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Verfahrensrecht<br />
Die Bezeichnung einer Methode als „unseriös“<br />
begründet keine Befangenheit eines<br />
Sachverständigen<br />
OLG Saarbrücken 16.9.2004, 5 W 196/04-67<br />
Sachverständige können wegen der Besorgnis der Befangenheit<br />
abgelehnt werden, wenn ihre Formulierungen Anlass zu der<br />
Annahme geben, dass sie nicht unparteiisch sind. Dies ist<br />
insbesondere bei überzogenen Äußerungen, die keiner sachlichen<br />
Diskussion zugänglich sind, der Fall. Diese Grenze ist noch nicht<br />
überschritten, wenn der Sachverständige in seinem Gutachten<br />
von „unseriösen“ Methoden spricht.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Klägerin n<strong>im</strong>mt die Beklagten wegen einer fehlerhaft durchgeführten<br />
Operation an ihrer Wirbelsäule auf Zahlung von Schadensersatz<br />
und Schmerzensgeld in Anspruch. <strong>Das</strong> Gericht beauftragte<br />
einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Falls. In<br />
seinem Gutachten stellte er unter anderem fest, dass „kein seriöser<br />
Wirbelsäulenchirurg“ die Operation derart durchgeführt hätte.<br />
Die Beklagten lehnten den Sachverständigen wegen der Besorgnis<br />
der Befangenheit ab. Sie vertraten die Auffassung, dass die<br />
Formulierung „unseriös“ eine Diskr<strong>im</strong>inierung darstelle. Ihr<br />
Befangenheitsantrag hatte keinen Erfolg.<br />
Die Gründe:<br />
Der Sachverständige muss nicht wegen Besorgnis der Befangenheit<br />
ablehnt werden. Gemäß § 406 Abs.1 ZPO kann eine<br />
Sachverständiger abgelehnt werden, wenn Zweifel an seiner<br />
Unparteilichkeit bestehen. Die Äußerung „kein seriöser Wirbelsäulenchirurg“<br />
gibt keinen Anlass, die Unparteilichkeit des<br />
Medizin-Sachverständigen zu bezweifeln.<br />
Die Ausdrucksweise eines Sachverständigen kann dann Anlass zur<br />
Besorgnis der Befangenheit geben, wenn sie überzogen und einer<br />
sachlichen Auseinadersetzung nicht zugänglich ist. Im Streitfall<br />
stellt sich die Äußerung des Sachverständigen nicht als überzogen<br />
dar. Angesichts der Komplexität der Materie in einem Arzthaftungsprozess<br />
ist das Gericht auf eine sehr deutliche Ausdrucksweise<br />
des Sachverständigen angewiesen. Denn für die rechtliche<br />
Beurteilung eines Behandlungsfehlers ist nicht nur die Frage „ob“,<br />
sondern auch in welchem Umfang ein Fehler vorliegt, entscheidend.<br />
Insofern ist eine deutliche Sprache unabdingbare Voraussetzung<br />
für ein Gutachten. <strong>Das</strong> Wort „unseriös“ ist Ausdruck einer<br />
solchen deutlichen Sprache. Es ist, anders als beispielsweise beleidigende<br />
Worte, einer sachlichen Auseinandersetzung zugänglich.<br />
Der Volltext in der ZR-Report-Datenbank:<br />
Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der ZR-Report-<br />
Datenbank. Hier sind weitere wichtige Entscheidungen zur<br />
Zivilrechtsprechung des BGH und der OLG veröffentlicht. Der<br />
Abruf ist kostenpflichtig.<br />
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />
erlischt die zuvor erteilte Prozessvollmacht<br />
OLG Karlsruhe 30.9.2004, 19 U 2/04<br />
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt gemäß<br />
§§ 115, 116, 117 InsO die dem Prozessbevollmächtigten<br />
erteilte Vollmacht. Eine ohne erneute Erteilung einer Vollmacht<br />
eingelegte Berufung ist unzulässig. Die Kosten des unzulässigen<br />
Berufungsverfahren muss der Prozessbevollmächtigte tragen.<br />
Der Sachverhalt:<br />
Die Kläger zu 1) bis 3) nahmen die Beklagte aus einem inzwischen<br />
beendeten Mietverhältnis auf Schadensersatz in Anspruch.<br />
Dem Verfahren sind auf Seiten der Beklagten mehrere Streithelferinnen<br />
beigetreten. Durch Teil-Urteil wies das LG die Klage<br />
der Kläger zu 1) und 2) ab. Die hiergegen gerichtete Berufung<br />
wies das OLG zurück.<br />
Am 17.5.2002 wurde über das Vermögen des Klägers zu 3) das<br />
Insolvenzverfahren eröffnet worden, das nach Ankündigung<br />
gemäß § 291 InsO am 11.8.2003 wieder aufgehoben wurde. Im<br />
daraufhin wieder aufgenommenen Verfahren wies das LG auch<br />
die Klage des Klägers zu 3) ab.<br />
Hiergegen legte Rechtsanwalt R., der den Kläger zu 3) schon<br />
<strong>im</strong> Verfahren vor dem LG vertreten hatte, frist- und formgerecht<br />
Berufung ein. Eine der Streithelferinnen rügte das Bestehen<br />
einer Prozessvollmacht des R. Zum Senatstermin vom 15.9.2004<br />
erschienen weder der Kläger zu 3) noch R. <strong>Das</strong> OLG wies die<br />
Berufung durch unechtes Versäumnis-Urteil als unzulässig ab.<br />
Die Gründe:<br />
Die durch R. eingelegte Berufung ist unzulässig, da der Kläger<br />
zu 3) zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung durch diesen<br />
nicht mehr ordnungsgemäß vertreten war. Selbst wenn ursprünglich<br />
eine wirksame Bevollmächtigung vorgelegen haben sollte,<br />
ist diese gemäß §§ 115, 116, 117 InsO durch die Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens erloschen.<br />
Mit dem Aufschub der Geschäftsbesorgung durch R. war auch<br />
keine Gefahr verbunden, so dass die Prozessvollmacht auch<br />
nicht aus diesem Grund gemäß §§ 115 Abs.2, 117 Abs.2 InsO<br />
als fortbestehend zu behandeln war. Dieser Tatbestand entfällt<br />
bereits deshalb, weil das Verfahren ein Jahr seit Eröffnung des<br />
Insolvenzverfahrens nicht betrieben worden war.<br />
R. trägt die Kosten des unzulässigen Berufungsverfahrens. Fehlt<br />
eine wirksame Bevollmächtigung, so sind grundsätzlich demjenigen<br />
die Prozesskosten aufzuerlegen, der den nutzlosen Verfahrensaufwand<br />
veranlasst hat. Im Streitfall wusste R., dass über<br />
das Vermögen des Klägers zu 3) das Insolvenzverfahren eröffnet<br />
worden war. Als Rechtskundigem waren ihm daher auch die Folgen<br />
der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nach den §§ 115 bis<br />
117 InsO bekannt.<br />
Der Volltext in der ZR-Report-Datenbank:<br />
Den Volltext der Entscheidung finden Sie in der ZR-Report-<br />
Datenbank. Hier sind weitere wichtige Entscheidungen zur<br />
Zivilrechtsprechung des BGH und der OLG veröffentlicht. Der<br />
Abruf ist kostenpflichtig.<br />
11/2005 <strong>Anwalt</strong>swoche 30