Kann man mit dem Bauch reden? Eine physikalische ... - JavaPsi
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2 LAUTENTSTEHUNG BEIM MENSCHEN 1<br />
1 Einleitung<br />
2 Lautentstehung beim Menschen<br />
Bei der Lauterzeugung muss zwischen der Schallerzeugung an den Stimmbändern und der Schallmodifikation<br />
des restlichen Vokaltrakts unterschieden werden.<br />
2.1 Stimmhafte Anregung durch die Glottis<br />
Aus der Lunge strömt Luft nach oben in Richtung der Stimmbänder. Der dadurch aufgebaute<br />
Druck wird so groß, dass er eine kurzzeitige Öffnung der Stimmbänder und so<strong>mit</strong> der Glottis<br />
1 bewirkt. Während der Öffnung entweicht die Luft in den Vokaltrakt und der Druck auf die<br />
Stimmbänder verringert sich, so dass sich die Glottis wieder schließt – bis der Druck erneut für<br />
eine Öffnung ausreicht. So entsteht ein periodisches Öffnen und Schließen der Glottis, welches zu<br />
einem Schallsignal führt. Oftmals werden die beiden Stimmbänder durch ein Zwei-Massen-Modell<br />
simuliert, da diese das Öffnen und Schließen der Stimmbänder in Abhängigkeit des auf sie wirkenden<br />
Drucks gut beschreiben können. Das gleiche Phänomen ist auch beim Entweichen von Luft<br />
aus einem Luftballon, dessen Öffnung auseinander gezogen wird, zu beobachten. Der entstehende<br />
Grundlaut muss im Vokaltrakt nun noch zu einem vollständigen Laut umgeformt werden.<br />
2.2 Filterfunktion des Vokaltrakts<br />
Die verschiedenen Artikulatoren (Zunge, Velum, Kiefer, Lippe) bestimmen die Geometrie des Vokaltrakts.<br />
Von dieser Geometrie ist die weitere Entwicklung des aus der Glottis kommenden Schallsignals<br />
abhängig. Um den Einfluss der Vokaltraktgeometrie auf die Lautbildung herauszufinden,<br />
können verschiedene Modelle betrachtet werden. In den Kapiteln 3.1 und 3.2 werden wir insbesondere<br />
auf das einfache Röhrenmodell und das von Birkholz weiterentwickelte Mermelstein-Modell<br />
eingehen.<br />
2.3 Physikalisch-akustische Beschreibung von Glottis und Vokaltrakt<br />
Fasst <strong>man</strong> die Anregungsfunktion der Glottis als Quelle, die Übertragungsfunktion des Vokaltrakts<br />
als Filter auf, so entsteht das in Abb. 4 gezeigte Quelle-Filter-Modell für die Lautbildung.<br />
Glottis<br />
Die durch das periodische Öffnen und Schließen der Glottis entstehenden Schallwellen haben einen<br />
Schalldruck p, der die lokale Veränderung des Luftdrucks gegenüber <strong>dem</strong> Normaldruck beschreibt.<br />
Neben <strong>dem</strong> Schalldruck kann die Schallwelle auch durch eine Schallschnelle v dargestellt werden,<br />
die die Oszillation der einzelnen Luftteilchen angibt. Multipliziert <strong>man</strong> die Schallschnelle v <strong>mit</strong><br />
der Querschnittsfläche A des Rohrs, so erhält <strong>man</strong> den Volumenstrom oder Schallfluss u = v · A.<br />
Der Quotient aus Schalldruck und Volumenstrom wird als akustische Impedanz p<br />
u bezeichnet.<br />
Vokaltrakt<br />
Von der Glottis kommt nun ein Signal x(t) in den Vokaltrakt. Dieses Eingangssignal kann durch<br />
Linearkombinationen von Diracimpulsen δ(t) beschrieben werden. Die Modifikation dieser Impulsfunktion<br />
im Vokaltrakt wird als Impulsantwort h(t) des Systems bezeichnet. Das schließliche<br />
Ausgangssignal y(t) erhält <strong>man</strong> mathematisch betrachtet aus der Faltung y(t) = x(t)∗h(t) des Eingangssignals<br />
<strong>mit</strong> der Impulsantwort (vgl. [16]). Wichtig ist insbesondere, dass die Impulsantwort<br />
das akustische System des Vokaltrakts vollständig beschreibt.<br />
Während die Impulsantwort das Endsignal y(t) im Zeitbereich liefert, vermag die sog. Übertragungsfunktion<br />
H(ω) angewandt auf das Eingangssignal X(ω) das Endsignal Y (ω) im Frequenzbereich,<br />
d.h. in Abhängigkeit der ω anzugeben. Zur Analyse am Computer muss das zeitkontinuierliche<br />
Endsignal y(t) <strong>mit</strong> einer bestimmten Abtastfrequenz fA abgetastet werden, d.h. y(t) wird<br />
1 Als Glottis bezeichnet <strong>man</strong> den Hohlraum zwischen den beiden Stimmbändern.