Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

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Vereinshandbuch Band 3 Stand 01.08.2012 1.5 Das Arbeitsbündnis und seine soziale Rahmung 1.5.1 Grundbestimmungen von Rahmen und Rahmenarbeit Das Arbeitsbündnis bezeichnet in Abgrenzung zu rollenförmig-spezifischen und diffusfamilialen Beziehungen einen besonderen Beziehungstypus mit der Gleichzeitigkeit diffusfamilialer und rollenförmig-spezifischer Beziehungskomponenten in einer konkreten personalisierten beruflichen Praxis. Die Einrichtung, Entfaltung und Beendigung von Arbeitsbündnissen verweist auf die Herstellung, Sicherung und ggf. Veränderung eines Rahmens als des spezifischen sozialen Kontextes, innerhalb dessen sich dieser Beziehungstypus entfalten kann (Becker 1996, Deserno 2000, Goffman 1974, Müller 2000, aus systemischer Sicht v. Schlippe/ Schweitzer 1999, Welter-Enderlin/Hildenbrand 2004). Das Arbeitsbündnis gründet dabei sowohl auf vorgegebenen Rahmenbedingungen als auch auf konkreten Vereinbarungen zwischen Klient und Fachkraft/ Fachkräften, die insgesamt als Rahmen bezeichnet werden können. Allgemein regelt der Rahmen das Zustandekommen, die Aufrechterhaltung und die Beendigung eines Arbeitsbündnisses als einer konkreten personalisierten beruflichen Beziehungspraxis (Müller 2000). Die Herstellung, Sicherung, ggf. Modifikation und Aufhebung der Rahmenbedingungen eines Arbeitsbündnisses soll hier als Rahmenarbeit bezeichnet werden. Rahmenarbeit in diesem Sinne stellt deshalb auch als ein wichtiges Element der Kunstlehren beruflicher sozialer Arbeit in ihren jeweiligen Praxisfeldern dar. Dabei ist die Rahmenarbeit als Herstellung und Aufrechterhaltung der Rahmenbedingungen des Arbeitsbündnisses immer essenzieller Teil dieser besonderen Beziehungspraxis selbst und geht ihr nicht etwa einfach voraus. 1.5.2 Elemente und Funktionen des Rahmens Wichtige Elemente des Rahmens im engeren Sinne sind u.a.: • Rechtliche Rahmenbedingungen, insbesondere Anspruchsgrundlagen und Leistungsverpflichtungen • Hilfepläne, Förder- und Behandlungspläne unterschiedlicher Reichweite und Konkretion • Verfahren der Hilfeplanung und Evaluation/ Kontrolle • Konzeptionen, Einrichtungsverträge, dienst- und einrichtungsspezifische Strukturen und Vorgehensweisen • Fachliche Standards, Verfahren, Vorgehensweisen © Behindertenhilfe in Stadt und Kreis Offenbach e.V., Offenbach 2005 50

Vereinshandbuch Band 3 Stand 01.08.2012 Wichtige Elemente des Rahmens im weiteren Sinne sind u.a.: • Fachlichkeit und Persönlichkeit der Fachkraft • Sozialräumliche Bedingungen, psychosoziale Versorgungsstrukturen einer Region • Allgemeinpolitische und sozialpolitische Rahmenbedingungen • Finanzielle Rahmenbedingungen Dem Rahmen kommen verschiedene Funktionen zu, die wiederum unterschiedlichen Ebenen zuzuordnen sind (Becker 1996, Müller 2000) Die kontraktuelle Ebene Auf einer kontraktuellen Ebene reguliert der Rahmen das Arbeitsbündnis unter der Perspektive einer rollenförmig-spezifischen Beziehung und hat vor allem auf folgende Fragen eine Antwort zu geben: • Welche Hilfe- bzw. Unterstützungsleistung soll erbracht werden? • Wer soll die Hilfeleistung erbringen? • In welcher Frequenz und an welchem Ort soll die Hilfeleistung erbracht werden? • Für welchen Zeitraum ist die Hilfeleistung vorgesehen? • Wie, wann und warum und unter wessen Beteiligung kann die Hilfeleistung verlängert, modifiziert oder beendet werden? • Wie wird die Hilfeleistung finanziert? • Welche Vereinbarungen bestehen für den Umgang mit Krisen und Konflikten? Die fachliche Ebene Auf einer fachlichen Ebene reguliert der Rahmen das Arbeitsbündnis unter fachlichen Gesichtspunkten und berücksichtigt den Klienten dabei als ganze Person mit seinen besonderen Einschränkungen aber auch Ressourcen und Möglichkeiten. Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob und wie die konkreten Rahmenbedingungen des Arbeitsbündnisses auf die individuellen Belange eines Klienten abgestimmt werden können. Mit der fachlichen Bezugnahme auf den Klienten als ganze Person in einer lebenspraktischen Krisensituation wird über die fachliche Ebene auch auf Seiten der Fachkraft (und nicht alleine auf Seiten des Klienten durch seinen Hilfebedarf) eine nicht-rollenförmige, sondern vielmehr diffus-familiale Beziehungskomponente in die Beziehungspraxis eingeführt. Die sozialisatorisch und resozialisatorisch-therapeutische Ebene Auf einer sozialisatorischen und resozialisatorisch-therapeutischen Ebene hat der Rahmen die Funktion der bewussten fachlichen Herstellung eines eigenen Schutz- und Entwicklungsraumes, innerhalb dessen notwendig diffus-familiale Beziehungskomponente zur Entfaltung gelangen. 51 © Behindertenhilfe in Stadt und Kreis Offenbach e.V., Offenbach 2005

