4 Starrer Körper
4 Starrer Körper
4 Starrer Körper
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4 <strong>Starrer</strong> <strong>Körper</strong><br />
Ausgearbeitet von Frank-Thomas Lentes und Franz-Josef Herloch<br />
4.1 Translation und Rotation des starren <strong>Körper</strong>s - die<br />
Euler-Winkel<br />
Definition:<br />
Ein System von N Massenpunkten, deren Relativabstände festgelegt sind,<br />
nennt man einen starren <strong>Körper</strong>; es gilt:<br />
4<br />
1<br />
Abbildung 47:<br />
Die Zahl der Freiheitsgrade eines Systems mit N Massenpunkten beträgt 3N.<br />
Beim starren <strong>Körper</strong> sind diese durch die Zwangsbedingungen immer auf 6<br />
reduziert (z.B.: 4 Massepunkte → 12 Freiheitsgrade, 6 starre Verbindungen<br />
’Zwangsbedingungen’ → 6 Freiheitsgrade). Die 6 Freiheitsgrade spalten sich<br />
in je 3 der Translation und Rotation auf. Man benötigt also 6 verallgemeinerte<br />
Koordinaten zur vollständigen Beschreibung einer Bewegung des starren<br />
<strong>Körper</strong>s, ausgedrückt durch die Bewegung des körperfesten Koordinatensystems<br />
gegenüber dem Laborsystem.<br />
Es gilt:<br />
96<br />
3<br />
2
x<br />
z<br />
R<br />
x’<br />
r<br />
z’<br />
Abbildung 48:<br />
r = R + r ′<br />
Dabei ist R der Vektor zum Ursprung des raumfesten zum Ursprung des<br />
körperfesten Systems.<br />
I. Translation:<br />
Diese wird durch die Schwerpunktskoordinaten beschrieben.<br />
Rs =<br />
y’<br />
N<br />
i=1 miri<br />
N<br />
i=1 mi<br />
bei kontinuierlicher Massenverteilung:<br />
Rs =<br />
rp(r)dτ<br />
p(r)dτ<br />
97<br />
r’<br />
y
II. Rotation (Eulerwinkel):<br />
Man legt der Einfachheit halber die Nullpunkte der beiden Koordinatensysteme<br />
zusammen. Jede beliebige Drehung des körperfesten Systems<br />
gegenüber dem raumfesten System kann durch 3 nacheinander<br />
ausgeführte Rotationen gegeben werden.<br />
a) Drehung um die z-Achse um φ<br />
b) Drehung um die so erhaltene x-Achse um ϑ<br />
c) Drehumg um die z ′ -Achse um ψ<br />
zu a)<br />
In Matrixschreibweise gilt:<br />
⎛<br />
⎝<br />
x<br />
Z<br />
φ x’’<br />
Abbildung 49: zu a)<br />
x ′<br />
y ′<br />
z ′<br />
⎞<br />
R1 (Rotation um die z-Achse)<br />
⎧<br />
⎨<br />
⎩<br />
x ′ = cos φx + sin φy + 0z<br />
y ′ = − sin φx + cos φy + 0z<br />
z ′ = z<br />
⎛<br />
⎠ = R3R2R1 ⎝<br />
⎫<br />
⎬<br />
x<br />
y<br />
z<br />
y’’<br />
y<br />
⎞<br />
⎠<br />
⎛<br />
⎭ ⇒ R1 = Rφ = ⎝<br />
Für die beiden anderen Drehungen erhält man analog<br />
98<br />
cos φ sin φ 0<br />
− sin φ cos φ 0<br />
0 0 1<br />
⎞<br />
⎠
zu b)<br />
und c)<br />
Z’<br />
ϑ<br />
ψ<br />
