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Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

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<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />

Stand 01.08.2012<br />

1.11.2 Grenzen der Ausweitung des Psychosozialen Hilfesystems und seine<br />

immanenten Ambivalenzen<br />

Das psychosoziale System hat sich vor allem in den 60er, 70er und 80er Jahren zu seiner gegenwärtigen<br />

Gestalt entwickelt. Ein umfassender Entwicklungsschub hat zu einer massiven<br />

Vermehrung von Einrichtungen und Diensten und entsprechend von fachlichen Helferinnen<br />

und Helfern geführt. Eine weitere Ausweitung des Hilfesystems stößt auf deutliche ökonomische-<br />

politische Grenzen. Mit dem Auf- und Ausbau des psychosozialen Hilfesystems haben<br />

sich aber zugleich in verschiedenen Bereichen eine Reihe widersprüchlicher Entwicklungstendenzen<br />

ergeben:<br />

1. „Eine wachsende Selbsthilfebewegung hat ihren kritischen Ausgangspunkt in dem<br />

nichteingelösten Versprechen der allumfassenden Wirksamkeit professioneller Lösungsangebote.<br />

Selbsthilfegruppen haben ihren Ausgangspunkt oft in Enttäuschungen,<br />

die NutzerInnen professioneller Dienstleistungen erleben und sie zeigen<br />

häufig, dass sie für sich selbst die besseren Lösungen in Selbstorganisation entwickeln<br />

können.<br />

2. Professionelle Lösungen fördern häufig eine passive KonsumentInnenhaltung durch<br />

fertig geschnürte Hilfepakete und erzeugen damit ein System der „fürsorglichen Belagerung“.<br />

Die Folge ist eine „Enteignung“ von Problemlösungskompetenzen auf der<br />

Seite der Abnehmer dieser Fertigpakete.<br />

3. Das professionelle System teilt mit allen komplexen institutionellen Geflechten ein<br />

hohes Maß an Eigenbezüglichkeit: Das Kompetenzgerangel der verschiedenen Anbieter,<br />

die Zuständigkeitskämpfe der Professionen und Träger verbraucht sehr viel mehr<br />

Ressourcen, als die Orientierung an den alltäglichen Problemlagen der potentiellen<br />

oder aktuellen Nutzer/innen.<br />

4. Unter Vorzeichen knapper werdender öffentlicher Ressourcen ist das in der Prosperitätsphase<br />

häufig praktizierte Prinzip der Qualitätsverbesserung durch Ausweitung des<br />

Hilfesystems an seine Grenzen gestoßen. Die Beantwortung der Qualitätsfrage bleibt<br />

nicht mehr in der Souveränität der professionellen Anbieter selbst und ihrer wissenschaftlichen<br />

Unterstützersysteme, sondern wird an externe Kriterien gebunden, die<br />

meist betriebswirtschaftlich ausgelegt sind“ (Keupp 2002, 33-34).<br />

1.11.3 Selektive Professionalisierung und Laiisierung<br />

In einzelnen Bereichen beruflicher sozialer Arbeit ist eine selektive Professionalisierung spezifischer<br />

Führungs- und Ausbildungseliten festzustellen wie z.B. die Etablierung von Pflegepädagogik,<br />

Pflegemanagement und Pflegewissenschaft auf Fachhochschulebene oder die<br />

Etablierung einer universitären Lehrlogopädenausbildung. Gleichzeitig verschlechtern sich<br />

aber die ökonomischen Rahmenbedingungen für die überwiegende Mehrheit der hier beruflich<br />

Tätigen, so dass sie Gefahr laufen, zwischen den erhöhten Ansprüchen der Ausbildungs-<br />

und Führungseliten und den Nutzererwartungen einerseits und gleichzeitig forciertem Organisationsstress<br />

andererseits zerrieben zu werden (vgl. Hohm 2001). Hierdurch entsteht ein deutlicher<br />

Verlust an Glaubwürdigkeit der allgemeinen Qualitätssicherungs-programmatik. „Hinzu<br />

kommt, dass die durch die Pflegeversicherung politisch intendierte selektive Laiisierung<br />

der Pflege deutlich macht, dass die Kompetenzkluft zwischen der beruflichen Pflege und der<br />

Laienpflege nicht so groß sein kann, wenn Familienmitglieder<br />

© <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005 88

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