Das neue Planetarium in Radebeul - Carl Zeiss Planetariums

Das neue Planetarium in Radebeul
Ulf Peschel, Leiter Sternwarte und
Planetarium der Stadt Radebeul
30 Innovation Spezial Planetarien 9, 2012
Wenn im Planetarium die Sonne untergeht,
die Sterne vor einem dunkelblauen
Himmel langsam auffunkeln und
das schwach schimmernde Band der
Milchstraße den Himmel überspannt,
dann taucht man ein in eine Welt, die
mit unserem grellen, hektischen Alltag
nicht viel zu tun hat. Es ist die Stille und
Anmut einer Nacht im Gebirge oder die
unendliche Weite der menschenleeren
Wüste oder die märchenhafte Stimmung
eines nordischen Waldes. So zeigt uns
das Planetarium einen Himmel, der uns
erstaunt und überrascht wegen seiner
großartigen Schönheit.
Die Matadore der Kuppel
Ins Planetarium nach Radebeul kam ich
erstmals 1976 als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft
Junger Astronomen.
Damals stand in der Mitte der Kuppel
ein Projektor des Typs ZKP 1 aus dem
Hause Zeiss. Es bereitete uns Jungen
einen enormen Spaß, in einem unbeobachteten
Moment den Tagesgang auf
volle Geschwindigkeit zu drehen, in den
Sitz zu sinken, nach oben zu schauen
und ein Kribbeln im Bauch zu spüren.
Das ging solange, bis ein kleiner Mann,
Mitte siebzig den Raum betrat, streng
blickte, um dann zum Eigentlichen zu
kommen, nämlich zum Sternhimmel des
jeweiligen Abends. Ab diesem Moment
hingen wir der schmächtigen Gestalt
an den Lippen, denn er erzählte mit
solcher Hingabe, mit solchem Wissen,
mit Formulierungen, die an Exaktheit
nichts fehlen ließen von den Gestirnen
und ihren Bewegungen. Alles an ihm
entsprach der Form des Sternenvortrages,
nichts einer Planetariumsshow.
Fraglich, ob er heute noch ein Publikum
im Planetarium finden würde.
Dem ersten Projektor folgte ein ZKP 2
mit einem passablen Sternhimmel und
erheblich erweiterten Möglichkeiten der
Darstellung gegenüber dem Vorgänger.
Die Bedienung war einfach und übersichtlich.
Nach 27 Dienstjahren war das
Instrument verschlissen und ein neues
musste angeschafft werden. Dabei war
klar, dass es ein opto­mechanischer Projektor
sein sollte, da digitale Systeme vor
allem in der Darstellung der Sterne nicht
befriedigen können.
Sternhimmel par excellence
Seit einem halben Jahr arbeitet nun die
neueste Entwicklung von Carl Zeiss, ein
SKYMASTER ZKP 4, in der Kuppel des
Planetariums. Der erste Eindruck des
Sternhimmels ist überwältigend. Die
Sterne erscheinen nahezu punktförmig,
gestochen scharf über alle Bereiche der
Projektionsfläche an einem tiefschwarzen
Himmelshintergrund. Ihr Licht erhalten
die Gestirne dabei ausschließlich von
einer leistungsstarken LED. Das Radebeuler
Instrument ist weltweit das erste,
welches mit dieser Technik ausgestattet
wurde. Die Helligkeitsabstufungen sind
sehr fein. Viele wichtige Sterne werden

in ihren natürlichen Farben wiedergegeben.
Angenehm fällt dabei auf, dass
diese Farben deutlich erkenn bar, aber
nicht übertrieben sind. Die Lichtreserven
sind enorm. So erscheint ein mit voller
Lampenleistung gezeigter Sternhimmel
bewusst übertrieben. In unserer Kuppel
haben sich 65 % der Lichtleistung bewährt.
Dann kommt man dem Anblick
eines Himmels unter günstigsten Bedingungen
in der Natur sehr nahe. Manche
der Besucher meinen, viele zehntausend
Sterne zu sehen und bedauern, sich im
Gewimmel nicht zurecht zu finden. Aber
deshalb einen aufgehellten Stadthimmel
zu zeigen, kann selbstverständlich nicht
das Ziel sein. Zur Hilfe bei der Orientierung
lassen sich sehr schöne Figuren der
wichtigsten Sternbilder projizieren, deren
Auftauchen häufig ein begeistertes
Raunen im Publikum erzeugen.
Planeten am rechten Ort
Die Planeten werden, anders als beim
Vorgänger, ohne Details gezeigt. Das
erschwert gelegentlich die richtige Zuordnung
bei Konstellationen, die in der
Vergangenheit oder Zukunft liegen. Herausragend
ist die Positionsgenauigkeit.
Jeder Himmelskörper steht dort, wo er
hingehört. Das erlaubt die genaue Darstellung
von besonderen Konstellationen
in der Vergangenheit oder Zukunft.
Innovation Spezial Planetarien 9, 2012 31

