Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach
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<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />
Stand 01.08.2012<br />
• Diese paradoxale Dynamik kommt erst im ödipalen Drei-Generationen-Zusammenhang<br />
deutlich zum Ausdruck: Damit Nachkommen in dieser paradoxalen Dynamik aufwachsen<br />
können, also auf dem Boden einer symbiotischen Verschmelzung wachsen und durch Ablösung<br />
daraus ihre Autonomie erwerben können, müssen ihre Eltern selbst Kinder mit einem<br />
solchen Entwicklungsprozess gewesen sein, die sich an dessen Ende erfolgreich von<br />
ihren Eltern, den Großeltern der dritten Generation, abgelöst haben und auf dem Boden<br />
dieser Ablösung eine autonome Gattenbeziehung mit der von ihr abhängigen<br />
sozialisatorischen Leistung gründen konnten’ (Oevermann, Vorläufiges Resümee über:<br />
Gemeinsamkeiten und Differenzen von religiöser, ästhetischer, Natur- und Leiberfahrung,<br />
unveröffentlichtes Manuskript, Frankfurt am Main, 12 f.)<br />
• In diesen Zusammenhängen wird deutlich, dass der objektiven Hermeneutik als vollständiges<br />
Sozialisationsmodell das realdialektische Strukturmodell der ödipalen Heptade gilt.<br />
Dieses Modell umfasst sieben Positionen (4 Großeltern, 2 Eltern, 1 Ego)<br />
und drei ödipale Triaden (Wagner, 2001, 198 f.)“.<br />
• Mit der Ablösung aus der Symbiose verstrickt sich das sich bildende Subjekt jedoch objektiv<br />
in Schuld. Der Ablöseprozess ist mit Schuldverstrickung verbunden. Denn:‚<br />
dass man sich aus der Symbiose und den Schutzräumen ablöst, bedeutet aus einer nachträglichen<br />
Perspektive immer auch einen Akt der Undankbarkeit und der Herbeiführung<br />
einer Trennung, eines Verlustes. .... Die Ablösung gelingt gerade dann am besten, wenn<br />
die vorausgehende Symbiose besonders gelungen war. Wenn sie problematisch war, haben<br />
die Kinder mit der Ablösung große Probleme, und Probleme der Ablösung liegen so<br />
gut wie allen späteren Störungen zugrunde. Damit hängt zusammen, dass man Beziehungen<br />
und Bezugspersonen, wenn die Zeit es erfordert, um so eher und besser aufgeben<br />
kann, je erfüllter sie zuvor waren. Mit dieser „Wegbewegung in Undankbarkeit“ macht<br />
sich das sich bildende Subjekt objektiv schuldig.<br />
• Diese objektive Schuld muss in ihrer Unausweichlichkeit nachträglich als von einem<br />
selbst verursachte subjektiv übernommen werden. Damit ist dynamisch die Quelle des<br />
nicht stillstellbaren Strebens nach Versöhnung eröffnet. In der Ablösung fügen sich also<br />
Schuldverstrickung und Autonomisierung sich wechselseitig bedingend zusammen.<br />
• Die Schuldverstrickung ist nicht etwa die Folge einer moralisch zuschreibbaren Fehlleitung<br />
der Sozialisation, sondern die unvermeidbare Folge des „Weggehens“ als einer notwendigen<br />
Bewegung in der Sozialisation. Sie entspricht im übrigen jenem allgemeinen<br />
Mechanismus der Schuldverstricktheit, die sich aus einer subjektiven Verantwortlichkeit<br />
nicht zuschreibbaren objektiven Schuld ergibt, die man nachträglich als Folge der Ergebnisse<br />
dieser objektiven Verschuldung subjektiv dennoch übernehmen muss, wie er uns<br />
schon im jüdischen Schöpfungsmythos und im griechischen Ödipus-Mythos in je anderer<br />
Konstellierung begegnet... .<br />
• Das zweite Moment von Ablösung verweist auf die Notwendigkeit, in das Ungewisse einer<br />
offenen Zukunft gehen zu müssen. Sie zieht das Problem nach sich, dass man dazu eine<br />
berechtigte Hoffnung haben können muss. Aber mehr als eine Hoffnung kann die Zukunftserwartung<br />
bezeichnenderweise nicht sein. ... .<br />
• Die Folgen bzw. Implikationen beider Momente von Ablösung: Schuldverstrickung und<br />
die Notwendigkeit einer begründeten Hoffnung, fügen sich zusammen zur Notwendigkeit<br />
eines Glaubens an eine übergeordnete Instanz, die man als Macht des Geistes bezeichnen<br />
könnte, so dass die Loyalität zu ihr, wie immer sie auch konkret inhaltlich ausgelegt werden<br />
mag, zugleich eine Hoffnung auf Versöhnung und Bewährung hergibt.<br />
© <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005 68