Z<br />
Abbildung 50: zu b) und c)<br />
R2 = Rϑ =<br />
R3 = Rψ =<br />
⎛<br />
⎝<br />
⎛<br />
⎝<br />
x’<br />
y’<br />
x’’<br />
1 0 0<br />
0 cos ϑ sin ϑ<br />
0 − sin ϑ cos ϑ<br />
y<br />
cos ψ sin ψ 0<br />
− sin ψ cos ψ 0<br />
0 0 1<br />
Die Gesamttransformation erhält man durch Matrizenmultiplikation:<br />
⎛<br />
R3R2R1 = ⎝<br />
⎞<br />
⎠<br />
⎞<br />
⎠<br />
cos ψ cos φ − cos ϑ sin ψ sin φ cos ψ sin φ + cos ϑ sin ψ cos φ sin ψ sin ϑ<br />
− sin ψ cos φ − cos ϑ cos ψ sin φ − sin ψ sin φ + cos ϑ cos ψ cos ψ cos φ sin ϑ<br />
sin ϑ sin φ − sin ϑ cos φ cos ϑ<br />
III. Winkelgeschwindigkeit im körperfesten System<br />
Diese setzen sich aus den Projektionen von ˙ φ, ˙ ψ und ˙ ϑ auf die Koordinatenachsen<br />
des körperfesten Systems zusammen.<br />
⎛<br />
ω = ⎝<br />
ω1<br />
ω2<br />
ω3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
99<br />
p<br />
q<br />
r<br />
⎞<br />
⎠
X<br />
a)<br />
b)<br />
c)<br />
ω 1<br />
Z<br />
ω 3<br />
Abbildung 51:<br />
˙ψx ′ = ˙ ψy ′ = 0; ˙<br />
ω 2<br />
ψz ′ = ˙ ψ<br />
ψ wurde als Drehung um die z ′ -Achse eingeführt.<br />
˙ϑz ′ = 0; ˙ ϑx ′ = ˙ ϑ cos ψ; ˙ ϑy ′ = − ˙ ϑ sin ψ<br />
˙φz ′ = ˙ φ cos ϑ; ˙ φx ′ = ˙ φ sin ϑ sin φ; ˙ φy ′ = ˙ φ sin ϑ cos φ<br />
Damit ergibt sich für<br />
⎛<br />
ω = ⎝<br />
ω1<br />
ω2<br />
ω3<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
˙φ sin ϑ sin ψ + ˙ ϑ cos ψ<br />
˙φ sin ϑ cos ψ − ˙ ϑ sin ψ<br />
˙φ cos ϑ + ˙ ψ<br />
100<br />
⎞<br />
⎛<br />
⎠ = ⎝<br />
p<br />
q<br />
r<br />
⎞<br />
⎠<br />
Y
IV. D’Alembert’sches Prinzip<br />
Wir suchen nun die Bewegungsgleichungen des starren <strong>Körper</strong>s im Laborsystem<br />
(Inertialsystem), wo die Newton’schen Bewegungsgleichungen<br />
gelten. Dazu wird das d’Alembert’sche Prinzip benutzt:<br />
Bewegungsgleichung:<br />
<br />
Fiδri = 0<br />
i<br />
weiter: mi ¨ ri = Fi + F i<br />
⇒ <br />
(mi ¨ ri − Fi) · δri = 0<br />
i<br />
Zwei δri sind möglich, die mit den Nebenbedingungen des starren <strong>Körper</strong>s<br />
verträglich sind: Translation und Rotation.<br />
1. Translation:<br />
δri = ɛ<br />
<br />
(mi ¨ ri − Fi) · ɛ = 0<br />
i<br />
⇒ ɛ · <br />
mi ¨ ri = ɛ · <br />
Fi<br />
Wir definieren die resultierende Kraft:<br />
i<br />
Fres = <br />
Fi<br />
Und die Schwerpunktskoordinate:<br />
Rs =<br />
⇒ M ¨ Rs = krs<br />
i<br />
<br />
i miri<br />
;<br />
<br />
i mi<br />
i<br />
<br />
mi = M<br />
Der starre <strong>Körper</strong> bewegt sich so, als ob die gesamte kres an Rs<br />
angreifen würde.<br />
101<br />
i
i<br />
ε<br />
Abbildung 52:<br />
2. Rotation:<br />
Wir rotieren den starren <strong>Körper</strong> um ɛ.<br />