Darüber hinaus kann jeder Pla neten­
projektor auch ganz andere Aufgaben
übernehmen, z. B. als Komet. Mit Hilfe
eines Diawechslers projiziert er auch
einen solchen und positioniert ihn mit
seiner exakten Bahn, die in der Software
hinterlegt ist.
Softwarehelfer im Hintergrund
Die Software regelt Bewegungen und
Helligkeiten des ZKP 4. Bei der Bedienung
lässt sich erfreulicherweise
zweigleisig fahren. Zum einen steht ein
Bedienpanel zur Verfügung, welches
sich mit Drehreglern und Tasten an
frühere analoge Bedienungen anlehnt.
Alles erscheint sehr aufgeräumt und
erlaubt die vollständig manuelle Bedienung
des Projektors während eines
Live­Vortrages. Komplexere Abläufe
lassen sich auf einer Zeitleiste auch im
Vorfeld programmieren. Das entlastet
zum einen den Vortragenden, der sich
auf Inhalte konzentrieren kann, zum
anderen erlaubt es die Programmierung
von Planetariums shows, die automatisch
ablaufen können. Dabei kommuniziert
die Software mit Programmen, die z. B.
digitale Fulldome­Anlagen steuern, die
kuppelfüllend Bild­ und Videoinhalte
projizieren. Einfache Abläufe lassen sich
mit der Steuerung ganz leicht erlernen.
Das ist von großem Vorteil, wenn das
Gerät von einer Aushilfe bedient werden
soll. Geht man etwas tiefer, wird es
32 Innovation Spezial Planetarien 9, 2012
schnell anspruchsvoll. Das liegt vor allem
an den unzähligen Möglichkeiten, die
der Projektor bietet. So braucht es schon
einige Zeit der Einarbeitung, bis sich
Routine einstellt.
Ausstattung auf Wunsch
Der Radebeuler Projektor wurde mit
allen Optionen geliefert. So lassen
sich z. B. Himmelsäquator und Ekliptik
getrennt zeigen, ein enormer Vorteil
bei der Vermittlung astronomischer
Koordinatensysteme. Per Azimutbewegung
lässt sich das gesamte Gerät
drehen. So kann das Publikum gern an
der „falschen“ Stelle sitzen bleiben und
bekommt dennoch die wichtigen Dinge
gut zu sehen. Eine Anzeige infor miert
stets über die Zeit, das Datum und
andere Parameter des dargestellten Himmels.
Der Lift bringt das Gerät aus dem
Blickfeld bei reinen Videoprojektionen
oder erleichtert notwendige Wartungsarbeiten.
Für einzig verzichtbar halte ich
die Landkarte, die bei Polhöhenveränderungen
sichtbar wird. Sie sieht hübsch
aus, ist allerdings für zu vermittelnde
Inhalte kaum vonnöten.
Fazit
So präsentiert sich SKYMASTER ZKP 4 als
ein Instrument, welches kaum Wünsche
offen lässt und bei dem weitere Verbesserungen
technisch kaum machbar
erscheinen. Seine Einsatzgebiete reichen
dabei vom didaktisch aufbereiteten
naturwissenschaftlichen Sternvortrag
bis zur emotional berührenden Planetariumsshow.
Und er zeigt uns und
unseren Kindern einen Sternhimmel, der
heute fast nirgends mehr zu erleben ist,
der aus einer Zeit zu stammen scheint,
in der noch nicht ein Meer unzähliger
Lampen den Sternhimmel über unseren
Städten ertrinken ließ.
Die „Visitenkarte“
Fotos: Planetarium Radebeul.
Sternwarte und Planetarium
der Stadt Radebeul
Auf den Ebenbergen 10a
01445 Radebeul, Germany
www.sternwarte­radebeul.de
ZEISS SKYMASTER ZKP 4
Eröffnung: 1969 (ZKP 1)
Wiedereröffnung: 2011
Kuppeldurchmesser: 8 m
Plätze: 60