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Anwaltswoche 11/05 Inhalt Beweisgebühr wegen Verwertung beigezogener Akten setzt deren Würdigung in der gerichtlichen Entscheidung voraus 35 Im vorprozessualen Schlichtungsverfahren bei der ärztlichen Schlichtungsstelle entsteht keine Beweisgebühr 35 Verteidigerhonorar in Höhe von 35.000 Euro ist nicht zwangsläufig sittenwidrig 36 Berufsrecht Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung „Fachanwalt für Strafrecht“ setzt nicht zwingend praktische Erfahrungen als Strafverteidiger voraus 36 Für die Höhe der Beiträge eines Rechtsanwalts und Steuerberaters zum Rechtsanwaltsversorgungswerk kommt es nur auf die anwaltlichen Einkünfte an 37 Über die Zulassung als Rechtsanwalt darf auch ein teilweise mit Rechtsanwälten besetzter Prüfungsausschuss entscheiden 37 Auch Steuerberater dürfen als Testamentsvollstrecker tätig werden 38 Verwaltungs- und Verfahrensrecht Auch unverheiratete Eltern können einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente nach dem Opferentschädigungsgesetz haben 39 Anteilserwerb an ehemals jüdischen Grundstücken steht einem Rückübertragungsanspruch nach dem VermG nicht entgegen („Wertheim-Erben“) 39 Verbeamtete Lokomotivführer können nicht zur Reinigung der Züge herangezogen werden 39 Private Kuriere von Blutpräparaten dürfen weder Blaulicht noch Martinshorn benutzen 40 Strafrecht und OWi Mitglieder einer rechtsradikalen Musikgruppe können sich wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung strafbar machen („Landser“) 40 Bundestag hat erweiterte Strafvorschriften im Kampf gegen Rechtsextremismus beschlossen 41 Untersuchungshaft muss bei überlanger Verfahrensdauer außer Vollzug gesetzt werden 41 Bundesrepublik und Niederlande haben Vertrag über die grenzüberschreitende polizeiliche und strafrechtliche Zusammenarbeit geschlossen 42 Steuerrecht Schenkungsteuer für eine Grundstücksschenkung entsteht nicht bereits mit der Eintragung einer Auflassungsvormerkung 42 Die Beteiligten eines „Umsatzsteuer-Karussells“ sind möglicherweise nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt 42 Die EU-Mitgliedstaaten dürfen nicht nur die in ihrem Land ausgeführten Forschungsarbeiten steuerlich begünstigen 43 Der erbschaftsteuerrechtliche Freibetrag für Betriebsvermögen ist bei mehreren Erwerbern nicht nur „nach Köpfen“ zu verteilen 44
Vertragsrecht Verbraucher können per Internet geschlossene Automietverträge nicht kostenlos widerrufen EuGH 10.3.2005, C-336/03 Verbraucher, die per Internet ein Auto angemietet haben, können diesen Fernabsatzvertrag zwar innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen. Sie haben jedoch keinen Anspruch auf kostenlose Auflösung des Vertrags. Bei Automietverträgen handelt es sich um „Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen (im Bereich) Beförderung“. Für solche Verträge sieht die Fernabsatzrichtlinie eine Ausnahme vom Grundsatz der kostenlosen Widerruflichkeit vor. Der Sachverhalt: Im Ausgangsverfahren streiten „easyCar“, ein Unternehmen, das in England und anderen Mitgliedstaaten eine Autovermietung betreibt, und Verbraucherschutzverbände über die kostenlose Widerruflichkeit von Fernabsatzverträgen. Die Buchung von Mietwagen erfolgt bei easyCar ausschließlich über das Internet. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von easyCar können Verbraucher bei Auflösung des Mietvertrags grundsätzlich keine Rückerstattung verlangen. Etwas anderes soll nur für eine Vertragsauflösung auf Grund von bestimmten, vom Verbraucher nicht beeinflussbaren außergewöhnlichen und unvorhergesehenen Ereignissen gelten. Nach der Fernabsatzrichtlinie (Richtlinie 97/7/EG) können Verbraucher Fernabsatzverträge innerhalb einer bestimmten Frist widerrufen und haben einen Anspruch auf Erstattung bereits geleisteter Zahlungen und der Kosten der Rücksendung der Ware. Der Grundsatz der kostenlosen Widerruflichkeit gilt allerdings nicht für „Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen (im Bereich) Beförderung“. Der mit dem Streitfall befasste High Court legte dem EuGH die Frage vor, ob