Es gilt:<br />
Man erhält: (Spatprodukt)<br />
δri = ɛ × ri<br />
Zyklische Vertauschung liefert:<br />
oder<br />
(ɛ × <br />
ri) · (mi ¨ ri − Fi) = 0<br />
<br />
<br />
ɛ · (ri × ¨ ri)mi − ri × <br />
Fi<br />
d<br />
dt<br />
i<br />
<br />
i<br />
= 0<br />
δri<br />
da ri × ¨ ri = d<br />
dt (ri × ˙ ri), folgt:<br />
mi(ri × ˙ ri) = <br />
ri × Fi<br />
102<br />
i
d<br />
dt<br />
<br />
ri × pi = <br />
ri × <br />
<br />
<br />
Fi<br />
<br />
i<br />
⇒ ˙ J = M<br />
i<br />
PN i=1 ri× Fi= M<br />
P N<br />
i=1 ri×pi= J<br />
i.W.: Die zeitliche Änderung des Drehimpulses ist gleich dem Drehmoment.<br />
Reine Rotation des starren <strong>Körper</strong>s:<br />
Wie bereits erklärt, ist<br />
Für R = 0 ergibt sich:<br />
Damit erhält man:<br />
Da gilt:<br />
folgt:<br />
J =<br />
ri = R + r ′ i bzw. ˙ ri = ˙ R + ω × r ′ i<br />
ri = r ′ i bzw. ˙ ri = ω × r ′ i<br />
N<br />
ri × pi =<br />
i=1<br />
N<br />
i=1<br />
mir ′ i × (ω × r′ i )<br />
a × (b × c) = (ac) · b − (a b)c,<br />
J =<br />
N<br />
i=1<br />
mir ′ 2<br />
i ω − mir ′ i(r ′ iω) <br />
Für die k-te Komponente von J erhält man:<br />
beachte:<br />
Jk =<br />
3<br />
δkℓ = 1<br />
ℓ=1<br />
N<br />
i=1<br />
mi<br />
<br />
r ′ 2<br />
i<br />
3<br />
3<br />
δkℓωℓ − x<br />
ℓ=1<br />
′ ik x<br />
ℓ=1<br />
′ iℓωℓ 103
folgt:<br />
Allgemein ist<br />
Jk =<br />
N<br />
i=1<br />
mi<br />
<br />
r ′ 2<br />
i<br />
3<br />
3<br />
δkℓ · ωℓ − x<br />
ℓ=1<br />
′ ik x<br />
ℓ=1<br />
′ iℓωℓ J = Θω oder Jk =<br />
3<br />
ℓ=1<br />
Θkℓωℓ<br />
Durch Koeffizientenvergleich erhält man: - Trägheitstensor -<br />
Θkℓ =<br />
N<br />
i=1<br />
mi(r ′ 2<br />
i δkℓ − x ′ ikx ′ iℓ)<br />
Bei kontinuierlicher Massenverteilung hat man<br />
Θkℓ =<br />
Θxx =<br />
<br />
<br />
<br />
Θxy = −<br />
ρ(r)(r 2 δkℓ − xkxℓ)dτ<br />
ρ(r)(y 2 + z 2 )dτ<br />
ρ(r)xydτ<br />
Die Diagonalelemente Θkk nennt man Trägheitsmomente, die Außerdiagonalelemente<br />
Deviationsmomente. Jeder symmetrische Tensor kann auf Hauptachsen<br />
transformiert werden, d.h. er kann durch Rotation auf Diagonalform<br />
gebrachte werden. (A, B, C = Hauptträgheitsmomente).<br />
⎛<br />
RΘR −1 = ⎝<br />
A 0 0<br />
0 B 0<br />
0 0 C<br />
Wir wählen die Koordinatenachsen des körperfesten Systems so, dass sie parallel<br />
zu den Hauptträgheitsachsen sind; dann ist der Trägheitstensor diagonal,<br />
und es gilt:<br />
Jx ′ = A · p; Jy ′ = B · q; Jz ′ = C · r<br />
104<br />
⎞<br />
⎠
Berechnung der Rotationsenergie:<br />
T = 1<br />
2<br />
T = 1<br />
2<br />
<br />
i<br />
mi ˙ r 2 i mit: ˙ ri = ω × r ′ i<br />
<br />
mi(ω × r ′ i)(ω × r ′ i)<br />
