11.08.2013 Aufrufe

Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />

Stand 01.08.2012<br />

(4) Wertsinn vs. Minderwertigkeit ( mittlere Kindheit). Dieses Stadium ist durch die Schule beherrscht, durch die<br />

systematische Einführung in das Wissens der Kultur und Zivilisation, durch<br />

Lernanforderungen und Leistungsbewertung. Entsprechend ist das zentral Entwicklungsthema Sachinteresse und<br />

Leistungsvertrauen oder Misserfolgsängstlichkeit und Minderwertigkeitsgefühle. Erikson ist in der Zeichnung<br />

dieser Phase an Freud orientiert, der bezogen auf libidinöse von einer ruhigen Latenzperiode sprach. Die Entwicklungsdynamik<br />

in bezug auf außerschulisches Lernen und soziales Lernen ist bei Erikson unterbelichtet.<br />

(5) Identität vs. Rollendiffusion ( Adoleszenz). Sehr bekannt geworden ist Eriksons Beschreibung der Krise der<br />

Adoleszenz, in der es um die Findung der Identität geht. Der Jugendliche hat Facetten eines Selbstkonzeptes<br />

aufzubauen in Hinblick auf sein Geschlecht, seine Familienherkunft, auf eine Religion, moralische Werte, Bildungs-<br />

und Berufsaspirationen und entsprechende eigene Fähigkeiten, politische Haltungen usw. Er muss diese<br />

verschiedenen Facetten in ein konsistentes persönliches Selbstbild integrieren, das seine persönliche Identität<br />

ausmacht. Versagt der jugendliche Mensch bei dieser Aufgabe, resultiert das in einer Rollendiffusion, die durch<br />

Unverträglichkeiten und Unausgewogenheiten zwischen Haltungen und Werten, zwischen Aspirationen und<br />

Möglichkeiten, durch Instabilität von Zielen, gelegentlich zu ideologischer Einseitigkeit, häufiger zu oberflächlichen<br />

und unstabilen Engagements und nicht selten zu abweichendem Verhalten wie Drogenmissbrauch und<br />

Delinquenz führt.<br />

(6) Intimität vs. Isolation ( Beginn des Erwachsenenalters). Intimität mit anderen setzt eine gut integrierte Identität<br />

voraus. Intimität meint nicht nur sexuelle Beziehungen, sondern den Aufbau von Solidarität in einer Wir-<br />

Gruppe und gleichzeitig die Abwehr von Einflüssen und Menschen, die für das eigene Wesen gefährlich sein<br />

können. Intime Beziehung stabilisieren die Identität. Isolation ist die Folge des Misslingens. Kritisch ist anzumerken,<br />

dass Erikson keine klare Abgrenzung der Intimität dieser Lebensphase zu den Freundschaftsbeziehungen<br />

in der späten Kindheit und Adoleszenz leistet.<br />

(7) Generativität vs. Stagnation ( mittleres Erwachsenenalter). Generativität ist das Entwicklungsziel dieser<br />

Phase: die Förderung der Entwicklung der nächsten Generation, der eigenen Kinder und/oder anderer junger<br />

Menschen; darüber hinaus berufliches, soziales, politisches Engagement. Fehlt dieses, sind Stagnation, Selbstabsorption<br />

und/oder Langeweile zu erwarten.<br />

(8) Ich-Integrität vs. Verzweiflung ( späteres Erwachsenenalter). Im Alter reflektiert der Mensch sein Leben,<br />

seine Biographie in ihren Bezügen zu anderen, zur Gemeinschaft, zur historischen Zeit. Gleichzeitig ist die Begrenztheit<br />

des Lebens zu akzeptieren. Zufriedenheit mit dem Leben ermöglicht Integrität. In den letzten Jahren<br />

hat Erikson auch auf die Chancen sinnstiftenden und produktiven Engagement im Alter hingewiesen<br />

(Erikson, Erikson & Kivnick, 1986). Wird Integrität nicht erreicht, droht Verzweiflung im Sinne von Trauer um<br />

das, was man mit dem eigenen Leben getan hat, drohen Furcht vor dem Tod und Vorwürfe gegen sich selbst.<br />

Erikson beschreibt wichtige Entwicklungsaufgaben. Es gibt sicher mehr. Er beschreibt sie nicht mit klar definierten<br />

Konzepten, die in empirischer Forschung leicht operationalisierbar wären. Wie häufig die Krisen vorkommen,<br />

wie häufig es gute Lösungen gibt, wie häufig die Krisen nicht bewältigt werden, von wem und in welchem<br />

Kontext sie besser oder schlechter bewältigt werden, das ist nicht empirisch fundiert. Wenn Eriksons Modell<br />

dennoch weithin bekannt geworden ist, dann wohl doch, weil die beschriebenen Entwicklungsaufgaben intuitiv<br />

überzeugen und weil es ein Beispiel für eine Entwicklungskonzeption der gesamten Lebensspanne ist.<br />

© <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005 <strong>Kapitel</strong> 1, Anhang 1

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!