
Verbraucher, die per Internet ein Auto angemietet haben, können<br />
diesen Fernabsatzvertrag zwar innerhalb einer best<strong>im</strong>mten Frist<br />
widerrufen. Sie haben jedoch keinen Anspruch auf kostenlose<br />
Auflösung des Vertrags. Bei Automietverträgen handelt es sich um<br />
„Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen (<strong>im</strong> Bereich)<br />
Beförderung“. Für solche Verträge sieht die Fernabsatzrichtlinie<br />
eine Ausnahme vom Grundsatz der kostenlosen Widerruflichkeit<br />
vor.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Im Ausgangsverfahren streiten „easyCar“, ein Unternehmen,<br />
das in England und anderen Mitgliedstaaten eine Autovermietung<br />
betreibt, und Verbraucherschutzverbände über die kostenlose<br />
Widerruflichkeit von Fernabsatzverträgen.<br />
Die Buchung von Mietwagen erfolgt bei easyCar ausschließlich<br />
über das Internet. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
von easyCar können Verbraucher bei Auflösung des<br />
Mietvertrags grundsätzlich keine Rückerstattung verlangen.<br />
Etwas anderes soll nur für eine Vertragsauflösung auf Grund<br />
von best<strong>im</strong>mten, vom Verbraucher nicht beeinflussbaren außergewöhnlichen<br />
und unvorhergesehenen Ereignissen gelten.<br />
Nach der Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG) können<br />
Verbraucher Fernabsatzverträge innerhalb einer best<strong>im</strong>mten<br />
Frist widerrufen und haben einen Anspruch auf Erstattung<br />
bereits geleisteter Zahlungen und der Kosten der Rücksendung<br />
der Ware. Der Grundsatz der kostenlosen Widerruflichkeit gilt<br />
allerdings nicht für „Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen<br />
(<strong>im</strong> Bereich) Beförderung“. Der mit dem Streitfall<br />
befasste High Court legte dem EuGH die Frage vor, ob diese<br />
Ausnahme auch für Autovermietungen gilt. Der EuGH bejahte<br />
dies.<br />
Die Gründe:<br />
Die Vermietung von Autos stellt eine „Dienstleistung (<strong>im</strong><br />
Bereich) Beförderung“ dar. Verbraucher haben daher bei Widerruf<br />
eines auf Anmietung eines Autos gerichteten Fernabsatzvertrages<br />
ausnahmsweise keinen Anspruch auf kostenlose Vertragsauflösung.<br />
Der Gesetzgeber hat bewusst nicht den engeren Begriff „Beförderungsverträge“<br />
gewählt, der lediglich die Beförderung von<br />
Menschen oder Waren durch einen Beförderer umfasst, sondern<br />
auf den gesamten Bereich der Beförderung abgestellt. Hierzu<br />
gehört nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch das Bereitstellen<br />
von Beförderungsmitteln.<br />
Diese Auslegung steht auch <strong>im</strong> Einklang mit dem Gesetzeszweck,<br />
einerseits den Verbraucher zu schützen, andererseits<br />
aber auch Anbieter best<strong>im</strong>mter Dienstleistungen vor unverhältnismäßigen<br />
Nachteilen auf Grund des Rechts zur kostenlosen<br />
Vertragsauflösung zu bewahren. Autovermieter erleiden <strong>im</strong><br />
Fall einer Stornierung die gleichen Nachteile wie andere Anbieter<br />
von Beförderungsdienstleistungen, da sie Vorkehrungen für<br />
die Bereitstellung des Autos zum vereinbarten Zeitpunkt treffen<br />
müssen. Die Ausnahmevorschrift für Beförderungsdienstleistungen<br />
gilt daher auch für Autovermietungen.<br />
Linkhinweis:<br />
Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH<br />
veröffentlicht.<br />
Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />
Verkäufer können falsche Kaufpreisangaben<br />
<strong>im</strong> Internet anfechten<br />
BGH 26.1.2005, VIII ZR 79/04<br />
Wird ein Produkt <strong>im</strong> Internet auf Grund eines Fehlers <strong>im</strong><br />
Datentransfer zu einem niedrigeren Preis angeboten als vom<br />
Anbieter beabsichtigt, so kann er den Kaufvertrag über das<br />
Produkt anfechten. In diesem Fall liegt ein Erklärungsirrtum<br />
<strong>im</strong> Sinn von § 119 Abs.1 2.Alt. BGB vor. Fehler be<strong>im</strong><br />
Datentransfer sind mit einem Vertippen oder Verschreiben<br />
vergleichbar und stellen nicht etwa einen unbeachtlichen<br />
(verdeckten) Kalkulationsirrtum dar.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Klägerin bietet <strong>im</strong> Internet Computer zum Kauf an. Ihre<br />
Mitarbeiter geben den Verkaufspreis für das jeweilige Produkt in<br />
ein EDV-gesteuertes Warenwirtschaftssystem ein. Eine spezielle<br />
Software sorgt dafür, dass die Preise automatisch in die Produktdatenbank<br />
der Internetseite der Klägerin übertragen werden.<br />
Im Januar 2003 versah ein Mitarbeiter der Klägerin ein Notebook<br />
<strong>im</strong> Warenwirtschaftsystem mit einem Kaufpreis von 2.650 Euro.<br />
Auf Grund eines Fehlers <strong>im</strong> Datentransfer wurde das Notebook<br />
<strong>im</strong> Internet zu einem Preis von 245 Euro angeboten. Der Beklagte<br />
bestellte das Notebook zu diesem Preis. Daraufhin erhielt er<br />
von der Klägerin per E-Mail eine automatische Bestellbestätigung<br />
sowie die Mitteilung, dass der Auftrag von der Versandabteilung<br />
bearbeitet werde.<br />
Die Klägerin lieferte das Notebook am 5.2.2003 zum Preis von<br />
245 Euro an den Beklagten aus. Mit Schreiben vom 11.2.2003<br />
erklärte sie die Anfechtung des Kaufvertrags, da der Preis für das<br />
Notebook auf Grund eines technischen Versehens viel zu niedrig<br />
angegeben gewesen sei. Sie verlangte von dem Beklagten die<br />
Herausgabe des Notebooks Zug um Zug gegen Rückzahlung der<br />
245 Euro. Ihre hierauf gerichtete Klage hatte Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 812 Abs.1 S.1 1.Alt.<br />
BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Notebooks. Die Übergabe<br />
des Notebooks ist ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Klägerin<br />
den Kaufvertrag mit dem Beklagten gemäß § 119 Abs.1 2.Alt. BGB<br />
wirksam angefochten hat. Ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags<br />
gerichtete Willenserklärung ist daher rückwirkend nichtig.<br />
Die Klägerin unterlag bei Abgabe des Kaufangebots einem<br />
Erklärungsirrtum <strong>im</strong> Sinn von § 119 Abs.1 2. Alt. BGB. Sie<br />
wollte eine Erklärung des Inhalts, das Notebook solle 245 Euro<br />
kosten, nicht abgeben. Zu der fehlerhaften Kaufpreisangabe <strong>im</strong><br />
Internet ist es auf Grund eines bis dahin unerkannten Fehlers in<br />
der Datenübertragung gekommen. Dies ist mit den - als Erklärungsirrtum<br />
allgemein anerkannten - Fällen des Verschreibens<br />
oder Vertippens vergleichbar.<br />
11/2005 <strong>Anwalt</strong>swoche 5