i<br />
benutze (a × b)(c × d) = (ac)( b d) − (a d)( bc) T = 1<br />
N 3<br />
mi(r<br />
2<br />
′ 2<br />
i δkℓ − r ′ ikr ′ iℓ)ωkωℓ<br />
T = 1<br />
2<br />
i=1 k,ℓ=1<br />
3<br />
k,ℓ=1<br />
Nach Diagonalisierung hat man<br />
Rotation und Translation:<br />
Einsetzen in T liefert:<br />
Θkℓωkωℓ<br />
T = 1<br />
2 Ap2 + 1<br />
2 Bq2 + 1<br />
2 Cr2<br />
˙ri = ˙ R + ω × r ′ i<br />
T = 1<br />
N<br />
mi<br />
2<br />
i=1<br />
˙ ri = 1<br />
N<br />
˙R mi<br />
2<br />
i=1<br />
2<br />
+<br />
<br />
Translation<br />
1<br />
3<br />
N<br />
˙R(ω ωkΘkℓωell + mi × ri)<br />
2<br />
k,ℓ=1<br />
i=1<br />
<br />
Rotation<br />
N<br />
Wähle R ′ s<br />
˙r·ω×<br />
i=1<br />
mir ′ i<br />
<br />
M· R ′ s<br />
= 0, d.h. Nullpunkt des körperfesten Systems. Dann erhält man:<br />
T = 1<br />
2<br />
N<br />
i=1<br />
mi<br />
˙R 2 + 1<br />
2<br />
105<br />
<br />
k,ℓ<br />
Θkℓωkωℓ
4.2 Die Euler’schen Gleichungen<br />
Die bisherigen Bewegungsgleichungen gelten nur für das Laborsystem. Die<br />
zeitlichen Änderungen von Impuls und Drehimpuls sind auf dieses ruhende<br />
System bezogen.<br />
˙J = M und M ¨ R = Fres<br />
Wir leiten nun die Bewegungsgleichungen im körperfesten System her. Dabei<br />
wollen wir uns auf reine Rotation beschränken. Für den Zusammenhang<br />
zwischen der Änderung eines Vektors im Laborsystem und im körperfesten<br />
gilt:<br />
bzw. für zeitliche Änderung:<br />
(da)L = (da)K + d φ × a<br />
<br />
da<br />
<br />
da<br />
<br />
= + ω × a<br />
dt L dt K<br />
Da dies für jeden beliebigen Vektor gilt, ergibt sich für den Drehimpuls:<br />
<br />
dJ <br />
=<br />
dt L<br />
M =<br />
<br />
dJ <br />
+ ω ×<br />
dt K<br />
J<br />
(Eulersche Gleichung)<br />
Bewegungsgleichung im bewegten Bezugssystem. M kann nach jedem beliebigen<br />
System zerlegt werden. Unter der Voraussetzung, dass das körperfeste<br />
System durch die Hauptträgheitsachsen festgelegt ist, gilt:<br />
Jx ′ = A · p; Jy ′ = B · q; Jz ′ = C · r<br />
In Komponentenschreibweise gilt:<br />
A ˙p + (C − B)rq = Mx ′<br />
B ˙q + (A − C)pr = My ′<br />
C ˙r + (B − A)pq = Mz ′<br />
<br />
d<br />
J<br />
<br />
=<br />
dt K<br />
d<br />
⎛<br />
⎝<br />
dt<br />
<br />
d<br />
J<br />
<br />
=<br />
dt K<br />
d<br />
dt<br />
106<br />
⎛<br />
⎝<br />
Ap<br />
Bq<br />
Cr<br />
Ap<br />
Bq<br />
Cr<br />
⎞<br />
⎡<br />
⎠ ; ω × J = det ⎣<br />
⎞<br />
⎡<br />
⎠ ; ω × J = det ⎣<br />
i j h<br />
p q r<br />
Ap Bq Cr<br />
i j h<br />
p q r<br />
Ap Bq Cr<br />
⎤ <br />
⎦<br />
⎤ <br />
⎦
Beispiel: Freie Rotation ( M = 0)<br />
Die Gleichungen vereinfachen sich zu:<br />
“Energiesatz“ “Drehimpulssatz“<br />
