GAMM Rundbrief 2010/Heft 1
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Mehrphasenmodellierung<br />
im Bauwesen -<br />
Eine Anwendung auf Siedlungsabfalldeponien<br />
von Tim Ricken<br />
Siedlungsabfalldeponien haben ein äußerst komplexes<br />
und dazu lebendiges Innenleben. In ihnen sind Materialien<br />
unterschiedlichster Herkunft und Eigenschaft vertreten.<br />
Segen und Fluch für Deponiebetreiber und Umweltschützer<br />
zugleich sind die organischen Bestandteile, welche<br />
durchschnittlich 18 Vol.-% des Abfalls ausmachen. Unter<br />
der Beteiligung verschiedener Bakterien wird das organische<br />
Material im Deponiekörper für kurze Zeit aerob,<br />
danach die längste Zeit anaerob umgesetzt und das<br />
über einen Zeitraum von bis zu 200 Jahren, siehe Abb.<br />
1. Das Endprodukt dieser organischen Umsetzung sind<br />
neben Spurenelementen im Wesentlichen Kohlendioxid<br />
(40%) und Methan (60%). Beide Gase werden als Treibhausgase<br />
eingestuft, wobei das Methan im Vergleich zu<br />
Kohlendioxid eine über das 20-fache höhere Wirkung auf<br />
die Klimaerwärmung hat, da es massiv die Ozonschicht<br />
angreift. Hieraus leitet sich die Auflage ab, dass Deponiegasemissionen<br />
kontrolliert abgeführt werden müssen.<br />
Solange das Methan in ausreichender Menge zur Verfügung<br />
steht, kann das Gas z.B. mittels Blockheizkraftwerken<br />
verstrom und damit wirtschaftlich genutzt werden.<br />
Abbildung 1: Zusammensetzung des aus der biologischen Umsetzung resultierenden Deponiegases.<br />
14 <strong>Rundbrief</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Nimmt die Methangasproduktion ab, was wie in Abb. 1<br />
dargestellt ist nach ca. 30 Jahren der Fall ist, ist eine wirtschaftlich<br />
rentable Nutzung des Methangases nicht mehr<br />
möglich. Dennoch sind die Deponiebetreiber verpflichtet,<br />
auch in dieser sog. Nachsorgephase, die 100 Jahre und<br />
mehr betragen kann, die Gasemissionen aus der Deponie<br />
umweltverträglich abzuführen.<br />
Wird die Behandlung des Deponiegases weiterhin durch<br />
aktive technische Maßnahmen gelöst, wie beispielsweise<br />
durch Abfackeln, führt dies zu beachtlichen Ewigkeitskosten,<br />
die schnell in die Millionenhöhe für eine einzelne<br />
Deponie anwachsen können. Eine Alternative bietet die<br />
Installation einer passiven Methanoxidationsschicht, welche<br />
flächig als Abdeckschicht auf die Deponie gebracht<br />
wird. Hierbei bezieht sich passiv nur auf die technische<br />
Unterhaltung, die Methanoxidationsschicht selbst ist hingegen<br />
äußerst aktiv und dazu lebendig. In ihr wandeln<br />
methanotrophe Bakterien das in die Abdeckschicht strömende<br />
Methan in Kohlendioxid und Wasser um. Hierfür<br />
benötigen die Mikroorganismen spezielle Milieubedingungen,<br />
wie bestimmte Temperaturbereiche, Substratge-