diese Ausnahme auch für Autovermietungen gilt. Der EuGH bejahte dies. Die Gründe: Die Vermietung von Autos stellt eine „Dienstleistung (im Bereich) Beförderung“ dar. Verbraucher haben daher bei Widerruf eines auf Anmietung eines Autos gerichteten Fernabsatzvertrages ausnahmsweise keinen Anspruch auf kostenlose Vertragsauflösung. Der Gesetzgeber hat bewusst nicht den engeren Begriff „Beförderungsverträge“ gewählt, der lediglich die Beförderung von Menschen oder Waren durch einen Beförderer umfasst, sondern auf den gesamten Bereich der Beförderung abgestellt. Hierzu gehört nach dem allgemeinen Sprachgebrauch auch das Bereitstellen von Beförderungsmitteln. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit dem Gesetzeszweck, einerseits den Verbraucher zu schützen, andererseits aber auch Anbieter bestimmter Dienstleistungen vor unverhältnismäßigen Nachteilen auf Grund des Rechts zur kostenlosen Vertragsauflösung zu bewahren. Autovermieter erleiden im Fall einer Stornierung die gleichen Nachteile wie andere Anbieter von Beförderungsdienstleistungen, da sie Vorkehrungen für die Bereitstellung des Autos zum vereinbarten Zeitpunkt treffen müssen. Die Ausnahmevorschrift für Beförderungsdienstleistungen gilt daher auch für Autovermietungen. Linkhinweis: Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des EuGH veröffentlicht. Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier. Verkäufer können falsche Kaufpreisangaben im Internet anfechten BGH 26.1.2005, VIII ZR 79/04 Wird ein Produkt im Internet auf Grund eines Fehlers im Datentransfer zu einem niedrigeren Preis angeboten als vom Anbieter beabsichtigt, so kann er den Kaufvertrag über das Produkt anfechten. In diesem Fall liegt ein Erklärungsirrtum im Sinn von § 119 Abs.1 2.Alt. BGB vor. Fehler beim Datentransfer sind mit einem Vertippen oder Verschreiben vergleichbar und stellen nicht etwa einen unbeachtlichen (verdeckten) Kalkulationsirrtum dar. Der Sachverhalt: Die Klägerin bietet im Internet Computer zum Kauf an. Ihre Mitarbeiter geben den Verkaufspreis für das jeweilige Produkt in ein EDV-gesteuertes Warenwirtschaftssystem ein. Eine spezielle Software sorgt dafür, dass die Preise automatisch in die Produktdatenbank der Internetseite der Klägerin übertragen werden. Im Januar 2003 versah ein Mitarbeiter der Klägerin ein Notebook im Warenwirtschaftsystem mit einem Kaufpreis von 2.650 Euro. Auf Grund eines Fehlers im Datentransfer wurde das Notebook im Internet zu einem Preis von 245 Euro angeboten. Der Beklagte bestellte das Notebook zu diesem Preis. Daraufhin erhielt er von der Klägerin per E-Mail eine automatische Bestellbestätigung sowie die Mitteilung, dass der Auftrag von der Versandabteilung bearbeitet werde. Die Klägerin lieferte das Notebook am 5.2.2003 zum Preis von 245 Euro an den Beklagten aus. Mit Schreiben vom 11.2.2003 erklärte sie die Anfechtung des Kaufvertrags, da der Preis für das Notebook auf Grund eines technischen Versehens viel zu niedrig angegeben gewesen sei. Sie verlangte von dem Beklagten die Herausgabe des Notebooks Zug um Zug gegen Rückzahlung der 245 Euro. Ihre hierauf gerichtete Klage hatte Erfolg. Die Gründe: Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus § 812 Abs.1 S.1 1.Alt. BGB einen Anspruch auf Herausgabe des Notebooks. Die Übergabe des Notebooks ist ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Klägerin den Kaufvertrag mit dem Beklagten gemäß § 119 Abs.1 2.Alt. BGB wirksam angefochten hat. Ihre auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung ist daher rückwirkend nichtig. Die Klägerin unterlag bei Abgabe des Kaufangebots einem Erklärungsirrtum im Sinn von § 119 Abs.1 2. Alt. BGB. Sie wollte eine Erklärung des Inhalts, das Notebook solle 245 Euro kosten, nicht abgeben. Zu der fehlerhaften Kaufpreisangabe im Internet ist es auf Grund eines bis dahin unerkannten Fehlers in der Datenübertragung gekommen. Dies ist mit den - als Erklärungsirrtum allgemein anerkannten - Fällen des Verschreibens oder Vertippens vergleichbar. 11/2005 Anwaltswoche 5
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