A ˙p + (C − B)qr = 0 ·p ·Ap<br />
B ˙q + (A − C)pr = 0 ·q ·Bq<br />
C ˙r + (B − A)pq = 0 ·r ·Cr<br />
Aus diesen Gleichungen folgt sofort der Energiesatz, wenn diese gemäß o.a.<br />
Vorschrift behandelt und addiert werden:<br />
Ap ˙p + Bq ˙q + Cr ˙r = 0 = d 1<br />
dt<br />
⇒<br />
Analog erhält man den Drehimpulssatz:<br />
⇒<br />
2 (Ap2 + Bq 2 + Cr 2 )<br />
1<br />
2 (Ap2 + Bq 2 + Cr 2 ) = const.<br />
<br />
Rotationsenergie<br />
A 2 p ˙p + B 2 q ˙q + C 2 r ˙r = 0 = d 1<br />
dt 2 (A2p 2 + B 2 q 2 + C 2 r 2 )<br />
1<br />
2 (A2 p 2 + B 2 q 2 + C 2 r 2 ) = const.<br />
<br />
J 2 =const.(Betrag des Drehimpulses zum Quadrat = konstant.)<br />
Stabilität der Rotation<br />
Behauptung:<br />
Die Rotationen um die Achsen größten und kleinsten Trägheitsmomentes<br />
sind stabil.<br />
Beweis:<br />
Wir betrachten die Rotation eines drei-achsigen Ellipsoides um die x ′ -Achse<br />
im körperfesten System und lassen kleine Abweichungen zu. Für die Komponenten<br />
von ω soll gelten:<br />
p = p0 + π<br />
q = 0 + ɛ<br />
r = 0 + ρ<br />
(π, ɛ, ρ sind kleine Abweichungen im Sinne der kleinen Schwingungen.)<br />
107
A ˙p + (C − B)qr = 0<br />
B ˙q + (A − C)rp = 0<br />
C ˙r + (B − A)pq = 0<br />
Entwicklung der Euler’schen Gleichungen bis zur ersten Ordnung in π, ɛ, ρ<br />
liefert:<br />
Differenzieren von (76) gibt:<br />
Einsetzen von ˙ρ liefert:<br />
oder:<br />
A ˙π == (da q0 = r0 = 0) (75)<br />
B ˙ɛ + (A − C)p0ρ = 0 (76)<br />
C ˙ρ + (B − A)p0ɛ = 0 ⇒ ˙ρ =<br />
B¨ɛ + (A − C)p0 ˙ρ = 0<br />
A − B<br />
B¨ɛ + (A − C)p0<br />
C p0ɛ = 0<br />
<br />
A − C<br />
<br />
A − B<br />
<br />
¨ɛ +<br />
p<br />
B C<br />
2 0ɛ = 0<br />
Aus der Theorie der Schwingungen ist bekannt, dass<br />
ω 2 0 =<br />
<br />
A − C<br />
<br />
A − B<br />
B C<br />
B − A<br />
C p0ɛ (77)<br />
Man erhält stabile Lösungen, d.h. kleine Schwingungen um die Gleichgewichtslage,<br />
wenn ω 2 0 > 0. Daraus folgt: A > C, B oder A < C, B. Daher muss<br />
A das größte oder kleinste Hauptträgheitsmoment sein.<br />
108<br />
<br />
p 2 0
Spezialfall:<br />
Der symmetrische Kreis (A = B = C).<br />
Die Euler’schen Gleichungen vereinfachen sich zu:<br />
A ˙p + (C − A)qr = 0<br />
A ˙q + (A − C)rp = 0<br />
C ˙r = 0 ⇒ r = const. = r0<br />
(Winkelgeschwindigkeit um z ′ -Achse konstant)<br />
Setze C−A<br />
A r0 = ω0, damit folgt:<br />
Addition ergibt:<br />
˙p + ω0q = 0<br />
˙q − ω0p = 0 | · i<br />
d<br />
dt (p + iq) − iω0(p + iq) = 0<br />
d<br />
dt (p + iq) = iω0(qi + p)<br />
Setze p + iq = Ae iω0t , damit erhält man:<br />
p = A cos ω0t<br />
q = A sin ω0t<br />
Dabei wird A als reell angenommen, das bedeutet eine bestimmte Wahl des<br />
