Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach
Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach Vereinshandbuch Band 3 Kapitel 1 - Behindertenhilfe Offenbach
Vereinshandbuch Band 3 Stand 01.08.2012 Allerdings sind Visionen und ethische Prinzipien nicht mit Aussagen über die tatsächliche gesellschaftliche Wirklichkeit zu verwechseln. Vielmehr ist Demokratie als unvollendeter Prozess zu verstehen, der es allen Akteuren abverlangt, kontinuierlich am Widerstreit um Ressourcen und Anerkennung zu arbeiten (vgl. Prengel, A., S. 7). Durch die Ratifizierung der UN-BRK von 2006 durch die Bundesrepublik Deutschland ist diese Vision als Menschenrecht begründet und in einem Völkerrechtsvertrag inhaltlich verbindlich ausdifferenziert worden. Durch diese Tatsachen erfährt das Thema Inklusion eine unmittelbare politische und soziale Relevanz und Aktualität. Inhaltlich betrachtet stellt die BRK einen universellen Völkerrechtsvertrag dar, der den anerkannten Katalog der Menschenrechte aus der internationalen Menschenrechtscharta auf die Situation behinderter Menschen zuschneidet. Es werden somit keine Sonderrechte geschaffen. In einer Aufteilung der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen werden die Artikel der BRK acht Themenfeldern zugeordnet. Diese Aufteilung gibt einen guten, orientierenden Überblick über den inhaltlichen Umfang der BRK. Aus: Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen S. 13 © Behindertenhilfe in Stadt und Kreis Offenbach e.V., Offenbach 2005 100
Vereinshandbuch Band 3 Stand 01.08.2012 T. Klauß macht den Vorschlag, die Struktur der BRK folgendermaßen zu interpretieren: „Um die Menschenwürde für Menschen mit Behinderungen zu sichern, um ihre unbehinderte Teilhabe an den für sie relevanten Bereichen der Kultur und Gesellschaft zu gewährleisten (Art. 1 BRK), hält die UN-Konvention inklusive Strukturen für erforderlich. Inklusion ist in der Konvention kein eigenständiges Ziel, sondern vor allem ein Mittel, um „die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“ (Art. 3, c BRK), ihre Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung (Art. 5 BRK), ihre Würde und ihr Selbstbestimmungsrecht zu gewährleisten (Klauß, T., S. 342).“ Es gilt festzuhalten, dass hier Inklusion in erster Linie als Mittel zur Erreichung der dargestellten Ziele für Menschen mit Behinderung im Kontext der Menschenrechte verstanden wird. Die BRK als Bundesgesetz und seine inhaltlichen Aussagen/Forderungen als Teil des deutschen innerstaatlichen Rechtes Die BRK ist ohne Vorbehalt vollständig am 23.03.2009 in Deutschland in Kraft getreten; sie ist seit diesem Tag Teil des deutschen innerstaatlichen Rechtes geworden. Sie hat den Rang eines einfachen Bundesgesetzes mit der Besonderheit, dass es den allgemeinen Gesetzen, wie z.B. SGB IX, XI und XII vorgeht, soweit es Menschenrechtsnormen enthält, die allgemeine Regeln des Völkerrechtes sind (vgl. Lachwitz, S., Trenk-Hinterberger, P. S45). Die Einbindung der BRK in die Deutsche Rechtsordnung führt zwangsläufig zu einer Fülle von Fragestellungen. Zu nennen sind hier beispielhaft: - Zeitpunkt der Wirksamkeit der geregelten Menschenrechte (etwa mit erfolgter Ratifizierung?) - Werden gesetzliche Regelungen die unvereinbar mit der BRK sind verdrängt? - Durch wen erfolgt die Aufhebung bzw. Veränderung? Durch den Gesetzgeber oder durch Gerichte? (vgl. Lachwitz, S., Trenk-Hinterberger, P., S45) Erste rechtswissenschaftliche Untersuchungen zeigen deutlich, dass die Deutsche Rechtsordnung vor großen Herausforderungen steht und die aufgeworfenen Fragen einer vertieften Untersuchung bedürfen. (vgl. Lachwitz, S.,Trenk-Hinterberger, P., S. 45) Es geht also um einen aufwendigen, rechtlichen Transformationsprozess dem die Deutsche Rechtsordnung durch das Inkrafttreten der BRK ausgesetzt ist. Die BRK besteht aus zwei Völkerrechtsverträgen, dem Übereinkommen mit 50 Artikeln und dem Fakultativprotokoll mit 18 Artikeln. Das Fakultativprotokoll enthält u.a. ein Individualbeschwerdeverfahren. Beide Teile sind vollständig durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden. Im Prozess der Ratifizierung jedoch gab es erhebliche Kritik. Zum einen geht es um die offizielle Übersetzung der BRK sowie um die Denkschrift der Bundesregierung, die in das Ratifizierungsgesetz eingebracht wurde. Bezüglich der Übersetzung wird moniert, dass zentrale Begriffe wie Inklusion mit dem Wort Integration übersetzt wurden. Diese Übersetzung entspricht nicht dem Paradigmenwechsel, der durch die BRK intendiert ist und wird in der internationalen Kommunikation zu Irritationen führen (vgl. Degener, T., S. 269). Eine Schattenübersetzung (vgl. Netzwerk Artikel 3) versucht diese tendenzielle „Verfälschung“ zu korrigieren. 101 © Behindertenhilfe in Stadt und Kreis Offenbach e.V., Offenbach 2005