<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />

Stand 01.08.2012<br />

Wichtige Elemente des Rahmens im weiteren Sinne sind u.a.:<br />

• Fachlichkeit und Persönlichkeit der Fachkraft<br />

• Sozialräumliche Bedingungen, psychosoziale Versorgungsstrukturen einer Region<br />

• Allgemeinpolitische und sozialpolitische Rahmenbedingungen<br />

• Finanzielle Rahmenbedingungen<br />

Dem Rahmen kommen verschiedene Funktionen zu, die wiederum unterschiedlichen Ebenen<br />

zuzuordnen sind (Becker 1996, Müller 2000)<br />

Die kontraktuelle Ebene<br />

Auf einer kontraktuellen Ebene reguliert der Rahmen das Arbeitsbündnis unter der Perspektive<br />

einer rollenförmig-spezifischen Beziehung und hat vor allem auf folgende Fragen eine<br />

Antwort zu geben:<br />

• Welche Hilfe- bzw. Unterstützungsleistung soll erbracht werden?<br />

• Wer soll die Hilfeleistung erbringen?<br />

• In welcher Frequenz und an welchem Ort soll die Hilfeleistung erbracht werden?<br />

• Für welchen Zeitraum ist die Hilfeleistung vorgesehen?<br />

• Wie, wann und warum und unter wessen Beteiligung kann die Hilfeleistung verlängert,<br />

modifiziert oder beendet werden?<br />

• Wie wird die Hilfeleistung finanziert?<br />

• Welche Vereinbarungen bestehen für den Umgang mit Krisen und Konflikten?<br />

Die fachliche Ebene<br />

Auf einer fachlichen Ebene reguliert der Rahmen das Arbeitsbündnis unter fachlichen Gesichtspunkten<br />

und berücksichtigt den Klienten dabei als ganze Person mit seinen besonderen<br />

Einschränkungen aber auch Ressourcen und Möglichkeiten.<br />

Hierbei geht es vor allem um die Frage, ob und wie die konkreten Rahmenbedingungen des<br />

Arbeitsbündnisses auf die individuellen Belange eines Klienten abgestimmt werden können.<br />

Mit der fachlichen Bezugnahme auf den Klienten als ganze Person in einer lebenspraktischen<br />

Krisensituation wird über die fachliche Ebene auch auf Seiten der Fachkraft (und nicht alleine<br />

auf Seiten des Klienten durch seinen Hilfebedarf) eine nicht-rollenförmige, sondern vielmehr<br />

diffus-familiale Beziehungskomponente in die Beziehungspraxis eingeführt.<br />

Die sozialisatorisch und resozialisatorisch-therapeutische Ebene<br />

Auf einer sozialisatorischen und resozialisatorisch-therapeutischen Ebene hat der Rahmen die<br />

Funktion der bewussten fachlichen Herstellung eines eigenen Schutz- und Entwicklungsraumes,<br />

innerhalb dessen notwendig diffus-familiale Beziehungskomponente zur Entfaltung<br />

gelangen.<br />

51 © <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005

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