Wie die Mediation erwacht - Anwalt-Suchservice
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THEMA<br />
jährlich etwa 2.000 erstinstanzliche<br />
Prozesse bewältigen. Mit Beginn des<br />
Jahres 2003 wurde unter den Zivilrichtern<br />
eine Arbeitsteilung eingeführt,<br />
nach der fortan ein Teil der Richter<br />
für streitige Verfahren, ein anderer Teil<br />
für <strong>Mediation</strong>en zuständig ist. Geeignete<br />
Verfahren werden den Richtermediatoren<br />
von den Kammern des<br />
Gerichts abgegeben. „In absoluten<br />
Zahlen sind <strong>die</strong>s 2003 700 Verfahren<br />
jährlich, 2004 sogar schon mehr“, so<br />
von Olenhusen. „In 75 Prozent der<br />
Fälle, also in rund 500 Prozessen,<br />
haben <strong>die</strong> Anwälte und Parteien der<br />
<strong>Mediation</strong> durch Richtermediatoren<br />
zugestimmt. Wir wünschen uns eine<br />
höhere Zustimmungsquote. Denn:<br />
Findet ein <strong>Mediation</strong>sgespräch statt,<br />
führen nahezu 90 Prozent der <strong>Mediation</strong>sverhandlungen<br />
zu einem gerichtlichen<br />
Vergleich.“<br />
Die Initiative zur <strong>Mediation</strong> ergreift<br />
nach dem Göttinger Modell der<br />
Richtermediator gegenüber den<br />
Rechtsanwälten, nachdem der Fall vorher<br />
ohne Vorprüfung vom Streitrichter<br />
an <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong>sabteilung des<br />
Gerichts weitergeleitet wurde. Mittlerweile<br />
ziehen sich <strong>die</strong> mittels der <strong>Mediation</strong><br />
gelösten Fälle durch das gesamte<br />
Zivilrecht – angefangen vom Bauprozess<br />
über Darlehen, Grundstückskauf,<br />
gewerbliche Miete Erbschaftsstreitigkeiten<br />
bis zu gesellschaftsrechtlichen<br />
Streitigkeiten. Dabei findet laut von<br />
Olenhusen in der Regel nur ein Ter-<br />
8 anwaltsreport 4 / 2004<br />
min mit einer durchschnittlichen<br />
Dauer von 2,5 Stunden statt, an dessen<br />
Ende der Richter gleich den<br />
gerichtlichen Vergleich protokolliert.<br />
Sollten sich <strong>die</strong>se Zahlen in Göttingen<br />
und andernorts weiter verfestigen,<br />
dann steht <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong> wohl<br />
kurz vor ihrem ganz großen Durchbruch.<br />
Dafür reicht bereits ein Blick<br />
auf <strong>die</strong> desolaten Haushalte der Bundesländer.<br />
„Die Gerichtsmediation<br />
wird in Deutschland den Durchbruch<br />
für <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong> bewirken“, ist denn<br />
auch Christian Duve überzeugt. Duve,<br />
der zusammen mit Professor Horst<br />
Eidenmüller von der Uni München<br />
(siehe auch Seite 10 „Nachgefragt“) das<br />
im Verlag Dr. Otto Schmidt erschienene<br />
Fachbuch „<strong>Mediation</strong> in der Wirtschaft“<br />
geschrieben hat, muss es wissen:<br />
Er ist Vorsitzender des Ausschusses<br />
für Außergerichtliche Konfliktbeilegung<br />
im Deutschen <strong>Anwalt</strong>Verein.<br />
Konkurrenz für <strong>die</strong> <strong>Anwalt</strong>schaft?<br />
Allerdings hat Duve bei den derzeitigen<br />
Pilotprojekten auch Schwächen<br />
ausgemacht. „Leider ist in letzter Zeit<br />
eine zunehmende Polarisierung zwischen<br />
<strong>Anwalt</strong>schaft und Richterschaft<br />
zu beobachten. Die Integration von<br />
Rechtsanwälten in <strong>die</strong> Pilotprojekte an<br />
niedersächsischen Gerichten scheint<br />
nicht vollständig gelungen zu sein“, so<br />
Duve, „Wenn <strong>die</strong> Gerichte <strong>die</strong> Media-<br />
Eugen Ewig<br />
tion als ein eigenes Dienstleistungsangebot<br />
unter Ausschluss der Rechtsanwälte<br />
anbieten, könnte in der Tat –<br />
jedenfalls zunächst – ein potentieller<br />
Markt durch Richter besetzt werden.“<br />
Dennoch bleibt Christian Duve optimistisch:<br />
„Auf mittlere Sicht dürften<br />
sich daraus jedoch auch zusätzliche<br />
Betätigungschancen für <strong>die</strong> <strong>Anwalt</strong>schaft<br />
ergeben.“ Auch Eugen Ewig<br />
äußert sich skeptisch: „Bei den Bemühungen<br />
der Justizpolitik bleibt häufig<br />
der fade Geschmack zurück, dass es<br />
nur um fiskalische Interessen geht. Der<br />
<strong>Anwalt</strong>, der weiß, was <strong>Mediation</strong> ist,<br />
wird in der Richtermediation seine Partei<br />
vor einem solchen Missbrauch<br />
schützen und ggf. zu einem Abbruch<br />
raten“.<br />
Den aufkommenden Konkurrenzgedanken<br />
zwischen <strong>Anwalt</strong>s- und Richtermediatoren<br />
hat auch der Göttinger<br />
Gerichtspräsident von Olenhusen<br />
wahrgenommen. Seiner Einschätzung<br />
nach wird <strong>die</strong> Gerichtsmediation nur<br />
dann erfolgreich sein, „wenn sie zur<br />
Zufriedenheit der Parteien und Anwälte<br />
führt, wenn Vorteile verschafft werden,<br />
wie z.B. einen kurzfristigen <strong>Mediation</strong>stermin<br />
und eine gebührenrechtliche<br />
Gleichstellung mit dem streitigen<br />
Zivilverfahren.“ Von Olenhusen<br />
weiß, dass <strong>die</strong> Gerichtsmediation nur<br />
in guter Kooperation mit der <strong>Anwalt</strong>schaft<br />
ein echter Renner werden kann.<br />
Denn der <strong>Anwalt</strong> ist es, der das gerichtlich<br />
unterbreitete <strong>Mediation</strong>sangebot<br />
aufgreift und seinem Mandanten<br />
schmackhaft machen muss. Die derzeitige<br />
telefonische Zustimmungsquote<br />
in Höhe von 75 Prozent hält von Olenhusen<br />
noch für ausbaufähig. Skepsis<br />
und mangelnde Information stünden<br />
dabei vielfach noch einer Zustimmung<br />
entgegen. Doch letztlich wird sich <strong>die</strong><br />
<strong>Anwalt</strong>schaft wohl an der Gerichtsmediation<br />
beteiligen. Denn hier winkt<br />
ein erheblicher Multiplikationseffekt.<br />
Wenn <strong>die</strong> Justiz so <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong> populär<br />
macht, wird <strong>die</strong> außergerichtliche<br />
Streitbeilegung insgesamt einen<br />
kräftigen Schub erfahren.