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Verwaltungs- und<br />

Verfassungsrecht<br />

Vorschriften über den Ausschluss von Minderheitsaktionären<br />

sind verfassungsgemäß<br />

BVerfG 30.5.2007, 1 BvR 390/04<br />

Die Vorschriften über den Ausschluss von Minderheitsaktionären<br />

(„Squeeze-out“) gemäß den §§ 327a ff. AktG sind verfassungsrechtlich<br />

nicht zu beanstanden. Das gilt auch, soweit der<br />

Hauptaktionär im Freigabeverfahren trotz Anfechtungsklage der<br />

Minderheitsaktionäre die Eintragung des Übertragungsbeschlusses<br />

in das Handelsregister erreichen kann. Ohne das Freigabeverfahren<br />

bestünde die Gefahr, dass das „Squeeze-out“ weitgehend<br />

wirkungslos bliebe.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Die Beschwerdeführer waren Minderheitsaktionäre einer börsennotierten<br />

Aktiengesellschaft. Auf Antrag des Hauptaktionärs,<br />

der 98,36 Prozent des Kapitals hielt, beschloss die Gesellschaft<br />

den Ausschluss der Minderheitsaktionäre. Hiergegen erhoben<br />

die Beschwerdeführer Anfechtungsklage. Daraufhin erwirkte<br />

die Gesellschaft im Wege des Freigabeverfahrens einen gerichtlichen<br />

Beschluss über die vorzeitige Eintragung des Ausschlusses<br />

in das Handelsregister.<br />

Mit ihrer hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerde machten<br />

die Beschwerdeführer geltend, dass sie durch die Vorschriften<br />

des AktG über den Ausschluss von Minderheitsaktionären<br />

in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs.1 GG verletzt<br />

würden. Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur<br />

Entscheidung an.<br />

Die Gründe:<br />

Die Vorschriften in den §§ 327a ff. AktG über den Ausschluss<br />

von Minderheitsaktionären auf Antrag eines Hauptaktionärs, der<br />

mindestens 95 Prozent des Grundkapitals der Gesellschaft hält,<br />

sind verfassungsgemäß.<br />

Die Vorschriften verletzen insbesondere nicht das Eigentumsrecht<br />

der Minderheitsaktionäre. Der Gesetzgeber mit den Regelungen<br />

den legitimen Zweck, den Hauptaktionär vor einer<br />

Behinderung der Unternehmensführung durch die Minderheitsaktionäre<br />

zu schützen. Diese können unternehmerischen Entscheidungen<br />

zwar regelmäßig nicht verhindern, aber erheblich<br />

verzögern. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Zahl der von<br />

privaten Anlegern mit Kleinstbesitz erhobenen Anfechtungsklagen<br />

seit Anfang der 1980er Jahre signifikant angestiegen ist.<br />

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass Kleinstbeteiligungen<br />

typischerweise eher eine Kapitalanlage als eine unternehmerische<br />

Beteiligung darstellen. Der Gesetzgeber durfte daher die<br />

Schutzvorkehrungen zugunsten der Minderheitsaktionäre auf<br />

die vermögensrechtliche Komponente der Anlage beschränken.<br />

Insoweit gewährleisten die angegriffenen Regeln einen angemessenen<br />

Wertersatz. Dies wird insbesondere durch die Überprüfung<br />

der Angemessenheit der Abfindung durch einen Sachverständigen<br />

und die Möglichkeit der Überprüfung dieser Einschätzung<br />

im Spruchverfahren gewährleistet.<br />

Es begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass<br />

der Hauptaktionär trotz einer Anfechtungsklage im Freigabeverfahren<br />

die vorzeitige Handelsregistereintragung erreichen und<br />

damit die Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses herbeiführen<br />