Nullpunktes zur Zeit t = 0.<br />
Daher lautet die Lösung:<br />
p(0) = A = p0<br />
q(0) = 0<br />
109
p = p0 cos<br />
q = p0 sin<br />
C − A<br />
A r0<br />
<br />
<br />
t<br />
<br />
C<br />
− A<br />
A r0<br />
<br />
<br />
t<br />
Die Projektion von ω auf die x ′ -, y ′ -Ebene rotiert dort mit der Frequenz<br />
ω0 =<br />
wobei deren Betrag konstant bleibt:<br />
C − A<br />
A r0;<br />
p 2 + q 2 = p0<br />
Da r = r0 ebenfalls konstant ist, rotiert ω gleichmäßig um die Figurenachse<br />
z ′ . Weil im Hauptachsensystem<br />
Jx ′ = Ap und Jy ′ = Aq und Jz ′ = Cr0<br />
sind, führt also J dieselbe Bewegung um die Figurenachse aus:<br />
Die Präzessionsfrequenz umso kleiner, je kleiner die Differenz der beiden<br />
Hauptträgheitsmomente ist. Im raumfesten System rotiert der Kreisel um<br />
die Drehimpulsachse (reguläre Präzession).<br />
4.3 Der Schwere symmetrische Kreisel<br />
Symmetrischer Kreisel mit zusätzlichem Drehmoment. Der Kreisel befinde<br />
sich im Schwerefeld, wobei ein Punkt auf der z ′ -Achse, der nicht der Schwerepunkt<br />
ist, festgehalten wird. Die Lösung erfolgt mit Hilfe der Lagrange-<br />
Gleichung II. Art.<br />
L = T − U<br />
U = mgℓ cos ϑ = W cos ϑ<br />
T = 1<br />
2 A(p2 + q 2 ) + 1<br />
2 Cr2<br />
(im körperfesten System, auf Hauptachsen transformiert)<br />
110
Z<br />
l * cos<br />
vartheta<br />
l<br />
vartheta<br />
mg<br />
Abbildung 53: A = B = C<br />
Figurenachse<br />
Z’<br />
p, q, r werden wie bekannt durch die Eulerwinkel ausgedrückt.<br />
Einsetzen in T liefert:<br />
p = ˙ ϑ cos ψ + ˙ φ sin ϑ sin ψ<br />
q = − ˙ ϑ sin ψ + ˙ φ sin ϑ cos ψ<br />
r = ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ<br />
L = 1<br />
2 A( ˙ ϑ 2 + ˙ φ 2 sin 2 ϑ) + 1<br />
2 C( ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ) 2 − W cos ϑ<br />
φ und ψ kommen in L nicht vor; deshalb gibt es zwei Konstanten der Bewegung:<br />
∂L<br />
∂ ˙ φ = const. = pϕ = A sin 2 ϑ ˙ φ + C( ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ) cos ϑ (78)<br />
∂L<br />
∂ ˙<br />
ψ = const. = Pψ = C( ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ) (79)<br />
111<br />
y
Statt der Lagrange-Gleichung für ϑ und ˙ ϑ, benutzen wir den Energiesatz:<br />
E = T + U = 1<br />
2 A( ˙ ϑ 2 + ˙ φ 2 sin 2 ϑ) + 1<br />
2 C( ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ) 2 + W cos ϑ<br />
a) Mit Hilfe von Pϕ und Pψ werden ˙ φ und ˙ ψ elliminiert:<br />
Pϕ = A sin 2 ϑ ˙ φ + C cos 2 ϑ ˙ φ + C cos ϑ ˙ ψ<br />
Einsetzen in E liefert:<br />
Pψ = C cos ϑ ˙ φ + C ˙ ψ<br />
⇒ ˙ φ =<br />
P φ − cos ϑP ψ<br />
A sin 2 ϑ<br />
˙ψ = Pψ<br />
