Wie die Mediation erwacht - Anwalt-Suchservice
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THEMA<br />
Wo steht <strong>die</strong> Wirtschaftsmediation<br />
heute – und wo könnte sie in fünf Jahren<br />
stehen?<br />
Eidenmüller: Die Wirtschaftsmediation<br />
ist heute ein nicht unbedeutendes<br />
Streitbeilegungsinstrument für Wirtschaftskonflikte.<br />
In fünf Jahren könnte<br />
sie ein praktisch wirklich bedeutsames<br />
Instrument geworden sein.<br />
Woran liegt es, dass es zwar viele Fortbildungsangebote<br />
und exzellente Literatur<br />
zur außergerichtlichen Streitbeilegung<br />
gibt, es in der Rechtswirklichkeit<br />
aber eher düster aussieht?<br />
Eidenmüller: Das liegt an vielen Faktoren:<br />
Zum einen an der immer noch<br />
großen Unkenntnis im Hinblick auf<br />
Formen und Chancen der außergerichtlichen<br />
Streitbeilegung; zum anderem<br />
an dem etwa im Vergleich mit den<br />
USA „geringeren Leidensdruck“ bei<br />
einer gerichtlichen Auseinandersetzung<br />
(vergleichsweise niedrige Kosten, relativ<br />
zügige Erledigung etc.); schließlich<br />
und vor allem aber auch an rechtskulturellen<br />
Faktoren – <strong>die</strong> Konfliktdelegation<br />
ist in Deutschland verbreiteter<br />
als etwa in stark auf eine privatautonome<br />
Lebensgestaltung ausgerichteten<br />
Rechtsordnungen (wie etwa in den<br />
USA).<br />
<strong>Wie</strong> viel Prozent der Zivilrechtsfälle in<br />
Deutschland ließen sich denn besser<br />
durch <strong>Mediation</strong> statt durch einen streitigen<br />
Prozess lösen?<br />
Eidenmüller: Es gibt praktisch keinen<br />
Fall, der nicht für <strong>Mediation</strong>sverfahren<br />
geeignet ist, mit Ausnahme viel-<br />
10 anwaltsreport 4 / 2004<br />
„Richter-<strong>Mediation</strong> bringt<br />
massive positive Effekte“<br />
Nachgefragt bei Prof. Dr. Horst Eidenmüller, LL.M.<br />
(Cambridge), Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht,<br />
Deutsches, Europäisches und Internationales Unternehmensrecht<br />
an der Ludwig-Maximilians-Universität<br />
München<br />
leicht von drei Konstellationen: Konflikte,<br />
in denen ein Präjudiz erstritten<br />
werden soll, solche, in denen es um<br />
einfache (unbestrittene) Zahlungsansprüche<br />
geht sowie Konflikte, bei<br />
denen zwischen den Beteiligten ein<br />
erhebliches Ungleichgewicht (Macht,<br />
Ressourcen etc.) besteht. Im Ergebnis<br />
bedeutet <strong>die</strong>s, dass sich nach meiner<br />
Einschätzung <strong>die</strong> große Mehrheit aller<br />
Zivilrechtsfälle in Deutschland besser<br />
durch <strong>Mediation</strong> lösen ließe.<br />
Aus welchen Gründen sollten sich<br />
Anwälte in <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong> einarbeiten?<br />
Eidenmüller: Wenn <strong>Mediation</strong> als<br />
Konfliktbeilegungsinstrument an Bedeutung<br />
gewinnt, dann werden alle<br />
Anwälte zunehmend mit ihr konfrontiert<br />
werden – sei es in der Rolle des<br />
Parteivertreters, sei es aber auch in der<br />
Rolle eines Mediators.<br />
An der Rolle des Mediators wird bemängelt,<br />
dass er im Unterschied zum<br />
Richter keinen Druck auf <strong>die</strong> Parteien<br />
ausüben könne und daher eine Einigung<br />
eher unwahrscheinlich sei. Was<br />
halten Sie davon?<br />
Eidenmüller: Eine Einigung in der<br />
<strong>Mediation</strong> ist kein Selbstzweck. Sie ist<br />
dann sinnvoll, wenn sie für <strong>die</strong> Beteiligten<br />
besser ist als eine streitige Auseinandersetzung.<br />
In zwei Drittel bis drei<br />
Viertel aller Fälle, in denen ein <strong>Mediation</strong>sverfahren<br />
durchgeführt wird,<br />
kommt es auch zu einer Einigung. Das<br />
gilt auch dann, wenn <strong>Mediation</strong> obligatorisch<br />
ist, wie in einigen Rechtsordnungen.<br />
Der fehlende „Druck“ sei-<br />
tens des Mediators wirkt sich also überhaupt<br />
nicht einigungshemmend aus.<br />
Ein solcher Druck wäre auch mit den<br />
Grundprinzipien der <strong>Mediation</strong> überhaupt<br />
nicht zu vereinbaren.<br />
Müsste nicht seitens der Berufsorganisationen<br />
stärker für <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong><br />
geworben werden – etwa über Gemeinschaftswerbung<br />
in der Bevölkerung?<br />
Eidenmüller: Eine entsprechende Werbung<br />
erscheint mir durchaus sinnvoll.<br />
Viele Berufsorganisationen haben noch<br />
nicht verstanden, dass im jetzigen Stadium<br />
der Entwicklung der <strong>Mediation</strong><br />
alle von ihrer stärkeren Verbreitung profitieren<br />
können. Wir sind noch lange<br />
nicht in einem Stadium angelangt, an<br />
dem es einen fixen Kuchen zu verteilen<br />
gibt.<br />
Das neue RVG honoriert <strong>die</strong> außergerichtliche<br />
Konfliktlösung. Rechnet sich<br />
das auch für <strong>die</strong> <strong>Anwalt</strong>schaft?<br />
Eidenmüller: Jeder Anreiz, der <strong>die</strong><br />
außergerichtliche Konfliktlösung stärkt,<br />
ist zu begrüßen. Das gilt auch für Vergütungsanreize,<br />
<strong>die</strong> für <strong>die</strong> anwaltliche<br />
Tätigkeit geschaffen werden. Gleichwohl<br />
denke ich nicht, dass <strong>die</strong> jetzt formulierten<br />
neuen Regeln zu einem<br />
sprunghaften Ansteigen außergerichtlicher<br />
Vergleichszahlen führen werden.<br />
Ist es realistisch, sich als <strong>Anwalt</strong> ganz<br />
auf <strong>die</strong> <strong>Mediation</strong> zu konzentrieren?<br />
Eidenmüller: Das ist dann realistisch,<br />
wenn man erstens über eine sehr gute<br />
Ausbildung und entsprechende