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GAMM Rundbrief 2010/Heft 1

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Abbildung 3: Kinematik im superponieren Ersatzkontinuum<br />

halte, Feuchtigkeit, ausreichende Sauerstoffkonzentrationen<br />

und weiteres mehr. Um die Methanoxidationsschicht<br />

optimal auslegen zu können ist es nötig, sowohl Kenntniss<br />

über die anströmende Gasmenge zu erlangen als auch die<br />

Grenzfunktionsbereiche der methanotrophen Bakterien zu<br />

bestimmen, sodass die Funktionalität der Methanoxidationsschicht<br />

auch unter ungünstigen äußeren Betriebsbedingungen<br />

gewährleistet werden kann.<br />

Bis heute werden in der Abfallwirtschaft zur Beschreibung<br />

der Prozesse einfache Modellansätze verwendet, welche<br />

jedoch aufgrund der Komplexität keine verlässlichen<br />

Prognosen erlauben, weder im Hinblick auf die Deponiegasemission<br />

noch auf die Methanoxidation. Als ich 2002<br />

ein numerisches Simulationsmodell zur Beschreibung<br />

von gekoppelten Prozessen in porösen Medien vorstellte,<br />

wurde ich von dem Abfallwirtschaftler Prof. Widmann<br />

von der Universität Duisburg-Essen gefragt, ob es auch<br />

möglich wäre, mit diesem Modellansatz die biologischen<br />

Umsetzungsprozesse in Deponien zu beschreiben. Vier<br />

Jahre und eine Promotion (Ustohalova [10]) später hatten<br />

wir ein dreidimensionales Berechnungskonzept entwickelt,<br />

mit dem die Methangasproduktion in Deponien<br />

numerisch simuliert werden kann und welches hier kurz<br />

vorgestellt wird.<br />

Modell: Theorie poröser Medien<br />

Die Grundlage für das Modell liefert die Theorie poröser<br />

Medien, welche basierend auf den Arbeiten zur Mischungstheorie<br />

von Truesdell & Toupin [9] bereits in den 1980ziger<br />

Jahren zuerst von Bowen [2,3] und danach von de Boer<br />

und Ehlers entwickelt wurde, siehe z. B. das Buch von de<br />

Boer [1] oder den Übersichtsbeitrag von Ehlers [4]. Der<br />

Mischungstheorie liegt die Annahme zu Grunde, dass<br />

sich die Bestandteile des Körpers vollständig vermengen,<br />

jedoch nicht molekular vermischen. Die heterogene<br />

Verteilung der Konstituierenden wird auf der mikroskopischen<br />

Ebene innerhalb eines Volumenelements unter<br />

Berücksichtigung ihrer volumetrischen Anteile homogenisiert.<br />

Über das Konzept der Volumenanteile kann eine<br />

Verbindung zwischen der mikro- und makroskopischen<br />

Ebene hergestellt werden, wobei die von Truesdell [8]<br />

formulierten metaphysischen Prinzipien beachtet werden<br />

müssen, siehe Abb. 2.<br />

Danach sollen unter der Voraussetzung, dass die gegenseitigen<br />

Phaseninteraktionen Berücksichtigung finden,<br />

Mehrphasenmodellierung im Bauwesen<br />

die einzelnen Phasen des Mischungskörpers mit separaten<br />

Bilanzgleichung und eigenen Bewegungsfunktionen<br />

beschrieben werden. Das Antwortverhalten der Mischung<br />

ergibt sich dann aus der Summe der Einzelbeiträge der<br />

Konstituierenden. Die ersten beiden Prinzipien werden<br />

durch das dritte Prinzip dahingehend eingeschränkt, dass<br />

die Bilanzgleichungen der gesamten Mischung denjenigen<br />

eines Einphasenmaterials entsprechen müssen. Das<br />

dritte Prinzip beruht auf der Überlegung, dass sich die<br />

Mischung im übertragenen Sinne ihrer einzelnen Bestandteile<br />

nicht bewusst ist und sich damit wie ein Einphasenmaterial<br />

verhält.<br />

Die diskontinuierliche Struktur des wahren Mischungskörpers<br />

wird über die Homogenisierung in mehrere superponierte<br />

kontinuierliche Gebiete überführt. Hierdurch<br />

muss die innere Struktur nicht diskret abgebildet werden,<br />

was eine wesentliche Vereinfachung für die Berechnung<br />

darstellt. Aufgrund der Überlagerung der homogenisierten<br />

Ersatzkontinua existieren gleichzeitig in jedem<br />

Punkt des Kontrollvolumens Partikel aller Konstituierenden.<br />

Hierdurch kann jeder einzelnen Konstituierenden<br />

ihre eigene, unabhängige Bewegungsfunktion zugeordnet<br />

werden, welche zunächst nicht durch die Bewegung der<br />

übrigen Konstituierenden beschränkt ist, siehe Abb. 3.<br />

Partikel unterschiedlicher Phasen können sich somit zu<br />

einem Zeitpunkt im superponierten Kontinuum treffen und<br />

danach wieder auseinander gehen.<br />

Anwendungsfall: Deponie<br />

Im Falle der Deponie besteht der Mischungskörper aus<br />

einer organischen (a=O) und einer anorganischen (a=S)<br />

Festkörperphase, einer Flüssigphase (a=L) und einer<br />

Gasphase (a=G). In Abb. 4 sind die Homogenisierung<br />

und das Konzept der Volumenanteile veranschaulicht. Die<br />

Vorteile der homogenisierten kontinuierlichen Darstellung<br />

Abbildung 2: Auszug aus dem Originaltext von Truesdell [8] zu den drei<br />

metaphysischen Prinzipien für Mehrphasenmaterialien<br />

<strong>Rundbrief</strong> 1/<strong>2010</strong><br />

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