C − cos ϑ ˙ φ<br />
<br />
<br />
· − cos ϑ<br />
E = 1<br />
2 A ˙ ϑ 2 + (Pϕ − cos ϑPψ) 2<br />
2A sin 2 +<br />
ϑ<br />
(Pψ) 2<br />
+ W cos ϑ<br />
2C<br />
Damit ergibt sich für<br />
˙ϑ 2 = 2<br />
<br />
E −<br />
A<br />
(Pϕ − cos ϑPψ) 2<br />
2A sin2 −<br />
ϑ<br />
P 2 ϕ<br />
2C<br />
Da ˙ ϑ = dϑ<br />
dt bzw. dt = dϑ ˙ ϑ ist, folgt:<br />
t − t0 =<br />
ϑ<br />
ϑ0<br />
<br />
2<br />
A<br />
<br />
<br />
<br />
− W cos ϑ<br />
<br />
E − (Pϕ − cos ϑPψ) 2<br />
2A sin2 2 (Pψ)<br />
<br />
− − W cos ϑ<br />
ϑ 2C −1/2 dϑ<br />
Damit hat man t − t0 = F (ϑ) bzw. ϑ = F −1 (t − t0). Analog erhält man<br />
aus Pϕ und Pψ entsprechende Gleichungen für φ und ψ.<br />
112
)<br />
c)<br />
⇒ φ − φ0 =<br />
Pϕ = A sin 2 ϑ ˙ φ + P ψ cos ϑ (Pϕ benutzt)<br />
˙φ = Pϕ − Pψ cos ϑ<br />
A sin 2 ϑ<br />
t<br />
t0<br />
Pϕ − cos ϑPψ<br />
A sin 2 dt<br />
ϑ<br />
Pψ = C( ˙ φ cos ϑ + ˙ ψ)<br />
˙ψ = Pψ<br />
C − ˙ φ cos ϑ<br />
t <br />
Pψ<br />
⇒ ψ − ψ0 =<br />
C − ˙ <br />
φ cos ϑ dt<br />
4.4 Rotierendes Koordinatensystem<br />
Coriolis Kraft<br />
Im Abschnitt 4.2. wurden die Kreiselgleichungen<br />
˙J = M<br />
die im Laborsystem gegeben waren, in das bewegte körperfeste Koordinatensystem<br />
transformiert. Dies waren die Euler’schen Gleichungen. Im Folgenden<br />
schreiben wir die vollständigen Newton’schen Bewegungsgleichungen in das<br />
körperfeste System um. Dazu benutzen wir:<br />
<br />
da<br />
<br />
=<br />
dt L<br />
Im Laborsystem gilt:<br />
t0<br />
<br />
da<br />
<br />
+ (ω × a) (siehe Kapitel 4.2)<br />
dt K<br />
m d2 r<br />
dt 2 = F<br />
Unter Verwendung o.a. Beziehung erhält man:<br />
113
d2r m<br />
dt2 <br />
K<br />
+ ω ×<br />
m d<br />
<br />
dr <br />
+ (ω × r)K<br />
dt dt K<br />
<br />
beliebiger Vektor<br />
<br />
<br />
d<br />
<br />
dr<br />
m + ω ×<br />
+ (ω × r)K<br />
dt K<br />
dt K<br />
<br />
Operator<br />
<br />
dr<br />
<br />
+ (<br />
dt K<br />
˙ <br />
<br />
dr<br />
<br />
ω × r)K + ω × + ω × (ω × r)K<br />
dt K<br />
Wir lassen jetzt den Index K weg, da alle Operationen im körperfesten System<br />
auszuführen sind. Damit folgt:<br />
m ¨ r = F − 2m(ω × ˙ r) − m( ˙ ω × r) − mω × (ω × r)<br />
Im rotierenden System treten zu den äußeren Kräften auch noch Scheinkräfte<br />
auf:<br />
• ( ˙ ω × r):<br />
rührt von zeitlichen Änderungen der Winkelgeschwindigkeit her.<br />
= F<br />
= F<br />
= F<br />
• mω × (ω × r) ist die Zentrifugalkraft. Für den Spezialfall ω ⊥ r geht<br />
sie in die bekannte Form mω 2 r über.<br />
• −2m(ω × ˙ r) = 2m( ˙ r × ω): Coriolis-Kraft<br />
Beispiele:<br />
1. Windablenkung auf der Erde<br />
