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Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

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<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />

Stand 01.08.2012<br />

Zum Modell pädagogischer Permissivität<br />

In einer neueren Arbeit hat A. Wernet auf der Grundlage einer strukturtheoretischprofessionalisierungstheoretischen<br />

Argumentation kritisch in Frage gestellt, inwieweit die<br />

Logik pädagogischen Handelns tatsächlich durch die Vermittlung widersprüchlicher, diffusspezifischer<br />

Beziehungskomponenten zu charakterisieren sei. (6)<br />

An die Stelle der Vermittlung und Ausbalancierung widersprüchlicher Beziehungskomponenten<br />

im beruflichen Handeln des Lehrers setzt er das Modell pädagogischer Permissivität,<br />

dessen Kern als beständige Distanzierungsleistung und Aufrechterhaltung einer unpersönlich-universalistischen<br />

Leistungsorientierung durch den Lehrer gekennzeichnet werden<br />

kann und sich gerade durch affektive Enthaltsamkeit und die Abwesenheit diffuser Beziehungskomponenten<br />

auszeichnet. Zentrale Hintergrundannahme ist hierbei die Hypothese, dass<br />

eine basale sozialiatorische Aufgabe von Schule in der Vermittlung einer unpersönlichuniversalistischen<br />

Leistungsorientierung bestehe.<br />

Ohne hier im einzelnen auf die interessanten Argumente und empirischen Befunde von<br />

Wernet eingehen zu können, sei darauf verwiesen, dass Wernets Modell der pädagogischen<br />

Permissivität durchaus im hier vorgestellten allgemeinen professionalisierdungstheoretischen<br />

Modell als Kern einer erfolgreichen Vermeidung einer Vereinseitigung zur diffusen oder<br />

spezifischen Seite der Beziehung verstanden werden kann.<br />

Um die Richtung der Argumentation anzudeuten: Erfolgreiche Realisierung pädagogischer<br />

Permissivität als das angemessene „in der Rolle halten“ der Lehrer-Schüler-Beziehung durch<br />

den Lehrer selbst setzt gerade ein inneres Wahrnehmen und Berücksichtigen des Schülers als<br />

ganze Person durch den Lehrer voraus, was wiederum an eine innere Beteiligung des Lehrers<br />

als ganze Person gebunden ist. Wie anders könnte er verhindern, Störungen und Angriffe des<br />

Schülers persönlich zu nehmen, in die Rolle eines Therapeuten zu verfallen oder autoritär und<br />

technokratisch auf Permissivität, auf ein Ab- und Zugeben innerhalb der erwarteten Schülerrolle<br />

zu verzichten.<br />

Diese gegenüber alltäglichem Rollenhandeln außeralltägliche Leistung, die auch eine beständige<br />

stellvertretende Vereindeutigungsleistung von Handlungssituationen gegenüber dem<br />

Schüler, ähnlich der primären familialen Sozialisation darstellt, macht ja auf Dauer gestellt<br />

die hohe berufliche Belastung pädagogischen Handelns mit aus. Und dies auch angesichts von<br />

schulischen Strukturen, die in nicht zwingendem Ausmaß Disziplinprobleme als notorische<br />

Dauerprobleme überhaupt erst produzieren und welche in dieser Form nicht zwingend auf<br />

den Auftrag der Vermittlung einer unpersönlich-universalistischen Leistungs-orientierung,<br />

mangelnde pädagogische Handlungskompetenz des Lehrers oder ein allgemein verändertes<br />

Schülerverhalten zurückgeführt werden können.<br />

____________________________________<br />

(6) Vgl. hierzu Wernet 2003 sowie die Kontroverse zwischen Wernet und Twardella In: Pädagogische Korrespondenz<br />

Heft 33, 2004/05 und Kaube: Wenn der Schüler aus der Rolle fällt In: Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung<br />

vom 08.05.2005.<br />

© <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005 42

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