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<strong>Vereinshandbuch</strong> <strong>Band</strong> 3<br />
Stand 01.08.2012<br />
T. Klauß macht den Vorschlag, die Struktur der BRK folgendermaßen zu interpretieren:<br />
„Um die Menschenwürde für Menschen mit Behinderungen zu sichern, um ihre unbehinderte<br />
Teilhabe an den für sie relevanten Bereichen der Kultur und Gesellschaft zu gewährleisten<br />
(Art. 1 BRK), hält die UN-Konvention inklusive Strukturen für erforderlich. Inklusion ist in<br />
der Konvention kein eigenständiges Ziel, sondern vor allem ein Mittel, um „die volle und<br />
wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft“ (Art. 3, c<br />
BRK), ihre Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung (Art. 5 BRK), ihre Würde und ihr<br />
Selbstbestimmungsrecht zu gewährleisten (Klauß, T., S. 342).“<br />
Es gilt festzuhalten, dass hier Inklusion in erster Linie als Mittel zur Erreichung der dargestellten<br />
Ziele für Menschen mit Behinderung im Kontext der Menschenrechte verstanden<br />
wird.<br />
Die BRK als Bundesgesetz und seine inhaltlichen Aussagen/Forderungen als Teil des deutschen<br />
innerstaatlichen Rechtes<br />
Die BRK ist ohne Vorbehalt vollständig am 23.03.2009 in Deutschland in Kraft getreten; sie<br />
ist seit diesem Tag Teil des deutschen innerstaatlichen Rechtes geworden.<br />
Sie hat den Rang eines einfachen Bundesgesetzes mit der Besonderheit, dass es den allgemeinen<br />
Gesetzen, wie z.B. SGB IX, XI und XII vorgeht, soweit es Menschenrechtsnormen enthält,<br />
die allgemeine Regeln des Völkerrechtes sind (vgl. Lachwitz, S., Trenk-Hinterberger, P.<br />
S45).<br />
Die Einbindung der BRK in die Deutsche Rechtsordnung führt zwangsläufig zu einer Fülle<br />
von Fragestellungen. Zu nennen sind hier beispielhaft:<br />
- Zeitpunkt der Wirksamkeit der geregelten Menschenrechte<br />
(etwa mit erfolgter Ratifizierung?)<br />
- Werden gesetzliche Regelungen die unvereinbar mit der BRK sind verdrängt?<br />
- Durch wen erfolgt die Aufhebung bzw. Veränderung? Durch den Gesetzgeber<br />
oder durch Gerichte?<br />
(vgl. Lachwitz, S., Trenk-Hinterberger, P., S45)<br />
Erste rechtswissenschaftliche Untersuchungen zeigen deutlich, dass die Deutsche Rechtsordnung<br />
vor großen Herausforderungen steht und die aufgeworfenen Fragen einer vertieften Untersuchung<br />
bedürfen. (vgl. Lachwitz, S.,Trenk-Hinterberger, P., S. 45)<br />
Es geht also um einen aufwendigen, rechtlichen Transformationsprozess dem die Deutsche<br />
Rechtsordnung durch das Inkrafttreten der BRK ausgesetzt ist.<br />
Die BRK besteht aus zwei Völkerrechtsverträgen, dem Übereinkommen mit 50 Artikeln und<br />
dem Fakultativprotokoll mit 18 Artikeln. Das Fakultativprotokoll enthält u.a. ein Individualbeschwerdeverfahren.<br />
Beide Teile sind vollständig durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden.<br />
Im Prozess der Ratifizierung jedoch gab es erhebliche Kritik. Zum einen geht es um die offizielle<br />
Übersetzung der BRK sowie um die Denkschrift der Bundesregierung, die in das Ratifizierungsgesetz<br />
eingebracht wurde.<br />
Bezüglich der Übersetzung wird moniert, dass zentrale Begriffe wie Inklusion mit dem Wort<br />
Integration übersetzt wurden. Diese Übersetzung entspricht nicht dem Paradigmenwechsel,<br />
der durch die BRK intendiert ist und wird in der internationalen Kommunikation zu Irritationen<br />
führen (vgl. Degener, T., S. 269). Eine Schattenübersetzung (vgl. Netzwerk Artikel 3)<br />
versucht diese tendenzielle „Verfälschung“ zu korrigieren.<br />
101 © <strong>Behindertenhilfe</strong> in Stadt und Kreis <strong>Offenbach</strong> e.V., <strong>Offenbach</strong> 2005