In der Meteorologie ist die Coriolis-Kraft für die Linksdrehung der Tiefdrucksystem<br />
auf der Nordhalbkugel verantwortlich.<br />
2. Fall eines Steines auf die Erde<br />
Man erwartet eine Ablenkung nach Osten; der Stein hat in Abwurfhöhre<br />
einen größeren Abstand vom Erdmittelpunkt als an der Erdoberfläche,<br />
jedoch die gleiche Winkelgeschwindigkeit. Deshalb ist seine Tangentialgeschwindigkeit<br />
am Aufprallort größer als die der Erde. Es gilt:<br />
m ¨ r = −2mω × ˙ r + F<br />
114
W<br />
N<br />
ω<br />
S<br />
O<br />
Tief<br />
Abbildung 54: Nördliche Halbkugel = Ablenkung nach rechts; Südliche Halbkugel<br />
= Ablenkung nach links<br />
Zerlegung von ω<br />
Abbildung 55:<br />
ω<br />
p x<br />
(restliche Terme vernachlässigt)<br />
115<br />
Z
ω = (− cos ϕ · ω, 0, sin ϕ · ω)<br />
k = (0, 0, −mg)<br />
˙r = ( ˙x, ˙y, ˙z)<br />
r0 = (0, 0, z0 = h)<br />
Die drei Bewegungsgleichungen lauten:<br />
¨x = 2ω ˙y sin ϕ<br />
¨y = −2( ˙zω cos ϕ + ˙xω sin ϕ)<br />
¨z = 2(ω ˙y cos ϕ) − g<br />
Integriere die 1. und 3. Gleichung<br />
˙x = 2ω sin ϕ · y<br />
˙z = 2ω cos ϕ · y − gt<br />
⇒ ¨y = −2ω cos φ(2ω cos ϕ · y − gt) − 2ω sin ϕ(2ω sin φ · y)<br />
Da |ω| = 2π<br />
24h = 7, 29 · 10−5 s −1 (für die Erde) sehr klein ist, verglichen<br />
mit der Fallzeit des Steines, können wir in ¨y die Terme, die quadratisch<br />
im ω sind, vernachlässigen. Man erhält:<br />
¨y = 2ω gt cos φ ⇒ ˙y = ω gt 2 cos φ ⇒ y(t) = 1<br />
ωg cos φ · t3<br />
3<br />
Die Integrationskonstanten sind wegen der Anfangsbedingungen alle 0.<br />
Die Ablenkung nach Osten ist ∆y = 1<br />
3 gω cos φ · T 3 (T = Fallzeit).<br />
Da h = 1<br />
2 gt2 , folgt T =<br />
<br />
2h.<br />
Eingesetzt erhält man:<br />
g<br />
∆y = 1<br />
<br />
2h<br />
3/2 ωg cos φ<br />
3 g<br />
Bei h = 100m und ϕ = 0 (Äquator) ⇒ ∆y = 2cm.<br />
116
3. Foucault’sches Pendel<br />
Im Prinzip hat man die Lagrange-Funktion für ein Kugelpendel aufzustellen.<br />
Für x y<br />
und
Lösungsansatz:<br />
⇒ ¨x = −g x<br />
+ 2 ˙yω sin φ<br />
ℓ<br />
¨y = −g y<br />
− 2 ˙xω sin φ | · i<br />
ℓ<br />
Setze: z = x + iy<br />
¨z = − g<br />
ℓ z − 2ω sin ϕ(i ˙x + i2 ˙y)<br />
¨z = − g<br />
z − 2ω sin ϕi ˙z<br />
ℓ<br />
Z = Ce iαt<br />
Die charakteristische Gleichung lautet:<br />
α 2 − g<br />
ℓ<br />
+ 2αω sin φ = 0<br />
<br />
α1/2 = −ω sin φ ± ω2 sin 2 φ + g<br />
ℓ<br />
ω 2 sin 2 φ ≤ ω 2 = 53 10 −10 · d −2
⇒ x0 = C1 + C2<br />
˙z = −i sin φωe −i sin φωt C1e i√ g<br />
ℓ t + C2e −i√ g<br />
ℓ t<br />
+e −i sin φ·ωt C1i<br />
g<br />
ℓ ei√ g<br />
ℓ t + C2(−i)<br />
g<br />
ℓ e−i√ g<br />
ℓ t<br />
<br />
g<br />
<br />
0 = −i sin ϕω(C1 + C2) + i C1 − C2)(sin ϕ · ω