Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach
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<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />
Stand 01.08.2012<br />
I. Einführung in die Arbeitshilfe ESOFAB<br />
1. Das Arbeitsbündnis – ein Begriff zur Kennzeichnung beruflicher sozialer Arbeit<br />
als besondere und eigenlogische Praxisform –<br />
Berufliche soziale Arbeit in den Bereichen Erziehung, Sozialisation, Therapie, Pflege und<br />
institutionellen Hilfen hat es wesentlich mit der Begegnung ganzer Menschen innerhalb einer<br />
rollenförmigen beruflichen Hilfebeziehung zu tun. Dies kommt zum Ausdruck im Spannungsverhältnis<br />
zwischen oft sehr ausgeprägter personaler (physischer und psychischer) Nähe bei<br />
gleichzeitig beruflich geforderter respektvoller Distanz. Im Kontext einer strukturtheoretischen<br />
Professionalisierungstheorie lässt sich dieses zentrale Moment beruflicher sozialer<br />
Arbeit näher als Arbeitsbündnis bestimmen.<br />
Das Arbeitsbündnis stellt dabei eine eigenlogische Praxisform, einen eigenständigen Beziehungstypus<br />
dar, der durch die Gleichzeitigkeit diffus-familialer und rollenförmig.-spezifischer<br />
Beziehungskomponenten gekennzeichnet ist (vgl. Fachliche Rahmenkonzeption des Vereins<br />
<strong>Behindertenhilfe</strong> 2003).<br />
Dieser Beziehungstypus bedarf zu seiner Einrichtung, Aufrechterhaltung und Gestaltung eines<br />
Rahmens, einer sozialen Rahmung, die sich gleichzeitig auf mindestens drei Ebenen bezieht:<br />
1. Die kontraktuelle Ebene (Vereinbarungen und Absprachen)<br />
2. Die fachliche Ebene (fachliche und fachlich-organisatorische Routinen, Verfahren<br />
und Standards)<br />
3. Die Ebene der Herstellung eines Schutz - und Entwicklungsraumes, strukturähnlich<br />
der primären familialen Sozialisation und deshalb mit entsprechenden<br />
sozialisatorischen Qualitäten und symbolischen Qualitäten<br />
(Vgl. Fachliche Rahmenkonzeption des Vereins <strong>Behindertenhilfe</strong> 2003, 44 f)<br />
Innerhalb dieser Praxisform geht es einerseits um eine stellvertretende Bewältigung lebenspraktischer<br />
Krisen eines Klienten durch eine Fachkraft oder Fachkräfte, da der Klient aufgrund<br />
einer Einschränkung seiner Autonomie oder aufgrund fortgeschrittener spezialisierter<br />
Wissensbestände (wie z.B. im Bereich der Medizin) zu einer selbständigen Krisenbewältigung<br />
nicht oder nicht angemessen in der Lage ist.<br />
Andererseits geht es im Arbeitsbündnis aber auch wesentlich darum, angemessen an den<br />
Möglichkeiten und Ressourcen des Klienten anzuknüpfen und sie in das Arbeitsbündnis i.S.e.<br />
Hilfe zur Selbsthilfe einzubeziehen, damit die Hilfestellung nicht zu einer weiteren<br />
Deautonomisierung des Klienten führt. Dieser Zusammenhang stellt das grundlegende Paradoxon<br />
beruflicher sozialer Arbeit dar.<br />
Eine solchermaßen professionalisierungstheoretisch geleitete Sichtweise sozialer Dienstleistungen<br />
stellt konsequent den einzelnen Klienten als ganzen Menschen mit seinem je individuellen<br />
Hilfe- und Unterstützungsbedarf sowie die Besonderheiten von Hilfebeziehungen in<br />
den Mittelpunkt der fachlichen und fachlich-organisatorischen<br />
© <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005 <strong>Kapitel</strong> 1, Anhang 7 4