kann. Ohne ein solches Freigabeverfahren bestünde die<br />

Gefahr, dass das „Squeeze-out“ weitgehend wirkungslos bliebe,<br />

da Minderheitsaktionäre weiterhin in der Lage wären, die<br />

Umsetzung unternehmerischer Entscheidungen durch die Erhebung<br />

von Anfechtungsklagen zu verzögern.<br />

Linkhinweis:<br />

Der Volltext der Entscheidung ist auf der Homepage des<br />

BVerfG veröffentlicht.<br />

Um direkt zu dem Volltext zu kommen, klicken Sie bitte hier.<br />

Abschiebungshaft ist ausschließlich zu<br />

Sicherung der Abschiebung zulässig<br />

BVerfG 16.5.2007, 2 BvR 2106/05<br />

Gerichte dürfen keine Fortdauer der Abschiebehaft anordnen,<br />

wenn dies allein dem Zweck dient, die Wiedereinreise des<br />

Ausländers zu verhindern. Gemäß § 62 AufenthaltsG darf die<br />

Abschiebungshaft ausschließlich der Sicherung der Abschiebung<br />

dienen. Die Anwendung dieser Vorschrift auf andere Fallkonstellationen<br />

verstößt gegen das Grundrecht auf Freiheit der<br />

Person.<br />

Der Sachverhalt:<br />

Der in Deutschland geborene Beschwerdeführer ist spanischer<br />

Staatsangehöriger. Nach seiner Ausweisung 1997 war er wieder<br />

in die Bundesrepublik eingereist. In der Folgezeit war er rund<br />

fünfzehn Mal abgeschoben worden. Die zuletzt vom AG im Februar<br />

2005 angeordnete Abschiebungshaft dauerte drei Monate.<br />

Der Beschwerdeführer vertrat die Auffassung, dass die Dauer<br />

der Abschiebungshaft wegen Verstoßes gegen das Beschleunigungsverbot<br />

rechtswidrig gewesen sei. Seinen Antrag auf Feststellung<br />

der Rechtswidrigkeit lehnte das AG ab und begründete<br />

dies damit, dass die Ausländerbehörde zusammen mit dem spanischen<br />

Generalkonsulat versucht habe, dem Beschwerdeführer<br />

in Spanien einen Aufenthaltsort zu vermitteln. Aus diesem<br />

Grund sei eine sofortige Abschiebung nicht möglich gewesen.<br />

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde hatte<br />

vor dem OLG keinen Erfolg. Das OLG wies zwar darauf hin,<br />

dass die Abschiebungshaft grundsätzlich nur zur Sicherung der<br />

Abschiebung zulässig sei. Hier hätten aber wegen der Bemühungen<br />

der Ausländerbehörde besondere Umstände vorgelegen, die<br />

eine Ausnahme rechtfertigten. Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde<br />

war erfolgreich.<br />

Die Gründe:<br />

Die angegriffenen Entscheidung verletzen den Beschwerdeführer<br />

in seinem durch Art.2 Abs.2 S.2 in Verbindung mir Art. 104<br />

Abs.1 S.1 GG geschützten Grundrecht auf Freiheit der Person.<br />

Gemäß § 62 AufenthaltsG darf die Abschiebungshaft ausschließlich<br />

der Sicherung der Abschiebung dienen. Die Gerichte waren<br />

nicht berechtigt, die Abschiebungshaft auch auf andere Fallkonstellationen<br />

(zur Verhinderung weiterer illegaler Einreisen des<br />

Beschwerdeführers) auszudehnen. Denn nach Art. 104 Abs.1 S.1<br />

GG darf die Freiheit der Person nur auf Grund eines förmlichen<br />

Gesetzes beschränkt werden und muss eine Freiheitsentziehung<br />

zu jedem Zeitpunkt von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt<br />

sein. Dies verbietet eine entsprechende Anwendung von § 62<br />

AufenthaltsG auf nicht im Gesetz geregelte Fälle.<br />

13/2007 <strong><strong>Anwalt</strong>swoche</strong> 14

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